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„Die beiden Punkte müssen in Mannheim bleiben“

Momir Rnic im Interview zum CL-Duell mit Zagreb

Momir Rnic ist seit dieser Saison im Rückraum der Rhein-Neckar Löwen aktiv. Im Interview spricht er über die Belastung in der VELUX EHF Champions League, den Gegner am Donnerstag und den eigenen Werdegang. 

Momir, die Champions League kennst du bereits aus der Zeit, als du als junger Handballer bei den slowenischen Top-Klubs RK Velenje und RK Celje am Ball warst. Ist es ein Unterschied, jetzt mit den Rhein-Neckar Löwen auf diesem Niveau um Punkte zu kämpfen?

Momir Rnic: Eigentlich kein großer. Auch in Slowenien war die Begeisterung groß, wenn es gegen die besten Mannschaften Europas ging und wir hatten mit diesen Mannschaften ein gutes Niveau. Als Deutscher Meister und damit als ein Team aus der besten Liga der Welt geht man aber vielleicht mit anderen Ambitionen in so einen Wettbewerb und bislang haben wir ja auch einen guten Start hingelegt. Das Achtelfinale sollten wir auf jeden Fall erreichen und dann schauen wir mal, wen wir aus der anderen Gruppe bekommen.

Die hohe Belastung ist bei den Top-Bundesligisten, die gleichzeitig international gefordert sind, immer ein Thema. Wie nimmst du diese Anforderungen wahr?

Rnic: Das ist natürlich schon hammerhart. Es ist jetzt auf jeden Fall eine Grenze erreicht. Vor allem kann man die anderen Ligen in Europa nicht mit der Bundesliga vergleichen. In Deutschland musst du immer ans Limit gehen, wenn du die Punkte willst – besonders auswärts. Das zehrt an den Kräften.

Ab der Saison 2020 ist sogar eine Art Europa-Liga in der Diskussion, die noch mehr Spiele bringen könnte. Ist das noch  zumutbar?

Rnic: Das wird die Probleme der deutschen Spitzenmannschaften wie bei den Löwen, Flensburg oder Kiel sicher nicht verringern. Andererseits muss man auch die Top-Klubs in Europa sehen, die sich dann ständig auf einem Niveau messen, das in ihren heimischen Ligen nicht durchgängig gegeben ist. Wichtig ist eben, für die deutschen Mannschaften einen Ausgleich zu schaffen. Vielleicht müssen die internationalen Titelkämpfe reduziert oder die Sommerpause verlängert werden. Das ist alles sehr schwer. Momentan müssen wir da wohl durch.

Schauen wir mal auf den nächsten Gegner RK Zagreb. Der Klub ist seit langem eine internationale Größe – auch in der Champions League. Was traust du den Kroaten in eurer Gruppe zu?

Rnic: In der Champions League gibt es keine leichten Gegner. Auch Zagreb ist in der Lage, jede Mannschaft in der Gruppe zu schlagen.

Zagreb ist ein direkter Konkurrent um einen Platz im Achtefinale. Die Punkte sollten im Heimspiel also auf jeden Fall in der SAP Arena bleiben, oder?

Rnic: Ja, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen, müssen die beiden Punkte in Mannheim bleiben. Aber das gilt generell für alle Heimspiele. Das ist die Basis für eine gute Ausgangsposition, um den nächsten Schritt machen zu können.

Wenn man sich den kroatischen Meister betrachtet, gelingt es dem RK immer wieder junge Talente zu binden, bevor diese sich im Ausland versuchen. In Serbien fehlt so ein Verein, obwohl mit der serbischen Nationalmannschaft immer zu rechnen ist. Woran liegt das deiner Meinung nach?

Rnic: Das hat vor allem mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten in Serbien zu tun. Das ist schade, aber die Realität. Es gibt keine Sponsoren, die den Handball unterstützen wollen oder können – auch wenn es immer wieder viele Talente gibt. Aber die müssen ihr Geld im Ausland verdienen.

Auch du bist als 20-Jähriger aus deiner Heimatstadt Zrenjanin nach Slowenien zum RK Velenje gewechselt. Gab es in Serbien keine Perspektiven?

Rnic: Damals war die serbische Liga sogar noch ein bisschen stärker als heute, aber das war immer noch kein Vergleich mit den europäischen Ligen. Mein Wunsch war es immer, in Deutschland zu spielen. Der Wechsel nach Slowenien war da genau der richtige Weg. Dort konnte ich international spielen, wovon ich sehr profitiert habe, und mich weiterentwickeln. Mannschaften wie Celje, Velenje oder Maribor könnten auch in der Bundesliga eine gute Rolle spielen.

Inwieweit hat dich damals dein Vater ermuntert, diesen Weg zu gehen. Als Olympiasieger und Weltmeister verließ auch er 1986 seine Heimat, wechselte für vier Jahre zum TV Niederwürzbach und half als Weltklasse-Kreisläufer dort kräftig beim Aufstieg von der Regionalliga bis in die Bundesliga mit.

Rnic: Das hat wohl auch eine Rolle gespielt, aber es war vor allem immer mein ganz persönlicher Wunsch, irgendwann mal in der besten Liga zu spielen und mich mit den besten Spielern zu messen.

Du wurdest 1987 genau in dieser Zeit geboren. Etwa in Deutschland?

Rnic: Nein, ich bin in Serbien geboren und dort auch aufgewachsen.

Du trägst genau denselben Namen wie dein Vater. Warum ist kein Kreisläufer aus dir geworden?

Rnic: Nein, nein (lacht). Wenn ich ganz alleine am Kreis bin und den Ball bekomme, haut das halbwegs hin, aber für mehr fehlt mir wohl die Beweglichkeit.

Aber dass du Handballer wirst, stand angesichts der familiären Tradition früh fest, oder?

Rnic: Als ich in der Schule war, haben wir auch immer viel Basketball gespielt. Wir hatten in der Nachbarschaft ein Basketballfeld. Da haben wir teilweise bis in die Nacht gespielt. Auch heute ist Basketball noch eine große Leidenschaft von mir und ich bin ein großer NBA-Fan. Aber Handball liegt mir noch ein bisschen besser.

Deutschland war mit der Vorgeschichte deines Vaters für dich kein Neuland. Hat dir das geholfen, als du 2011 nach Göppingen gegangen bist?

Rnic: Ja, mit der Sprache war das ganz hilfreich. Ich konnte schon ein bisschen und auch in der Schule habe ich einiges mitgekriegt.

Was bleibt aus der Zeit in Schwaben? Ein schönes Spätzle-Rezept?

Rnic: (lacht) Ja, auch das vielleicht. Wir hatten eine gute Zeit in Göppingen und mit dem Gewinn des EHF-Cups auch Erfolg.

Danach warst du drei Jahre in Melsungen. Gab es große Unterschiede?

Rnic: Na ja, das Wetter war in Göppingen besser und auch die Menschen waren dort etwas aufgeschlossener. Aber auch diese Zeit war eine gute Erfahrung für mich.

Nun bist du bei den Löwen gelandet und musstest dich schnell mit deinen Nebenleuten zusammenfinden. Wie sehr ist das schon gelungen?

Rnic: Das ist auf die Schnelle natürlich nicht so einfach. Im Handball muss viel automatisch funktionieren, ohne dass man viel nachdenkt. Aber ich habe mit Andy Schmid einen der weltbesten Spielmacher neben mir und mit Nikolaj einen hervorragenden Trainer.

Du hast hier einen Einjahresvertrag unterschrieben, für 2018 steht bereits Steffen Fäth auf deiner Position als Neuzugang fest. Ist damit schon klar, dass du die Löwen am Saisonende wieder verlassen wirst?

Rnic: Darüber haben wir noch nicht endgültig gesprochen. Ich möchte jetzt zunächst einmal den Löwen so gut helfen wie es geht. Alles andere kommt danach.