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„Möchte zeigen, dass ich ein guter Spieler bin“

Rechtsaußen Thomas Bruhn im Interview

Manchmal geht es im Leben sehr schnell. Wie auf einer Achterbahn. Thomas Bruhn ist erfahren in Sachen „Achterbahn des Lebens“. Ehe er zu den Rhein-Neckar Löwen wechselte, spielte der Rechtsaußen beim dänischen Zweitligisten und Löwen-Kooperationspartner AG Håndbold. Jetzt steht er bei einem Topverein aus der Bundesliga unter Vertrag. Manchmal muss sich der 28-Jährige kneifen, um zu begreifen, wie schnell der persönliche Aufstieg ging und das es kein Traum ist. Doch andererseits ist es Bruhn gewöhnt, Höhen und Tiefen zu erleben, wie er im Interview berichtet. Außerdem erklärt er, warum der Wechsel zu den Löwen für ihn die richtige Entscheidung war und was er sich dadurch erhofft.

Herr Bruhn, seit knapp drei Wochen sind Sie jetzt bei den Rhein-Neckar Löwen. Wie fällt Ihr Zwischenfazit beim neuen Klub aus?

Wenn Dich ein internationales Topteam wie die Rhein-Neckar Löwen holen will, dann sagst Du nicht nein. Ich habe immer davon geträumt, bei einem guten Klub in der Bundesliga spielen zu können und bin sehr glücklich, dass ich hier die Chance bekommen habe. Von der Mannschaft bin ich sehr gut aufgenommen worden, das sind sehr nette Jungs. Mir macht es viel Spaß und ich hoffe, dass ich bald auch auf dem Feld meine Leistung zeigen kann.

Der Wechsel kam für die Öffentlichkeit überraschend. Wie ist der Transfer rückblickend aus Ihrer Sicht abgelaufen?

Wir hatten mit meinem alten Klub AG Håndbold gerade ein Pokalspiel gegen den FC Kopenhagen unglücklich verloren, als Jesper Nielsen zu mir kam und mich fragte, ob ich mir einen Wechsel zu den Löwen vorstellen könnte. Ich war sehr überrascht und Jesper sagte mir, ich solle mir das in Ruhe überlegen. Das war am Donnerstag und für mich stand schnell fest, dass ich diese Chance nutzen möchte. Als ich dann mit meiner Freundin Mette gesprochen hatte und mich Jesper am nächsten Tag noch einmal fragte, sagte ich zu. Und drei Tage später war ich schon in Deutschland.

Bisher standen Sie noch nicht auf dem Platz. Wie enttäuscht sind Sie darüber?

Wir haben 16 Spieler im Kader und da ist klar, dass zwei Jungs draußen sitzen müssen. Es ist eben schwer, bei einem Klub wie den Löwen zum Einsatz zu kommen. Außerdem bin ich erst kurzfristig gekommen und muss mich hier zurechtfinden. Und ich kenne meine Rolle und weiß, dass ich als Back-up zu Patrick Groetzki geholt worden bin. Trotzdem möchte ich die Chance nutzen, wenn ich zum Einsatz komme. Ich möchte den Leuten hier und in Dänemark zeigen, dass ich ein guter Spieler bin.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Patrick Groetzki?

Wir sind keine Gegner, sondern Kollegen. Und Patrick ist ohne Zweifel ein guter Spieler. Dennoch hoffe ich, dass wir auf unserer Position ein Tandem bilden können wie Uwe Gensheimer und Guðjón Valur Sigurðsson auf Linksaußen. Da klappt das auch sehr gut.

Heute treten die Löwen gegen die SG Flensburg-Handewitt an. Was erwarten Sie sich von der Begegnung?

Flensburg gehört auch zu den Topteams in der Bundesliga, aber wir wollen natürlich gewinnen, um selbst oben dran bleiben zu können. Für mich ist es auch eine schöne Partie, weil bei Flensburg viele Dänen im Kader stehen. Aber für uns zählt zuerst der Erfolg der Mannschaft. Und in unserer Halle wollen wir die Punkte behalten.

Wie sind Sie zum Handball gekommen?

Ich habe schon sehr früh angefangen, Handball zu spielen. Allerdings habe ich als Kind auch viele andere Dinge ausprobiert. Ich bin viel Skateboard gefahren, außerdem war ich im Winter Ski fahren, auch als Sportschütze habe ich mich probiert, weil mein Vater im Schützenverein war. Lange Zeit habe ich Fußball und Handball parallel gespielt, bis mich die Trainer irgendwann vor die Wahl gestellt haben, weil beides vom Zeitaufwand nicht mehr unter einen Hut zu bekommen war.

Warum fiel die Entscheidung, Handball weiter zu spielen?

Mir hat Handball einfach etwas mehr Spaß gemacht. Ich hatte auch Talent für Fußball, aber beim Handball gibt es einen größeren Teamgedanken auf dem Platz, das hat mir gefallen. Und ich habe es auch nicht bereut, mich für Handball entschieden zu haben.

Sie galten früh als großes Talent, haben es aber nie in die Junioren-Nationalmannschaft in Dänemark geschafft. Woran lag das?

Ich habe bei meinem Heimatverein in Thisted gespielt und schnell auch in der Verbandsauswahl Einsätze gehabt. Von dort aus stand ich auf dem Sprung in die Junioren-Nationalmannschaft, als ich das Angebot bekam, mit einem Austauschprogramm für drei Monate nach Nordamerika zu gehen. In dieser Phase hätte ich einen Lehrgang der Verbandsauswahl verpasst, aber als ich dem Verbandstrainer von dem Austausch erzählt habe, hat er nur gesagt, dass mir Handball wohl nicht wichtig genug sei. Anschließend habe ich keine Einladung mehr erhalten. Man muss sich das mal vorstellen, es ging um ein Verbandstraining.

Haben Sie den Entschluss bereut, nach Nordamerika zu gehen?

Nein, auf keinen Fall. Ich habe mich dort als Mensch unheimlich weiterentwickelt und vieles gelernt. Das war bisher die schönste Zeit in meinem Leben. Zunächst war ich in New York, anschließend ging es weiter nach Kanada, in die Nähe des Ontario-Sees. Ich würde das heute wieder genauso machen, so eine Chance bekommt man ja nicht so schnell wieder.

Nach Ihrer Rückkehr aus Nordamerika hat der Handball aber weiter einen hohen Stellenwert für Sie gehabt?

Natürlich, ich habe weiterhin Handball gespielt und bin dann im Jahr 2000 zu Bjerringbro SV in die erste Liga gewechselt. Dort war ich vier Jahre lang, aber am Ende nicht mehr glücklich, weil ich nur wenige Einsätze bekam. Der Trainer hat zwar immer gesagt, meine Zeit würde kommen, aber er hat mir nie eine Chance gegeben. Deshalb bin ich im Anschluss zu Ajax Kopenhagen, wo ich viel Spaß und eine schöne Zeit hatte.

Im Herbst 2006 folgte der Wechsel zum FC Kopenhagen, einem der größten Vereine in Dänemark.

Ja, dort hatte sich ein Rechtsaußen verletzt, deshalb hat mich der FCK kurzfristig verpflichtet. Das war eine Ehre für mich, denn der FCK gehört zu den größten Klubs in Dänemark, außerdem habe ich dort meine ersten internationalen Einsätze gehabt. Ich kam im EHF-Pokal zum Einsatz.

Dort trafen Sie unter anderem auf den SC Magdeburg…

Richtig, dort spielten damals mir Grzegorz Tkaczyk und Karol Bielecki zwei Jungs, die jetzt mit mir bei den Löwen sind. Ich kann mich noch gut an mein erstes Aufeinandertreffen mit Karol erinnern. Ich wollte gegen ihn verteidigen und habe ihn voll im Gesicht erwischt. Er hat sich aber nur kurz geschüttelt und mich gar nicht wahr genommen. Damals dachte ich mir: Wow, der Junge hat vielleicht Kraft. Jetzt spiele ich mit ihm in einem Team.

Anschließend spielten Sie für Mors/Thy, einen Klub aus Ihrer Heimat. Warum sind Sie anschließend zu AG Håndbold gewechselt?

Ich habe zwischen 2004 und 2009 Sportwissenschaften studiert und durch meinen Wechsel zu AG konnte ich das Studium abschließen. Außerdem hatte ich sehr gute Gespräche mit Jesper Nielsen, der mir seinen Plan schmackhaft gemacht hat, hier etwas aufzubauen. Natürlich war es am Anfang nicht leicht, in der dritten Liga zu spielen. Mich haben auch viele Mitspieler ausgelacht, weil ich zu dem Klub ging. Mittlerweile lacht über das Projekt AG Håndbold niemand mehr. Und auch über mich wird nicht mehr gelacht, schließlich spiele ich jetzt für die Rhein-Neckar Löwen.

Sie haben vorläufig einen Vertrag bis Juni 2010 unterschrieben. Was werden Sie danach machen?

Zunächst gilt meine ganze Kraft jetzt den Löwen. Ich möchte hier zeigen, was ich kann. Wenn mir das gelingt, gibt es die Möglichkeit, dass ich bei den Löwen bleiben kann. Das ist mein Ziel, denn das ist ein internationaler Topklub, der in der Champions League spielt. Andererseits habe ich mit Jesper Nielsen gesprochen und er hat mir offeriert, dass ich auch zu AG zurückkommen und dort einen neuen Vertrag erhalten kann.

Ist die Nationalmannschaft für Sie eigentlich noch ein Thema?

Natürlich, es ist doch für jeden Sportler ein Traum, für die Nationalmannschaft zu spielen. Ich hoffe darauf, diesen Traum verwirklichen zu können. Es gibt große Konkurrenz in Dänemark, aber vielleicht kann ich mich ja durch gute Leistungen bei den Löwen anbieten.

Sie mussten sehr kurzfristig Dänemark verlassen und bei den Löwen einsteigen. Auch Ihre Freundin und die gemeinsame Tochter blieben zunächst in der Heimat. Soll das so bleiben?

Nein, ich möchte meine Familie so schnell wie möglich nach Deutschland holen. Auf jeden Fall soll das bis Weihnachten erledigt sein. Ich habe in Malsch schon eine schöne Wohnung, in der genug Platz für Mette und unsere Tochter Frieda ist. Wir wollen zusammen das Abenteuer hier erleben.

An den Feiertagen sind die Löwen „fast“ im Dauereinsatz, das wird für Sie eine ganz neue Erfahrung.

Das stimmt, in Dänemark wird rund um Weihnachten nicht so viel gespielt. Mette ist davon auch nicht begeistert, denn sie würde gerne in Dänemark feiern. Aber sie kann es akzeptieren und außerdem haben wir nach den Feiertagen die Möglichkeit, eine Zeit in Dänemark zu verbringen, wenn die Nationalspieler bei der EM in Österreich sind.