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Krimi mit Überlänge – und Happy End

Löwen nach 34:33 gegen Magdeburg im DHB-Pokal-Viertelfinale

Die Rhein-Neckar Löwen stehen im Viertelfinale um den DHB-Pokal. Die Badener setzten sich am Mittwochabend gegen den Ligakonkurrenten SC Magdeburg mit 34:33 (33:30/27:27/14:15) nach Verlängerung durch. Vor 1960 Zuschauern in der Mannheimer SAP Arena avancierte Patrick Groetzki mit sieben Treffern zum erfolgreichsten Werfer der Partie. Spieltermin für die Runde der letzten Acht ist der 6. Februar 2013. Ausgelost werden diese vier Partien am Dienstag (18. Dezember) vor der Bundesliga-Begegnung zwischen dem TuS N-Lübbecke und der SG Flensburg-Handewitt.

Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson bilanzierte nach der Partie im DHB-Pokal-Achtelfinale: „Mit der Leistung in den ersten 40 Minuten war ich nicht zufrieden, da haben wir nicht gut gespielt. Wir standen nicht kompakt in der Abwehr und es lief auch nicht im Angriff. Aber dann haben wir das Spiel gedreht.“ Manager Thorsten Storm meinte: „Es sah lange nicht gut aus. Aber in den entscheidenden Momenten waren wir da. Niklas Landin hat überragend gehalten, Stefan Rafn Sigurmannsson machte bei seinem ersten Auftritt ganz wichtige Bälle rein und dann gab’s da noch den Petersson-Faktor. Alex hätte mit dieser Verletzung eigentlich gar nicht spielen dürfen, aber er hat sich in den Dienst der Mannschaft gestellt.“

Das Ligaspiel Ende Oktober hatten die Löwen nach einer sehr guten ersten Halbzeit (17:9) mit 30:22 für sich entschieden. „Wir leben nicht in der Vergangenheit“, hatte Coach Gudmundsson vor dem Gegner gewarnt und lehnte es rundum ab, irgendwelche Schlüsse aus diesem zurückliegenden Vergleich zu ziehen. „Das ist ein K.o.-Duell gegen eine Top-Mannschaft“, unterstrich der Isländer, verhehlte aber nicht: „Keine Frage, wir wollen den nächsten Schritt Richtung Hamburg machen.“ Das hatte sich der SCM auch zum Ziel gesetzt, zum zweiten Ziel. Das erste war: „Gegenüber dem Ligaspiel wollten wir unsere Hausaufgaben machen und das haben wir auch geschafft“, erklärte SCM-Coach Frank Carstens und fügte an: „Wir wollten natürlich auch ins Viertelfinale und hatten uns beim 16:22 auch eine gute Ausgangsposition erarbeitet, dann aber haben wir ein paar Fehler zu viel gemacht und sind auch immer wieder an Torhüter Niklas Landin gescheitert.“

Die Partie – ein reines Unterrangspiel in der SAP Arena – begann wie das Auswärtsduell zuletzt in Essen: mit einem Treffer vom Linksaußen Zarko Sesum. Der Allrounder aus Serbien hatte erneut diese Position eingenommen. 1:0. Das aber keineswegs zu Ruhe im Angriffspiel der Löwen führte. Fehlpässe und technische Fehler ermöglichten der Truppe aus Sachsen-Anhalt leichte Gegenstoß-Tore. So hieß es nach acht Minuten  2:4 aus Sicht der unkonzentrierten Badener. Grund genug für Coach Gudmundsson die Begegnung zu unterbrechen. Auszeit. Aber die Fehlerquote in der Offensive änderte sich nicht. So liefen die Löwen weiter einem Rückstand hinterher. Sesum aus dem Rückraum – 5:6. Der Serbe hatte die Position gewechselt, tauchte mal in der Mitte, mal auf der rechten Seite auf.  Nach 13 Minuten war der neue Mann für die linke Außenbahn gekommen: Stefan Rafn Sigurmannsson, der zunächst vom Kreis erfolgreich war – 8:8 (19.). Trotzdem knirschte ordentlich Sand im Angriffsspiel der Badener. Die Löwen fanden einfach nicht ihre Linie, gerieten erneut in Rückstand. Obwohl Niklas Landin-Jacobsen mit tollen Reflexen zu glänzen wusste und es auf neun Paraden im ersten Abschnitt brachte. Der Däne hielt die Löwen im Spiel. Moral, Charakter und Kampfgeist waren dann die Attribute, als sie kurz vor der Pause mit drei Toren hinten lagen – 11:14 (28.).  Isaias Guardiola und Patrick Groetzki per Gegenstoß brachten ihre Farben wieder heran, Gedeon Guardiola wühlte sich zum 14:15-Halbzeitstand durch die SCM-Abwehr.

Nach dem Wechsel stand dann Goran Stojanovic zwischen den Pfosten. Aber die technischen Fehler blieben. Der SCM legte einen 3:0-Lauf hin – 14:18.  Und beim 16:21 – Stojanovic hatte noch keine Hand am Ball, wechselten die Löwen den Keeper zurück. Und Landin hielt prompt seinen zehnten Wurf. Aber die Durchschlagskraft aus dem Rückraum ließ weiter zu wünschen übrig. Überhastete, ungenaue Abschlüsse brachten die Magdeburger immer wieder den Vorteil. 16:22 (38.). Gudmundsson nahm seine zweite Auszeit. Aber die Chancenverwertung blieb die Schwäche im Löwenspiel. Bis die letzten 20 Minuten anbrachen. Dann ging ein Ruck durch die Hausherren. Petersson blieb nun auch im Angriff auf dem Parkett. „Wenn ich helfen kann, tue ich das“, gab sich der Halbrechte bescheiden. Der angeschlagene Linkshänder kam von der Bank und brachte Zug und Bewegung ins Spiel seiner Truppe. Das hatte Signalwirkung. Ein 4:0-Lauf ließ die Fans hoffen. 20:22 (44.). Die Defensive packte nun konsequenter zu. Und Landin hielt. Schmid holte sich Selbstvertrauen über die Siebenmeter. Und die Badener verkürzten weiter. Beim 25:25 (54.) war der Ausgleich hergestellt. Und der Krimi ging erst richtig los. Tönnesen scheitert per Siebenmeter an Landin, aber der nächste Wurf sitzt. Dann gelingt Schmid mit dem 27:26 (57.) die erste Führung für die Gelbhemden seit dem 2:1 (5.), aber Wiegert hat die passende Antwort. 27:27. Noch 32 Sekunden. Auszeit Löwen. Noch sieben Sekunden. Auszeit Magdeburg. Groetzki wirft sich in den Wurf des mit dem Leibchen des siebten Feldspielers heranstürmenden Natek. Verlängerung. Zwei Mal fünf Minuten pure Nervensache. Und Landin setzt noch was drauf. Sensationell die Doppelparade gegen Rojewski und Jurecki. Es waren die Bälle 23 und 24 für den dänischen Zwei-Meter-Mann im Kasten. Das war überragend, das war absolute Weltklasse.

Der Krimi mit Überlänge nahm Fahrt auf. „Wir waren in der Verlängerung die bessere Mannschaft und am Ende die glücklichere, weil wir in die nächste Runde eingezogen sind. Ein Sonderlob möchte ich unserem neuen Mann Stefan Rafn Sigurmannsson geben, der seine Sache wirklich sehr gut gemacht hat“, konstatierte Gudmundsson. Tatsächlich. Groetzkis 30:28 (62.) nach Steal Petersson – die erste Zwei-Tore-Führung. Sigurmannsson und Gedeon Guardiola legten nach. Die Badener wechselten mit Vorteil die Seiten. Aber der SCM gab nicht auf. Jurecki und Weber – 33:32, Magdeburg war wieder dran. Aber der Isländer auf Linksaußen ganz cool – 62 Sekunden vor dem Ende schraubte Sigurmannsson die Kugel zum 34:32 lang hoch in die Ecke. Grafenhorst verkürzte. Noch 37 Sekunden, aber erneut Ballverlust der Löwen. Noch zehn, der Ball geht ins Aus. Direkt vor der Löwenbank gibt’s noch einmal Freiwurf. Van Olphen donnert die Kugel in den Block. Der Rest war Jubel der Badener – nach einer grandiosen Aufholjagd. Zufrieden war Spielmacher Andy Schmid am Ende natürlich mit dem Ergebnis. Mit dem Verlauf weniger. „Wir waren zwar physisch auf der Platte, aber in den ersten 40 Minuten schien es, als hätte jeder zehn Prozent von seiner Leistung weggenommen. Da meine ich vor allem auch mich. Was wir im ersten Abschnitt gespielt haben, das war grottenschlecht. Trotzdem  lagen wir zur Halbzeit nur mit einem Treffer zurück und wurden dann am Ende für unseren Kampfgeist, die Moral und unsere Aufholjagd belohnt.“ 

Rhein-Neckar Löwen: Landin-Jacobsen, Stojanovic (31.-37.); Schmid (5 /2), Roggisch, Sesum (6/1), I. Guardiola (3), Sigurmannsson (4),Myrhol, Steinhauser (n.e.), Groetzki (7), G. Guardiola (6), Petersson, Bitz (n.e.), Ekdahl du Rietz (3);

SC Magdeburg: Gustavsson ( 43. – 54.), Eijlers; Wiegert (3), Rojewski(3), Landsberg(n.e.), Pajovic, van Olphen (4), Hornke, Natek (4), Grafenhorst (6), Tönnesen (4/3),  R.Weber (3), P. Weber, Jurecki (6)

Trainer: Gudmundur Gudmundsson – Frank Carstens

Strafminuten:  – / van Olphen (2), Wiegert (2), Natek (2), Rojewski (2)

Zuschauer:  1960

Zeitstrafen: – / 4

Spielfilm: 2:1 (5.), 3:5 (10.), 5:7 (15.),8:10 (20.), 10:10 (22.), 10:13 (26.) 14:15 (HZ), 14:18 (33.) 16:21 (37.), 20:22 (44.),22:23 (50.), 25:25 (54.), 27:26 (57.), 27:27 (60.) 30:28 (63.) 33:30 (65.), 34:33 (EN.)

Siebenmeter:  4/3  – 3/2  ( Sesum scheitert an Gustavsson – Tönnesen scheitert an Landin)

Schiedsrichter:  Holger Fleisch / Jürgen Rieber  (Nürtingen/ Nellingen)

Beste Spieler:  Landin, Groetzki, Sesum – Eijlers, Grafenhorst, Jurecki