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„Viel wird vom Spiel gegen Kiel abhängen“

Interview mit Hendrik Pekeler zur „Monsterwoche“ der Löwen

Am Sonntag, 1. Oktober, um 15 Uhr kommt es in der SAP Arena in Mannheim zum Prestige-Duell zwischen den Rhein-Neckar Löwen und dem THW Kiel. Für Hendrik Pekeler ist es ein besonderes Spiel.

Hendrik, wir müssen zunächst noch etwas aus der vergangenen Saison klären. Nach der Meisterschaft 2016 hast du gesagt, dass einige Kollegen beim Feiern noch Nachholbedarf hätten. Wie fällt dein Fazit nach der Meisterfeier 2017 aus?

Hendrik Pekeler (lacht): Grundsätzlich kann man beide Titel nicht miteinander vergleichen. 2016 wurden wir am letzten Spieltag Meister, und es ging montags mit der Nationalmannschaft weiter. In diesem Jahr standen wir ein paar Spieltage vor Saisonende als Meister fest, und wir hatten deshalb Zeit für einen Mallorca-Trip. Dort habe ich bei manch einem Mitspieler bislang nicht gekannte Talente entdeckt. Mallorca hat richtig Spaß gemacht, weil einige aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und es diesmal besser gemacht haben (lacht).

Kommen wir zu dieser Saison. Wie bist du mit dem Bundesligastart zufrieden?

Pekeler: Wir haben unsere Spiele – abgesehen von der Partie in Flensburg – allesamt gewonnen. Das ist erst einmal das Wichtigste. Sicherlich hatten wir uns auch ein bisschen mehr in Flensburg erhofft, aber dass unsere Siegesserie dort irgendwann mal reißen wird, war uns auch klar. Hier und da müssen wir sicherlich noch etwas cleverer spielen, wie zum Beispiel in Gummersbach. Dort führen wir früh mit fünf, sechs Toren, aber wir bauen diesen Vorsprung nicht aus – und das war extrem ärgerlich, denn gerade in dieser Begegnung wäre es mit Blick auf die Partie gegen Barcelona nur 48 Stunden später sehr wichtig gewesen, frühzeitig ein paar Stammkräfte zu schonen. Aber das war leider nicht möglich.

Insgesamt lief es auch nicht immer rund, oder?

Pekeler: Das stimmt, man muss aber bedenken, dass Alexander Petersson nur sehr wenig gespielt hat. Er ist in Abwehr und Angriff extrem wichtig für uns. Auch Gudjon Valur Sigurdsson war nicht dabei, obwohl Jerry Tollbring ein richtig starker Neuzugang ist und das sehr, sehr gut gemacht hat. Aber die Figur Sigurdsson, die uns mitreißt und motiviert, die uns mit ihrer Erfahrung hilft, brauchen wir ganz einfach auf der Platte.

Viel war vor der Saison die Rede davon, dass das Karriereende von Kim Ekdahl du Rietz euch hart treffen wird. Wie bewertest du das jetzt?

Pekeler: Seine Tore aus der zweiten Welle, wenn er einfach mal aus zehn Metern hochgeht und trifft, fehlen uns. Vor allem war er aber auch ein sehr guter Abwehrspieler. Bislang ist es uns nicht gelungen, dieses Gesamtpaket eins-zu-eins zu ersetzen.

Trotzdem habt ihr nur in Flensburg verloren.

Pekeler: Die Ausbeute ist in Ordnung, keine Frage. Wir haben aber immer mal wieder Phasen im Spiel, in denen zehn bis 15 Minuten irgendwie nichts läuft. Das müssen wir in den Griff bekommen, denn die heiße Phase geht jetzt erst los.

Auffällig oft war in den vergangenen Wochen das Zusammenspiel zwischen Andy Schmid und dir zu sehen. Ist das Zufall, Absicht oder einfach nur die perfekte Harmonie?

Pekeler: Ein bisschen von allem. Wir wissen, dass uns nach Kims Weggang ein paar Tore aus dem Rückraum fehlen, deswegen müssen Andy und ich ein bisschen mehr miteinander spielen und Tore machen. Das klappt auch ganz gut, weil wir uns fast blind verstehen. Ich weiß, wann seine Pässe kommen. Und es ist unglaublich schwer, das zu verteidigen, weil Andy so viele Varianten drauf hat, wie er die Kreisläufer anspielt. Es gelingt nur wenigen Mannschaften, das zu unterbinden, und es macht richtig Spaß, mit ihm zusammenzuspielen.

Mit dem Supercup habt ihr einen Titel in dieser Saison schon gewonnen. Damit seid ihr aber nicht zufrieden, oder?

Pekeler: Natürlich nicht. Es ist schön, den Supercup gewonnen zu haben. Aber in der Prioritätenliste steht dieser Pokal hinter Bundesliga, Champions League und DHB-Pokal auf Platz vier. Ich will mich gerne mit dem Meister-Hattrick verabschieden. Bislang lief es für uns okay, Kiel und Flensburg haben schon unerwartet Spiele verloren. Vor uns liegt jetzt eine schwere erste Oktober-Woche, durch die wir gut kommen müssen. Wenn uns das gelingt, haben wir nach wie vor gute Chancen auf die Titelverteidigung.

Ist der Sieg im Supercup denn ein gutes Omen für die Bundesligapartie gegen den THW Kiel?

Pekeler: Ich glaube, dass man diese zwei Spiele kein bisschen miteinander vergleichen kann. Der Supercup wurde Ende August ausgespielt, das ist eine Weile her. Deswegen sollte man in den Ausgang dieser Partie nicht zu viel hineininterpretieren. Allerdings hat man schon da gesehen, dass sich das Kieler Spiel geändert hat mit Neuzugang Miha Zarabec. Er bringt viel Tempo ins Spiel, ist ein sehr unangenehmer Gegenspieler und wir hatten häufig Probleme mit ihm, weil wir meistens sehr hoch auf unseren Halbpositionen verteidigen. Das führt dazu, dass Gedeón Guardiola und ich dann im Innenblock große Räume gegen einen kleinen Mann wie Zarabec verteidigen müssen. Das ist nicht immer einfach.

Wie lässt sich das ändern?

Pekeler: Vielleicht müssen wir defensiver verteidigen und stattdessen mal einen Rückraumwurf von der Halbposition in Kauf nehmen. Zu 100 Prozent ausschalten kannst du einen Mann wie Zarabec wahrscheinlich nie, wenngleich er in seinen ersten Spielen auch schon erlebt hat, dass er in der Bundesliga anders als in Slowenien jede Woche auf starke Gegner trifft. Melsungen hat zum Beispiel sehr gut gegen ihn verteidigt.

Nach Kiel heißt der Gegner TSV Hannover-Burgdorf. Eine Mannschaft, die überraschend gut in die Saison gestartet ist.

Pekeler: Die Frage ist ja, ob das wirklich so überraschend kommt. Hannover war schon in der vergangenen Saison stark besetzt und nach der Hinrunde oben dabei. Dass es solch einen Absturz in der Rückserie gibt, konnte ja keiner richtig nachvollziehen – die Hannoveraner selbst wahrscheinlich am allerwenigsten. Manchmal kann man sowas auch nicht erklären. Da steckt man in dieser Negativspirale und kommt nicht mehr raus.

Teil drei der Oktober-Woche heißt Hüttenberg.

Pekeler: Ein Aufsteiger, der sehr achtbare Ergebnisse erzielt hat. Hüttenberg ist ein sehr unangenehmer Gegner mit einer 3:2:1-Abwehr, die nicht so viele Mannschaften spielen. Entsprechend unangenehm ist es, gegen Hüttenberg anzutreten, weil man sich ein wenig um- und einstellen muss. Diese Abwehr ist der kleine Hüttenberger Vorteil, hinzu kommen zwei starke Torhüter und mannschaftliche Geschlossenheit. Man kann sich da nicht so genau auf einen Spieler einstellen, weil es einfach keinen Star gibt.

Und zum Abschluss geht es in der Champions League nach Kristianstad.

Pekeler: Wenn man wie wir unter die ersten Vier in der Gruppe kommen will, muss man auch dieses Spiel gewinnen. Insofern nehmen wir alle Spiele in dieser Woche sehr ernst.

Unter dem Strich stehen vier Begegnungen in einer Woche. Das kennt man sonst nur von Welt- und Europameisterschaften.

Pekeler: Und da haben alle Mannschaften diese Belastung. Das gilt ja hier nicht. Wir spielen sonntags gegen Kiel und dienstags gegen Hannover (Hannover spielt donnerstags gegen Erlangen und dienstags gegen die Löwen: Anmerkung der Redaktion). Das ist ein Unterschied. Welches Pensum wir da in einer Woche bestreiten müssen, ist eigentlich unfassbar. Immerhin sind drei Heimspiele dabei. Ansonsten bleibt uns nichts anderes übrig, als das so anzunehmen. Viel wird vom Spiel gegen Kiel abhängen. Wenn wir diese Begegnung gut hinkriegen, dann kann man die Müdigkeit und die Schmerzen im Rest der Woche wahrscheinlich etwas besser ertragen.

Wie geht man solch eine Woche an?

Pekeler: Wir werden bei dieser Termin-Taktung auf jeden Fall den gesamten Kader benötigen und in jedem Spiel die 100-prozentige Konzentration brauchen. In der Bundesliga gewinnt man kein Spiel mehr mal eben so, auch nicht als deutscher Meister in eigener Halle gegen einen Aufsteiger.

Noch einmal zur Champions League: Was habt ihr euch vorgenommen?

Pekeler: Vielleicht wäre es schon gegen Barcelona besser gelaufen, wenn wir mehr Pause gehabt hätten. Die enorme nationale Belastung muss man einfach in die Betrachtung der Champions League einbeziehen. Wir haben den Ehrgeiz, nicht nur eine Runde weiter als in der vergangenen Saison zu kommen, sondern auch das Final Four zu erreichen. Und trotzdem wissen wir, dass die Bundesliga höchste Priorität genießt und es in der Champions-League-Vorrunde erst einmal darum geht, ein paar Kräfte zu schonen und trotzdem unter die ersten Vier zu kommen. Natürlich will jeder von uns das Final Four spielen, aber das kann man ja nicht planen, es gibt einen Haufen guter Mannschaften. Ab dem Achtelfinale trifft man nur noch auf starke Gegner.

Letzte Frage: Du bist der Löwen-Kassenwart, was grundsätzlich ein unbeliebter Job ist. Bisweilen wirst du wegen deiner Strenge als „deutscher Beamter“ bezeichnet. Ist das so?

Pekeler (lacht): Diesen Vorwurf höre ich häufiger, aber dieser Job ist nur mit einer gewissen Strenge zu erledigen. In der Vergangenheit wollte jeder mit mir diskutieren, das war extrem nervig. Seit dieser Saison gilt: Wer über seine Strafe diskutieren will, zahlt das Doppelte. Ich glaube, dass mir rückblickend viele Kollegen dankbar sind. Auf Mallorca war zumindest genug Geld für ein paar schöne Tage in der Kasse (lacht).