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„Der schlimmste Monat meiner Handball-Karriere“

Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen sehnt das Ende des Auswärtsmarathons herbei / Donnerstagabend in Göppingen

Ständig auf Reisen zu sein, das geht an die Substanz. Was sonst Musiker im Rahmen einer Konzert-Tournee erleben, das haben die Rhein-Neckar Löwen von Mitte Oktober bis Ende November zu spüren bekommen. Ihr Leben spielte sich in dieser Zeit überwiegend in Bussen und Flugzeugen, in Hotelzimmern und fremden Sporthallen ab. Die Partie der DKB Handball-Bundesliga am Donnerstagabend um 19 Uhr bei Frisch Auf! Göppingen ist das neunte Auswärtsspiel in Folge für den Deutschen Meister. Die gute Nachricht: Es ist zugleich das letzte des verrückten Gastspiel-Marathons.

Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen hat nichts anderes herbeigesehnt. „Ich muss ganz ehrlich sagen: Dieser November hat überhaupt keinen Spaß gemacht. Das war der schlimmste Monat meiner Handball-Karriere.“ Dabei ist die sportliche Ausbeute noch das, was ihn am meisten über die Reisestrapazen hinwegtröstet. Von den bisher gespielten acht Auswärtspartien haben die Löwen sechs für sich entschieden. Nur die beiden letzten und damit auch schwierigsten Duelle mit Melsungen und Skopje gingen verloren. Warum? Weil ganz einfach die Kraft weg war. Und immer noch ist. Denn wirklich erholt haben sich die Spieler in den wenigen Tagen seit dem stressigen Trip in die mazedonische Hauptstadt nicht. „Ob wir wieder frischer sind? Das würde ich nicht sagen. Wir haben uns schon gefreut, dass wir jetzt wieder ein paar Tage zuhause sein konnten. Aber man merkt auch, dass unser Programm sehr hart war.“

Premierenduell gegen den „Taktikfuchs“

Immerhin: Die Begegnung in Göppingen, gerade einmal 175 Kilometer über die Autobahn von Mannheim entfernt, mutet schon fast wie ein Heimspiel an im Vergleich zu den jüngsten Fernfahrten nach Leipzig, Barcelona, Melsungen und Skopje. „Das ist auf jeden Fall gut, dass wir nicht wieder so eine lange Reise haben.“ Weniger gut aus Löwen-Sicht ist die Tatsache, dass die baden-württembergischen Nachbarn nach dem Trainerwechsel deutlich schwerer auszurechnen sind. Rolf Brack, der die sportliche Verantwortung auf der Platte bei Frisch Auf! im September von Magnus Andersson übernommen hat, gilt als Taktikfuchs, der gegnerische Trainer gerne vor Herausforderungen stellt. „Die Göppinger probieren jetzt mehr aus, spielen häufiger Sieben gegen Sechs. Man muss sehen, was sich Rolf Brack sonst noch so einfallen lässt“, zeigt sich Nikolaj Jacobsen für alle Eventualitäten gewappnet. Göppingen steht mit 9:17-Punkten in der unteren Tabellenhälfte und hat vor allem wegen eines völlig missratenen Saisonstarts gerade einmal vier Zähler Vorsprung auf einen Abstiegsplatz.  

Brack selbst hat der dänische Meistercoach bisher noch nicht in einem Spiel gegenübergestanden. Überraschen lassen will sich Jacobsen jedenfalls nicht, wenngleich er weiß, dass der promovierte Sportwissenschaftler grundsätzlich dazu in der Lage wäre. Göppingens Stärken schätzt er so ein: „Schöngarth hat einen starken Wurf, wenn man ihm die Zeit lässt, dasselbe gilt für Fontaine, Sesum und Kneule. Zudem spielen sie gerne über den Kreis, wo sie zwei gute Leute stehen haben. Mit den Unentschieden gegen Flensburg und Hannover haben sie gezeigt, dass sie die großen Mannschaften ärgern können.“ Mit Blick auf die eigenen Jungs gibt sich Jacobsen zuversichtlich: „Wenn man sich unser Programm anschaut, dann sind wir bis jetzt überragend durch den November gekommen. Vor der Saison habe ich gedacht, dass wir in diesem Monat die Meisterschaft verlieren. Aber wir sind in allen Wettbewerben noch gut mit dabei. Dennoch hoffe ich, dass sich so etwas nicht wiederholt.“

Selbstbewusst nach Göppingen

Gegen Frisch Auf! vertraut er auf die Stärke seiner Mannschaft. Die habe sich von den jüngsten Niederlagen in Melsungen und Skopje nicht irritieren lassen, wisse das schon sehr gut einzuordnen in den Termin-Wahnsinn der letzten Wochen. Zumindest haben die Löwen den unsäglichen November ohne größere Blessuren überstanden, auch der Knöchel von Abwehrchef Gedeon Guardiola zeigt sich nach dem Umknicken von Barcelona wieder gut erholt. Und so fahren die Löwen selbstbewusst nach Göppingen, um dort zwei Punkte einzufahren. Die könnte man dann auch als Geschenk für den Trainer verstehen, der am heutigen Mittwoch und damit einen Tag vor dem Spiel seinen 46. Geburtstag feiert.

Die Partie wird live auf Sky Sport 5 übertragen.