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Deutscher Meister 2017!

Löwen verteidigen mit Galavorstellung gegen den THW Kiel den Meistertitel

Die Rhein-Neckar Löwen sind erneut Deutscher Handball-Meister! Die Badener nutzen am gestrigen Mittwochabend vor 13.200 euphorisierten Zuschauer gleich ihren ersten Matchball und überranten den THW Kiel mit 28:19 (11:10). Die vorzeitige Meisterschaft war möglich geworden, weil die SG Flensburg-Handewitt zuvor bei Frisch Auf Göppingen mit 27:31 verloren hatte. Damit haben die Löwen zwei Spieltage vor dem Ende fünf Punkte Vorsprung vor den Flensburgern und können nicht mehr von der Tabellenspitze abgefangen werden.

Die Schlusssirene ging im Jubel unter. Im Jubel auf dem Feld, wo die Spieler schon zehn Sekunden vor dem Ende der Partie den Ball weggeworfen und zu Feiern angefangen hatten. Und auf dem Rängen, wo die Fans in grenzenlosen Jubel ausbrachen. Bevor dann Mannschaft und Anhänger zusammen feierten. Es war eine sehr spontane Feier, denn wer hatte im Vorfeld schon damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde, den Titel zu sichern. Aber es war trotzdem eine Sause, an die sich viele erinnern werden. Ein Leben lang. „Das wird eine sehr lange Nacht“, prophezeite Marius Steinhauser.

Diese lange Nacht begann in der Halle, wo ein Podium aufgebaut wurde. Auf dem feierten die Spieler, davor die Fans. Es gab natürlich die obligatorischen Sekt- und Bierduschen. Alle waren happy. „Vor der Saison hatte uns niemand auf dem Zettel. Nicht mal wir selbst“, sagte Geschäftsführerin Jennifer Kettemann: „Es ist toll, den Titel zu verteidigen. Ich bin sprachlos.“ Andy Schmid sprach vom „Wahnsinn“, Gedeon Guardiola fand es toll, „den Titel in einer Partie gegen solch einen großen Gegner zu sichern“ und Kim Ekdahl du Rietz war begeistert, „den Titel vor solch einer Kulisse feiern zu dürfen“. Trainer Nikolaj Jacobsen schwelgte in Lobeshymne auf sein Team. „Der Zusammenhalt ist einfach unglaublich. Der Wille auch. Andere Teams wurden höher gehandelt. Aber wir haben den Titel. Für solche Momente quält man sich die ganze Saison.“

Es war – wie meistens gegen den THW Kiel – ein sehr intensives Spiel. Kein Spiel für Freunde einer torreichen Partie. Sondern ein Spiel, bei dem vor allem die Abwehrreihen dominierten. Und die beiden Torhüter einen Sahnetag erwischten. Vier Paraden waren für Mikael Appelgren nach sieben Minuten notiert, drei für seinen Gegenüber, den Ex-Löwen Niklas Landin. Und nach 30 Minuten hatte Appelgren elf Paraden geschafft (hinzu kam eine von Andreas Palicka beim Siebenmeter), Landin kam auf acht gehaltene Bälle. „Wir hatten eine Weltklasseabwehr und einen Weltklassetorhüter“, lobte Jacobsen.

Die Löwen taten sich über weite Strecken der ersten Hälfte schwer aus dem Positionsangriff heraus, auch weil die Gäste sehr intensiv verteidigten. Trotzdem gelang es den Badenern, sich nach ausgeglichenen ersten zehn Minuten (2:2) abzusetzen. Die Kieler kamen zwar noch einmal heran (5:5/15.). Danach aber zogen die Löwen mit einem Zwischenspurt auf 10:6 davon (23.). Die Fans frohlockten, es sah zu diesem Zeitpunkt ziemlich gut aus für die Löwen, die erstmals in ihrem neuen Trikot von Ausrüster Erima aufliefen. Doch in der Schlussphase des ersten Durchgangs taten sich die Löwen im Angriff dann wieder deutlich schwerer, kamen nur noch zu einem Treffer in sieben Spielminuten, ließen unter anderem einen Siebenmeter aus – Sigurdsson scheiterte an Landin. So konnten die Kieler wieder näher herankommen – 11:10 stand es zur Pause für die Gastgeber. „Wir wollten zu schnell zu viel“, meinte Jacobsen mit dem Blick auf den möglichen Titel.

In der zweiten Halbzeit zeigten die Löwen in der Abwehr eine unglaublich starke Leistung. Sie versuchten jede Lücke zu schließen, jeden Ball zu bekommen – angetrieben von einem famos lauten Publikum auf den Rängen. Der THW hatte es unglaublich schwer, überhaupt zum Abschluss zu kommen. Und im Tor war dann ja auch noch ein extrem stark haltender Appelgren.

Im Angriff folgte zu Beginn des zweiten Durchgangs der große Auftritt von Andy Schmid. Der Schweizer traf in den ersten acht Minuten nach der Pause vier Mal – bei vier Versuchen. Es zahlte sich nun aus, dass Schmid auch in der Abwehr spielte. Der Spielmacher konnte so den Ball nach Ballgewinnen schnell nach vorne bringen, die Löwen kamen zum Abschluss, bevor die Kieler Deckung überhaupt formiert war. Die Badener setzten sich so Treffer um Treffer ab, führten nach 39 Spielminuten 17:12, kurz darauf 19:13 (41.). „Wir haben Ruhe reingebracht. Die Tore aus der zweiten Welle waren wichtig. Andy Schmid hat das super gemacht“, lobte Jacobsen. Die Fans in der Halle waren begeistert, der Lärm ohrenbetäubend. Schon nach knapp 40 Spielminuten standen zum ersten Mal alle Zuschauer in der Halle. Die Fans hatten auch allen Grund, euphorisch zu sein. Die erste Hälfte des zweiten Durchgangs hatten die Löwen mit sage und schreibe 10:3 für sich entschieden. Es ging ja immerhin gegen den THW Kiel, doch der Rekordmeister war am heutigen Tag chancenlos gegen den Angriffswirbel des alten und neuen Deutschen Meister.

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Die Löwen spielten nun phasenweise wie im Rausch, beflügelt vom Wissen, mit einem Sieg wieder Deutscher Meister zu sein. Im Gegensatz zum ersten Durchgang funktionierte nun auch das Angriffsspiel nahezu perfekt. Zehn Minuten vor dem Ende führten die Löwen sogar mit zehn Treffern Differenz (24:14). Und die Fans sangen: „Oh wie ist das schön.“ Bis zum Schlusspfiff und darüber hinaus. Schon vor dem Spiel war die Stimmung so gut wie noch nie vor einem Heimspiel gewesen. Denn natürlich war im Internetzeitalter bei den Fans durchgesickert, dass die SG Flensburg-Handewitt, der letzte verbliebene Konkurrent im Rennen um die Deutsche Meisterschaft, in Göppingen zurücklag, streckenweise mit fünf Treffern. Großen Jubel löste dann die Ansage von Hallensprecher Kevin Gerwin aus, dass die letzten zwei Spielminuten aus Göppingen auf dem Videowürfel übertragen wurden. Und es war wohl das erste Mal in Geschichte der Löwen, dass Aktionen des baden-württembergischen Konkurrenten Frisch Auf Göppingen lautstark bejubelt wurden. Denn der 31:27-Erfolg der Göppinger rollte den Löwen den roten Teppich zur Meisterschaft aus. Und die Löwen schritten drüber.

Rhein-Neckar Löwen – THW Kiel 29:19 (11:10)

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren, Palicka (für zwei Siebenmeter und ab 53.) –  Schmid (6), Sigurdsson (5), Banea Gonzalez (1), Steinhauser, Larsen, Reinkind (1), Gedeon Guardiola, Groetzki (3), Ekdahl du Rietz (5), Pekeler (5), Petersson (2), Taleski (n.e.), Manaskov (n.e.)

THW Kiel: Landin, Wolff (ab 45.) – Lackovic, Weinhold (1), Dissinger (1), Wiencek (3), Ekberg (1), Zeitz (5), Dahmke, Brozovic (1), Vujin (3), Bilyk (3/1), Nilsson (1), Firnhaber, Sprenger

Trainer: Nikolaj Jacobsen – Alfred Gislason

Schiedsrichter: Robert Schulze/Tobias Tönnes

Zuschauer: 13.200 (ausverkauft)

Strafminuten: 2/4

Siebenmeter: 1/0 – 4/1

Bilyk scheitert an Palicka

Sigurdsson scheitert an Landin

Ekberg wirft neben das Tor

Bilyk wirft neben das Tor

Zeitstrafen:  Pekeler (2) –  Wiencek (2), Brozovic (2), Zeitz (2) 

Rote Karte: –

Spielfilm: 1:1 (5.), 2:2 (9.), 4:2 (12.), 5:5 (15.), 10:6 (23.), 11:10 (Hz.), 17:12 (39.), 21:13 (45.), 24:14 (51.), 26:16 (57.), 28:19 (Ende)

Beste Spieler: Appelgren, Pekeler, Guardiola, Schmid, Ekdahl du Rietz – Vujin.