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„In der Champions League wollen wir den nächsten Schritt machen““

Jennifer Kettemann im Interview

Vor dem Auftakt in die VELUX EHF Champions League am kommenden Sonntag spricht Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann im Interview über die Zielsetzung des Deutschen Meister in der Königsklasse, die abgelaufene Saison sowie die Terminierungsproblematik.

Jennifer Kettemann, zum Start der Champions League steht am kommenden Sonntag gleich ein Heimspiel gegen Barcelona an. Es hätte schlechter laufen können, oder?

Jennifer Kettemann: Wir freuen uns sehr, zum Auftakt gegen einen der Topfavoriten auf den Titel in der SAP Arena spielen zu können. Der FC Barcelona gehört zu den besten Adressen im internationalen Handball und genießt einen exzellenten Ruf auf der ganzen Welt. Keine Frage: Wir starten sofort mit einem echten Highlight in die neue Champions-League-Saison und freuen uns natürlich auch, mit Borko Ristovski in Barcelonas Tor einen ehemaligen Löwen wieder in Mannheim begrüßen zu dürfen.

In der vergangenen Saison fiel das fest eingeplante Duell gegen Barcelona im Viertelfinale aus. Wie sehr ärgert Sie das noch?

Kettemann: Schon noch ein wenig. Allerdings stand die Bundesliga über allen anderen Wettbewerben, und mit dem Gewinn der Meisterschaft haben wir eine überragende Leistung gezeigt, die einfach nicht zu erwarten war. Es ist aber richtig, dass wir mit unserem Abschneiden in der vergangenen Champions-League-Saison nicht zufrieden waren. Wir haben uns in der Gruppenphase selbst der Chance um eine bessere
Platzierung beraubt, danach bekamen wir es mit dem THW Kiel zu tun, gegen den man ausscheiden kann. Nach dem Auswärtssieg im Achtelfinal-Hinspiel in Kiel hatten wir aber eine große Möglichkeit, die nächste Runde zu erreichen. Leider hat es nicht geklappt, was aber weniger an der Niederlage im Rückspiel lag, sondern an dem zu niedrig ausgefallenen Sieg im Hinspiel.

Wie sieht die Zielsetzung in dieser Champions-League-Saison aus?

Kettemann: Zunächst einmal wollen wir die Vorrunde überstehen. Es wäre natürlich schön, wenn wir unter die ersten vier Mannschaften in unserer Gruppe kommen, um im Achtelfinale erst auswärts spielen zu müssen. Aber wir wissen auch, dass es nicht einfach für uns wird, gleich vier Mannschaften hinter uns zu lassen. Denn die Problematik ist unverändert. Mannschaften wie Vardar Skopje, Veszprem, Kielce oder der FC Barcelona sind extrem stark besetzt und haben noch dazu auf nationaler Ebene nicht die Belastung und Strapazen wie wir in der Bundesliga. Auch unsere weiteren Vorrundengegner wie Wisla Plock, IFK Kristianstad, HC Zagreb oder Pick Szeged stehen in ihren Ligen nicht wöchentlich vor so großen Herausforderungen wie wir. Das gilt wahrscheinlich nur noch für den HBC Nantes, der sich in Frankreich in einer immer stärker werdenden Liga behaupten muss. Wir sind mit unserem Kader allerdings auch etwas breiter als in der vergangenen Saison aufgestellt und würden gerne den nächsten Schritt machen.

Neben der SAP Arena spielen die Rhein-Neckar Löwen künftig auch wieder im Harres in St. Leon-Rot. Wie glücklich sind Sie darüber?

Kettemann: Sehr glücklich! Es ist schön, dass wir unseren Fans in dieser Saison eine zweite Heimspielstätte in der Rhein-Neckar-Region bieten können. Wir haben mit dem Harres gute Erfahrungen gemacht und er wird unsere Alternative zur SAP Arena sein, in der wir allein schon aus terminlichen Gründen gar nicht alle Begegnungen austragen könnten. Wenn die neue Halle dann in Heidelberg steht, werden wir dort zukünftig Begegnungen in der Champions League oder auch im DHB-Pokal austragen.

In der vergangenen Saison gab es die Ausnahmeregelung von der EHF noch nicht. Der Standort Frankfurt hat sich nicht bewährt, oder?

Kettemann: Das muss man leider so sagen. Die Verantwortlichen der Fraport-Arena haben uns immer unterstützt, aber letztendlich wurde das Produkt Champions League in Frankfurt nicht angenommen. Die Zuschauerzahlen waren enttäuschend, wofür es unterschiedliche Gründe gab. Ich kann von einem Fan nicht erwarten, dass er um 18 Uhr in Frankfurt ist, wenn er berufstätig ist und dann noch 80 bis 100 Kilometer fahren muss. Außerdem trafen wir zwar auf starke Mannschaften, aber einen besonders klangvollen Namen wie jetzt FC Barcelona hatten diese Clubs nicht. Insofern war der Spielort Frankfurt sicher nicht die Ideallösung für uns, weshalb die Gruppenphase für uns auch ein Zuschussgeschäft war.

Zuletzt wurde viel über die erste Oktoberwoche diskutiert: Drei Heimspiele und eine Champions-League-Partie in Kristianstad in sieben Tagen…

Kettemann: Wir sind natürlich nicht begeistert, müssen aber das Beste aus der aktuellen Situation und der schwierigen Terminproblematik machen. Sportlich wird die erste Oktoberwoche eine große Herausforderung und Belastung für unsere Mannschaft, das ist klar. Vielleicht zahlt es sich jetzt wenigstens ein wenig aus, dass wir mit 16 Spielern spielen dürfen, um dieser großen Belastung etwas entgegenzuwirken. Wir sind in erster Linie aber froh, einen Termin für das Spiel gegen Hannover gefunden zu haben. Eine Ideallösung gab es durch den Belegungsplan der SAP Arena für dieses Spiel nicht. Gerne hätten wir die Forderung der HBL erfüllt und an einem Donnerstag, Samstag oder Sonntag gespielt, aber in diesem Jahr war schlichtweg kein Donnerstag, Samstag oder Sonntag in der SAP Arena mehr frei.

Mit dem neuen TV-Vertrag erhoffte sich die HBL eigentlich mehr Planbarkeit und weniger Chaos. Es sieht momentan eher nach dem Gegenteil aus.

Kettemann: Ich finde es nach wie vor gut, dass man sich für feste Spieltage entschieden hat. Die fixen Spieltage ebnen erstmalig der HBL, den Clubs und dem interessierten Handballfan die Möglichkeit, ihren Sport verlässlich im TV zu verfolgen. Zudem wird der neue Vertrag erstmals sicherstellen, dass der Handball auch regelmäßig in die öffentlich-rechtlichen Sender gelangen kann, was für den Sport, Sponsoren und die Vereine ein erheblicher Mehrwert ist. Genauso muss aber jeder verstehen, dass ein Beschluss vom November nicht so einfach sofort ab August umzusetzen ist. Das geht einfach nicht, wenn man wie wir in einer Arena spielt, die von Konzertveranstaltern manchmal vier Jahre im Voraus gebucht wird. Deswegen war es klar, dass es besonders im ersten Jahr des neuen TV-Vertrages zu einigen Ausnahmen kommen wird. Wir arbeiten alle gemeinsam daran, dass solche Terminprobleme in der kommenden Saison nicht mehr auftreten werden.

Welche Probleme gibt es durch den neuen Bundesliga-TV-Vertrag gerade mit Blick auf die Champions League?

Kettemann: Man sieht es ja schon in dieser Saison, dass wir donnerstags gegen Hüttenberg und Samstag in Kristianstad spielen. Mit Blick auf die Entlastung der Spieler ist das ein klarer Rückschritt und eigentlich ein nicht zu akzeptierender Zustand. Es gilt, sowas in Zukunft unter allen Umständen zu vermeiden. Klar ist, dass sich die vielen nationalen TV-Verträge untereinander überschneiden und es so zu Interessenkonflikten kommt. Dies macht die Terminierung der Europapokalspiele sicher nicht einfacher. Aber auch die EHF wird sich bei den Ansetzungen der Champions-League-Partien mit dem neuen TV-Vertrag in Deutschland und den damit vereinbarten Regelspieltagen
auseinandersetzen müssen.

Ihr Rückspiel in der Gruppenphase beim FC Barcelona ist noch immer nicht terminiert, wie ist hier der aktuelle Stand?

Kettemann: Die Terminierung beschäftigt uns seit Monaten. Stand heute müssen wir unserer Auswärtsspiel in der Bundesliga in Leipzig am 11. November und unser Auswärtsspiel in Barcelona an einem Wochenende bestreiten. Da wir nicht zwei Spiele an einem Tag absolvieren können, haben wir auch unsere zweite Mannschaft für die Champions League gemeldet. Diese müsste dann im Notfall in Barcelona antreten.