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„Noch haben wir nichts erreicht“

Interview mit Löwen-Torwart Niklas Landin Jacobsen nach der Sensation gegen Barcelona

Wenn es in den vergangenen Wochen trotz der unglaublichen Löwen-Mannschaftsleistungen einen „Helden von Mannheim“ gab, dann ist es Niklas Landin Jacobsen. Der 25-jährige dänische Nationaltorwart war in den entscheidenden Partien gegen Kielce (Champions-League-Achtelfinale), Kiel (Bundesliga) und Barcelona (Champions-League-Viertelfinale) ein unglaublicher Turm in der Schlacht, wehrte bis zu 22 Würfe pro Spiel ab. Landin Jacobsen glänzte nicht nur mit seinen Paraden, die der Mannschaft enorme Sicherheit gaben, sondern auch durch seine genialen Gegenstoß-Anspiele, die zum Beispiel Uwe Gensheimer oder Patrick Groetzki postwendend in Tore ummünzten.

Nach dem sensationellen 38:31-Erfolg gegen den großen Champions-League-Favoriten FC Barcelona äußerte sich Landin Jacobsen, der seit 2011 bei den Löwen spielt, zu seinem aktuellen Hoch und zu den Chancen, diese Saison zu einer historischen zu machen.

Haben Sie sich nicht selbst während der 60 Minuten gelegentlich zwicken müssen, um zu merken, dass die Partie gegen Barcelona Realität und kein Traum war?

Niklas Landin Jacobsen: Wie wir vor allem in der ersten Halbzeit aufgespielt haben, war schon unglaublich. Das habe ich, das haben wir, niemals so erwartet, dass die Partie so laufen würde. Es ist gigantisch, was uns alles gelungen ist. Gegen eine Mannschaft wie Barcelona in dne ersten 30 Minuten fast jeden Angriff mit einem Tor abzuschließen, ist sensationell.

War dieser Triumph schon das Ticket zum VELUX EHF FINAL4 in Köln?

Landin Jacobsen:  Auf gar keinen Fall! Im Endeffekt ist eine Halbzeit gespielt. Dass wir gewonnen haben, ist genial, aber erreicht haben wir noch gar nichts. Ich gehe nicht davon aus, dass Barcelona nochmals so wie in der ersten Hälfte in der Abwehr überlaufen werden kann. Sieben Tore sind grundsätzlich ein gutes Polster. Wenn mir das jemand vor dem Anpfiff angeboten hätte, hätte ich sofort eingeschlagen. Aber es hätten auch zehn Tore sein können, aber im Negativfall auch nur sechs.  Aber dass wir überhaupt sieben Tore Vorsprung mit ins Rückspiel nehmen, ist unglaublich und unfassbar.

Was erwartet die Löwen nun im berühmt-berüchtigten Palau Blaugrana am Samstag?

Landin Jacobsen:  Die Mannschaft und die Fans werden einen Riesendruck auf uns aufbauen. Und sieben Tore Vorsprung können ganz schnell weg sein, das hat Barcelona schon in der vergangenen Saison im Champions-League-Viertelfinale gegen Madrid bewiesen, als sie ganz schnell einen Sechs-Tore-Rückstand ausgeglichen hatten. Leisten wir uns einen schlechten Start, kann alles, was wir uns aufgebaut haben, schnell wieder weg sein. Deswegen gilt es gerade in der Anfangsphase, ganz ruhig zu bleiben, die tollen Momente aus dem Hinspiel mitzunehmen. Und auf keinen Fall dürfen wir auch nur eine Sekunde denken, dass wir schon in Köln sind.

Sie spielen derzeit in der Form Ihres Lebens. Wie viel Prozent des momentanen Löwen-Erfolgs trägt den Namen Landin?

Landin Jacobsen (lacht): Das weiß ich beim besten Willen nicht. Und da bin ich auch nicht der Richtige, um diese Frage zu beantworten. Das sollen andere beurteilen.

Aber Ihre Form ist doch sensationell?

Landin Jacobsen:  Ja, es läuft gerade riesig, bei mir und bei der ganzen Mannschaft. Gegen Kielce, Kiel und Barcelona waren es schon besondere Spiele, das kann man als Mannschaft eigentlich nicht toppen. Aber auch diese drei Spiele sind nur eine Momentaufnahme, davon können wir uns nichts kaufen, noch haben wir keinen Titel gewonnen.

In der Bundesliga sind die Löwen kurz vor Saisonschluss aber Tabellenführer…

Landin Jacobsen: Ganz oben zu stehen, ist ein tolles Gefühl. Die ganze Saison waren wir die Jäger, jetzt sind wir die Gejagten. Aber wie gesagt, gewonnen ist noch nichts, auch wenn die Rechnung ganz einfach scheint: Gewinnen wir noch fünf Spiele, sind wir Meister.

Was macht die Löwen derzeit so stark?

Landin Jacobsen:  Wir sind einfach auf einer Erfolgswelle. Wir haben ein enormes Selbstbewusstsein, viele Sachen liefen zum Beispiel gegen Barcelona scheinbar von ganz alleine. Unsere Abwehr steht riesig, und dann fahren wir unglaubliche Gegenstöße mit Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki, ich denke, das ist momentan unsere beste Waffe.

Und was macht Niklas Landin Jacobsen derzeit so stark?

Landin Jacobsen:  Ich denke, für mich gilt das gleiche wie für die Mannschaft: Ich habe Selbstbewusstsein getankt, das wird von Woche zu Woche größer und größer. Zudem läuft es im Training mit Tomas Svensson richtig gut. Nachdem ich zuvor einige Probleme mit dem Oberschenkel hatte, bin ich jetzt komplett schmerzfrei, das kommt mir im Training und im Spiel zugute.

Sie können am Samstag auch Ihr persönliches Waterloo in Barcelona vergessen machen. Dort haben Sie mit Dänemark im WM-Finale 2013 eine der schwärzesten Stunden Ihrer Karriere erlebt…

Landin Jacobsen:  Daran habe ich überhaupt nicht gedacht, aber danke für den Tipp. Dieses Spiel habe ich verdrängt und abgearbeitet, das ist jetzt Geschichte, ich schaue nur nach vorne.

Dann sagen Sie einmal voraus, wie viel Prozent die Chancen aufs VELUX EHF FINAL4 in Köln sind?

Landin Jacobsen: 50:50, mehr nicht.