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„Der Spielplan bereitet mir Sorgen“

Jennifer Kettemann im Interview

Mit der ersten Pokalrunde starten die Rhein-Neckar Löwen an diesem Wochenende in die Pflichtspiele der Saison 2017/2018. Im Interview spricht Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann nach zwei Meisterschaften über gestiegenen Erwartungsdruck, die bisherige Vorbereitung des Deutschen Meisters und äußert Kritik an der Umsetzung des neuen TV-Vertrages der DKB Handball-Bundesliga.

 Jennifer Kettemann, mit der 1. Runde im DHB-Pokal starten die Rhein-Neckar Löwen an diesem Wochenende in die Pflichtspiele der Saison 2017/2018. Wie groß ist die Vorfreude, dass es wieder losgeht?

Kettemann: Die Vorfreude ist sehr groß. Bei unseren Fans, Sponsoren aber auch bei der Mannschaft. Die Vorbereitung ist ja nicht gerade die schönste Zeit für die Spieler. Auch sie freuen sich deshalb, dass es nun endlich wieder losgeht.

Wie zufrieden sind Sie mit der Vorbereitung?

Kettemann: Wir haben eine sehr gute Vorbereitung gespielt, auch unsere Neuzugänge sind voll integriert. Zudem haben wir zum Glück keine verletzten Spieler. Aber Vorbereitung und Pflichtspiele sind immer zwei verschiedene Sachen. Ernst wird es jetzt am Wochenende in Darmstadt. 

Alles andere als ein Einzug in die 2. Pokalrunde der Löwen wäre eine Sensation.

Kettemann: Natürlich wollen wir in die nächste Runde einziehen. Wir wollen auch dieses Jahr zur Endrunde um den DHB-Pokal nach Hamburg, auch wenn dieses Wochenende bisher für uns immer mit einer Enttäuschung verbunden war. Aber wir schauen nur nach vorne. Irgendwann muss es ja mal mit dem Pokalsieg klappen.

Als zweifacher Deutscher Meister gehen die Löwen für viele Experten als Titelfavorit in die Saison. Spüren Sie nach zwei Meisterschaften eine gestiegene Erwartungshaltung im Umfeld?

Kettemann: Einen Titel sollte man von uns nicht erwarten, wenngleich wir natürlich selbstbewusst genug sind um zu sagen, dass wir um alle Titel mitspielen wollen. Wenn sich die Chance bietet, wollen wir da sein. Wir wissen, dass besonders in der Bundesliga in den letzten beiden Jahren bei uns sehr viel funktioniert hat und können die letzten beiden Meisterschaften mit unseren Möglichkeiten realistisch einschätzen. Ein erneuter Titelgewinn wäre natürlich das Größte.

Wer sind die größten Konkurrenten für die Löwen in der Bundesliga?

Kettemann: Die Spitze wird enger zusammenrücken. Flensburg und Kiel sind wie jedes Jahr oben dabei, aber ich erwarte auch Teams wie Melsungen, Berlin und Magdeburg weiter vorne als in der Vergangenheit.

Gibt es etwas, was Ihnen mit Blick auf die neue Saison Sorgen bereitet?

Kettemann: Das gibt es, und das ist der neue Spielplan.

Durch den Einstieg von SKY spielt die Bundesliga jetzt donnerstags und sonntags zu festen Uhrzeiten, eine Ausnahme bildet nur in der kommenden Saison noch der Samstagabend als Ausweichtermin. Das Ziel soll eine bessere Planbarkeit der Termine werden.

Kettemann: Die Idee hinter dem neuen TV-Vertrag ist toll, die Umsetzung bisher mit Sicherheit ausbaufähig. Hier hätte man vor allem im ersten Jahr eine bessere Übergangslösung, besonders für die Europapokalteilnehmer schaffen müssen.

Können Sie ein Beispiel geben?

Kettemann: Wir spielen in der SAP Arena, einer der am besten gebuchten Arenen in Europa. Durch die Vorgabe der Liga, nur noch donnerstags oder sonntags zu spielen, nimmt man uns viele Terminierungsmöglichkeiten. Sonntags ist zudem auch Spieltag in der DEL der Mannheimer Adler. Bei einer Veranstaltung in der Arena am Samstagabend ist es umbautechnisch teilweise gar nicht möglich, am nächsten Tag schon wieder ein Handballfeld anzubieten, besonders wenn ein Spielbeginn von 12:30 Uhr gefordert wird. Das sind natürlich erst einmal alles unsere eigenen Probleme, aber die Bundesliga sollte auch diese berücksichtigen, zumal die meisten Clubs in der Liga froh wären, wenn sie eine Heimspielhalle wie die SAP Arena hätten.

Haben Sie die Liga darüber informiert?

Kettemann: Wir haben seit Monaten auf die Probleme hingewiesen, sowohl die HBL wie auch SKY informiert.  Leider ohne Erfolg. Wir wissen, dass wir eine besondere Rolle haben und kennen unsere Probleme und auch unsere Hausaufgaben. Die Terminierung ist bei uns durch den Belegungsplan der SAP Arena seit Jahren schwierig, umso ärgerlicher ist es, wenn wir freie Termine durch vorgegebene Auswärtsspiele nicht nutzen können. Grundsätzlich sind die neuen Terminvorgaben des TV-Vertrages besonders für die drei deutschen Champions League Teilnehmer, die aber auch in der Bundesliga die Zugpferde und Publikumsmagnete unserer Sportart sind, ein Nachteil.

Was meinen Sie konkret?

Kettemann: Seit Jahren tragen praktisch alle ausländischen Clubs ihre Heimspiele im Europapokal am Wochenende aus. Wir verlieren deshalb fast bei jedem Europapokalspiel einen Wochenendtermin für die Bundesliga. Spielen dürfen wir dann nur noch am Donnerstagabend. Wir benötigen aber auch Spiele am Wochenende, damit wir Kinder und Jugendliche ansprechen können, die unter der Woche nicht zu unseren Spielen kommen. Auch ist der Donnerstag als Spieltermin der Bundesliga für alle Europapokalteilnehmer aus sportlicher Sicht ein großer Nachteil gegenüber anderen Teams in Europa. Es wird passieren, dass wir donnerstags in der Bundesliga und bereits am Samstag wieder in der Champions League irgendwo in Europa spielen müssen. Regeneration und Vorbereitung bleiben dabei auf der Strecke. Die Belastung der Spitzenspieler nimmt weiter zu.

Was hat das für Folgen?

Kettemann: Die sportliche Qualität der Spiele wird ebenfalls unter den Terminvorgaben leiden. Wer weiß, ob es unter diesen Umständen noch einmal eine deutsche Mannschaft zum Final Four der Champions League nach Köln schaffen wird. Dafür ist unsere Belastung in der Bundesliga einfach zu hoch. Wenn wir deutschen Vereine in der Champions League bald keine Rolle mehr spielen, schadet das nicht nur der Champions League, sondern auch dem deutschen Handball. Hier hätte ich mir ein wenig mehr Weitsicht gewünscht.

Am 27. August starten die Löwen beim TBV Lemgo in die Bundesliga. Bis heute gibt es noch keinen kompletten Spielplan.

Kettemann: Auch das geht eigentlich nicht und wirft sicher kein gutes Licht auf unsere Sportart. Wir müssen neben unseren Fans auch unsere Sponsoren seit Wochen vertrösten, weil wir noch keine festen Spieltermine haben. Ein Problem ist sicher, dass die Ansetzung der Europapokalspiele Vorrang vor denen der Bundesliga hat, zeitlich aber erst nach der Terminierung der Bundesliga erfolgt. Aber auch dieses Problem ist seit Jahren bekannt. Man kann nicht erwarten, dass eine Halle, die am Wochenende nicht zur Verfügung steht, weil sie entweder belegt ist oder weil eine Mannschaft zu dieser Zeit im Europapokal unterwegs ist, am Donnerstag davor automatisch frei ist.

Wie wollen Sie diese Probleme lösen?

Kettemann: Es wird nur funktionieren, wenn sich alle Seiten annähern und Zugeständnisse machen. Für unser Auswärtsspiel in Gummersbach müssen wir auf den Freitag ausweichen, weil die Halle am Vortag nicht zur Verfügung steht. Dafür kann niemand etwas, aber wir spielen nur zwei Tage später in der Champions League gegen den FC Barcelona. Das ist sportlich eigentlich nicht zu vertreten.

Dennoch werden Sie die Probleme nicht ändern können, der TV-Vertrag ist auf mehrere Jahre ausgelegt.

Kettemann: Wir haben erstmals in der Geschichte der Rhein-Neckar Löwen auch unsere komplette zweite Mannschaft für die Champions League gemeldet. Stand heute gibt es immer noch Wochentage, an denen wir neben einem Champions League Spiel auch eine Bundesligapartie absolvieren sollen. Für die Außendarstellung unserer Sportart ist das natürlich eine Katastrophe, denn auch die gegnerischen Clubs freuen sich ja, mit den Rhein-Neckar Löwen auf ein Spitzenteam zu treffen. Ich hoffe sehr, dass man hier für den Handball in Zukunft noch zu einer anderen Lösung kommt.