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„Eine sehr emotionale Angelegenheit“

Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer im Interview

Die Rhein-Neckar Löwen treffen am Sonntag (15 Uhr) in der Mannheimer SAP Arena auf den starken Aufsteiger Bergischer HC. Die Halle öffnet um 14 Uhr, es gibt noch Tickets an der Tageskasse. Vor der Partie sprachen wir mit dem Kapitän der Löwen, Uwe Gensheimer.

Uwe, hinter dir liegt eine ereignisreiche Woche. Vor dem Spitzenspiel am Mittwoch in Kiel hast du beispielsweise bei deinem Comeback in der Nationalmannschaft gleich mitgeholfen, den Supercup zu gewinnen. Wie war es, nach fast einem Jahr Pause wieder das DHB-Trikot zu tragen?

Uwe Gensheimer: Na ja, ich bin ja dort kein Fremder, war schon bei dem vorangegangenen Lehrgang dabei und musste mir keine Sorgen um Eingewöhnungsschwierigkeiten machen. Deshalb war es halb so wild, wie es teilweise dargestellt wurde. Aber natürlich war es schön, wieder dabei zu sein und man hat mit dem neuen Präsidium und dem Zuschlag für die WM 2019 schon eine gewisse Aufbruchstimmung wahrgenommen – auch wenn die Weltmeisterschaft im eigenen Land natürlich noch weit weg ist.

Wie ordnest du den Erfolg beim Supercup sportlich ein?

Gensheimer: Nach der verpassten EM-Qualifikation waren die drei Siege natürlich sehr gut für unser Selbstbewusstsein. Es ist ja nach dem Misserfolg im Sommer auch einiges auf die Nationalmannschaft eingeprasselt. Aber man hat auch in den drei Spielen gesehen, dass noch nicht alles Gold ist, was glänzt. Uns fehlt einfach noch die Konstanz, was aber auch mit dem leidigen Thema zu tun hat, dass wir eben nur alle zwei Monate ein paar Tage haben, um uns einzuspielen. Das Potenzial ist sicher vorhanden. Aber es gibt auch noch einiges zu tun.

Man hatte den Eindruck, dass die Abwehr und die Torhüterleistung eine starke Basis ist, im Angriff dagegen noch größere Baustellen bestehen. Was muss noch besser werden, damit es für die Qualifikation für die WM 2015 reicht?

Gensheimer: Auch in der Abwehr lief noch nicht alles optimal, aber in der Offensive ist tatsächlich das Einspielen der Mannschaft ein Thema. Wie gegen Schweden haben wir beispielsweise oft gut den Ball laufen lassen und uns gute Möglichkeiten erarbeitet. Trotzdem kommt es im Handball vor allem auf die Automatismen an, das Verständnis in der Kleingruppe – auch in wechselnden Formationen. Aber das erreichen wir nur über mehr gute Übungseinheiten und Tests.

Wermutstropfen beim Supercup waren die vielen leeren Plätze. Der neue DHB-Präsident Bernhard Bauer meint, dass der Verband und die Nationalmannschaft in der Bringschuld seien. Siehst du das ähnlich?

Gensheimer: Natürlich spielen wir auch lieber vor vollen Hallen. Aber mit den Auftritten beim Supercup ist uns die Werbung in eigener Sache wohl ganz gut gelungen. Da müssen wir jetzt weitermachen, um die Fans wieder zurückzugewinnen.

DHB-Präsident Bauer und sein „Vize“ Bob Hanning gelten für viele als Hoffnungsträger. Wie hast du die bisherige Zusammenarbeit mit der neuen DHB-Spitze empfunden?

Gensheimer: Die beiden waren ja schon beim Lehrgang vor dem Supercup dabei und hatten uns da beispielsweise über die WM-Bewerbung informiert. Es wird Wert auf unsere Meinungen und Bedürfnisse gelegt, insgesamt ist das ein sehr offener Umgang, der die Arbeit natürlich erleichtert. Da ist schon ein deutlicher Fortschritt zu erkennen. So etwas erzeugt auch Zusammenhalt.

Die vergangene Heimpartie gegen Emsdetten entwickelte sich nach der Bekanntgabe deiner Vertragsverlängerung und mit deinem Geburtstag zu einem wahren Uwe-Gensheimer-Festspiel. Bist du froh, dass sich der Rummel um dich wieder etwas gelegt hat und die Partie gegen den Bergischen HC heute wieder ein ganz normales Bundesligaspiel ist?

Gensheimer: Das waren natürlich schon unglaubliche Momente für mich und eine sehr emotionale Angelegenheit. Aber Handball ist vor allem ein Mannschaftssport und ich bin schon ein bisschen froh, dass sich jetzt wieder alles auf das Team und den Sport fokussiert – auch wenn ich die Reaktionen der Fans natürlich absolut zu wertschätzen weiß.

Hatte die Aktion mit den „Uns Uwe“-Schildern beim Spiel gegen Lemgo eigentlich Einfluss auf deine Entscheidung, weitere zwei Jahre bei den Löwen zu bleiben?

Gensheimer: Da haben natürlich viele Faktoren eine Rolle gespielt, aber vielleicht war das so etwas wie das i-Tüpfelchen.

Es war immer wieder zu hören, dass deine Entscheidung schon deutlich vor der offiziellen Erklärung des Vereins gefallen war. Hättest du dir nicht einigen Druck nehmen können, wenn die Angelegenheit früher vom Tisch gewesen wäre. Es wird ja nicht leistungsfördernd gewesen sein, wenn alle zwei Tage jemand nach deiner Zukunft fragt?

Gensheimer (lacht): Wenn es nur alle zwei Tage gewesen wäre . . . Aber im Ernst. Auf dem Spielfeld hat mich das nicht abgelenkt, da ging nichts an Konzentration verloren. Aber sonst hat mich das Thema natürlich schon beschäftigt. Wenn ein eventueller Wechsel des Arbeitsplatzes mit weiteren Veränderungen wie einem Umzug verbunden sein könnte, lässt das ja niemanden kalt. Das ist doch menschlich. Letztlich galt es, viele Faktoren zu berücksichtigen, dann ging es darum, ganz technisch Vertragsinhalte zu formulieren und auch die Entscheidungswege innerhalb des Vereins und seiner Gremien zu berücksichtigen. Das geht alles nicht von heute auf morgen, selbst wenn man sich grundsätzlich einig ist. Und der Zeitpunkt, das Ganze offiziell zu machen, war so schlecht nicht gewählt.

Heute kommt der Bergische HC in die SAP Arena. Sicher kein Aufsteiger wie jeder andere oder wie schätzt du das Team aus dem Westen ein?

Gensheimer: Der Bergische HC ist alles andere als ein typischer Aufsteiger, sondern hat Spieler in seinen Reihen, die Erfahrung aus der ersten Liga sowie zum Teil internationales Format mitbringen. Und was der BHC zu leisten vermag, machen die bisherigen Ergebnisse deutlich.

Was zeichnet den Bergischen HC besonders aus?

Gensheimer: Der BHC hat nach dem Abstieg die Qualität des Kaders keinesfalls reduziert, sondern nutzte das Jahr in der Zweitklassigkeit, um sich einzuspielen. Das Thema hatte ich ja bereits mit Blick auf die Nationalmannschaft angesprochen. Das ist ein unschätzbarer Vorteil, den nun schon einige Teams zur Kenntnis nehmen mussten.

Dennoch dürfte eure Zielsetzung in einem Heimspiel klar sein . . .

Gensheimer: Da gibt es nicht viel zu sagen. Vor eigenem Publikum kann unser Anspruch natürlich nur ein Sieg sein.