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„Wir können nur gewinnen“

Nikolaj Jacobsen im Interview

Es ist soweit. Am kommenden Sonntag stehen sich mit dem THW Kiel und den Rhein-Neckar Löwen die zwei besten Teams der letzten Jahre gegenüber. Im Interview spricht Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen über das Duell mit dem Rekordmeister, sagt warum der THW für ihn der Favorit ist, warum eine Vorentscheidung um die Meisterschaft nur bei einem THW-Sieg fällt und warum die kommende Begegnung neben ihm auch für Niklas Landin und Uwe Gensheimer ein besonderes Spiel sein wird.

Nikolaj Jacobsen, der THW Kiel hat in der laufenden Saison seine bisherigen 13 Heimspiele alle gewonnen. Ändert sich das am kommenden Sonntag?

Damit sollte zunächst einmal klar sein, wer der Favorit am Sonntag ist. Einmal ist allerdings immer das erste Mal, und es wäre natürlich sehr schön, wenn es uns gelingen würde, die Siegesserie des THW zu beenden.

Wie gut stehen denn die Chancen auf einen Auswärtssieg der Löwen?

Da muss wirklich alles passen. Kiel ist zu Hause eine Macht, deshalb können wir sagen: Wir können nur gewinnen. Und wir wollen auch gewinnen.

Wie groß ist die Anspannung vor dem Duell?

Die Anspannung ist natürlich da, aber auch die Vorfreude auf ein Spiel, auf das alle warten. Wir merken es ja bereits am Medieninteresse, die Handballwelt schaut am Ostersonntag nach Kiel, und ich bin sicher, dass uns viele Leute die Daumen drücken werden.

Viele Experten erwarten eine Vorentscheidung im Kampf um die Meisterschaft.

Wenn der THW gewinnt, kann man sicher von einer Vorentscheidung sprechen. Sie haben dann nicht nur zwei Punkte Vorsprung, sondern auch das deutlich bessere Torverhältnis.

Im letzten Jahr wurde die Meisterschaft nur durch das Torverhältnis entschieden, droht bei einem Unentschieden ein ähnliches Szenario?

Ich glaube nicht, wenn wir eine Chance auf den Titel haben wollen, müssen wir in Kiel gewinnen. Im Torverhältnis liegt der THW klar vorne, da kommen wir nicht mehr ran.

Rächt es sich dann vielleicht, dass die Löwen in der Vergangenheit bei einigen Siegen zu schlampig mit ihrem Vorsprung umgegangen sind.

Das mag man so sehen, aber ich sehe das anders. Wir haben nicht den breiten Kader wie der THW Kiel, ich muss die Belastung für meine Spieler richtig dosieren und für Erholungspausen sorgen. Deshalb ist es für uns gar nicht möglich, für das Torverhältnis zu spielen.

Hättest du vor der Saison überhaupt damit gerechnet, dass die Rhein-Neckar Löwen erneut der größte Konkurrent des THW Kiel um die Meisterschaft sind?

Eigentlich ist es unglaublich, dass die Rhein-Neckar Löwen nach der vergangenen Saison auch diese Saison mit dem THW auf Augenhöhe sind, denn die Voraussetzungen sind bei uns ja schon andere. Dass es dieses Jahr wieder so gut bei uns läuft, das konnte man vielleicht hoffen, aber sicher nicht erwarten.

Was macht den Unterschied aus?

Der Kieler Rückraum ist für mich der beste der Welt.

Traust du dem THW noch einen Punktverlust bis Saisonende zu?

Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, wo der THW noch Punkte abgeben soll. Sie gewinnen ja nicht nur ihre Spiele, sie dominieren sie. Es ist wirklich beeindruckend, wie der THW nach der Weltmeisterschaft in Katar auftritt. Das muss man neidlos anerkennen.

Für dich ist die Partie ein besonderes Spiel, erstmals kommst du als Gästetrainer nach Kiel.

Ich war ja auch schon mit meinen dänischen Mannschaften vorher in Kiel. Die Stimmung war immer gut, es waren aber meistens Freundschaftsspiele. Ich glaube, dieses Mal wird der Empfang in der Ostseehalle nicht so herzlich für uns.

Freust du dich trotzdem auf die Rückkehr?

Auf jeden Fall, Kiel war die beste Zeit in meiner Karriere. Ich habe drei Meisterschaften und jeweils zweimal den DHB-Pokal und den EHF-Cup gewonnen, stand im Finale der Champions League. Zudem sind zwei meiner Kinder in Kiel geboren. Ich habe wirklich nur gute Erinnerungen an meine Zeit in Kiel.

Ein besonderes Spiel wird es auch für Niklas Landin, der nach der Saison von den Löwen zum THW Kiel wechselt. Kommt er mit dem Druck klar?

Das hoffe ich. Natürlich ist es ein besonderes Spiel, wenn man gegen seinen neuen Verein spielt. Wenn es dann auch noch um etwas geht, steigt der Druck. Aber Niklas ist trotz seines jungen Alters schon sehr erfahren, stand schon in Finale einer Weltmeisterschaft und einer Europameisterschaft. Er weiß, um was es geht. Ich bin sicher, sobald das Spiel läuft, denkt er nur daran diese Partie zu gewinnen, da mache ich mir keine Sorgen.

Mit was für einem Empfang muss Uwe Gensheimer am Sonntag rechnen?

Der wird bestimmt nicht so freundlich für ihn, das weiß er aber auch. Allerdings kann es auch unheimlich motivieren, wenn eine ganze Halle gegen dich ist. Uwe weiß, dass er im Pokalspiel mit der Aktion gegen René Toft Hansen einen Fehler gemacht hat. Er hat sich dafür entschuldig, und sein Gegenspieler hat diese Entschuldigung auch angenommen. Ich denke, so muss das sein. Man muss sich unter Handballern immer nach dem Spiel die Hand geben können. Was danach aus Kiel kam, fand ich persönlich nicht in Ordnung.  Es wurde gezielt Stimmung gegen Uwe gemacht, über die Niederlage des THW im Pokalspiel hat plötzlich niemand mehr gesprochen. Aber das Thema ist nun wirklich vorbei.

Das Hinspiel in der Bundesliga haben die Löwen verloren, das Spiel im Pokal gewonnen. Welche Erkenntnisse hast du aus den beiden Duellen gezogen?

Beide Spiele waren unheimlich eng, es entscheiden Kleinigkeiten. Tagesform, Leistung der Torhüter, landet ein Wurf beim angezeigten Zeitspiel im Tor oder am Pfosten. Ich denke, so wird es auch am Sonntag sein.

Welche Rolle spielen die Zuschauer?

Die sind natürlich ganz wichtig und am Sonntag ein großer Vorteil für den THW. Ich erwarte eine richtig hitzige Stimmung in der Ostseehalle, so etwas gab es zu meiner Zeit eigentlich nur in den Derbys gegen Flensburg.

Beim THW Kiel fehlt Dominik Klein aufgrund seines Kreuzbandrisses.

Dominik Klein ist beim THW eigentlich nicht mehr wegzudenken. Er hat eine sehr starke Saison gespielt, war auch in der Abwehr richtig gut. Zudem hat er seine Mitspieler immer gepusht, keine Frage, er wird dem THW fehlen. An dieser Stelle auch noch einmal gute Besserung an ihn.

Wie sieht die personelle Situation bei den Löwen aus?

Mads Mensah, Alexander Petersson und Bjarte Myrhol sind angeschlagen. Das sind natürlich Spieler, die wir bei einem Ausfall überhaupt nicht ersetzen können. Sie werden die ganze Woche eigentlich nicht trainieren, sondern nur von unserer medizinischen Abteilung behandelt. Nach Kiel werden sie aber mitfahren, und dann hoffen wir, dass es für einen Einsatz reicht. Gegen den THW will natürlich jeder Spieler dabei sein, und ich bin optimistisch, dass es klappt.