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Auf die Zähne beißen

Löwen wollen im Heimspiel am Sonntag zurück in die Erfolgsspur

So richtig erklären konnte sich Nikolaj Jacobsen die Nicht-Leistung von Zagreb auch zwei Tage danach noch nicht. Das 26:30 im Duell der VELUX EHF Champions League hat beim Trainer der Rhein-Neckar Löwen seine Spuren hinterlassen. Doch Jacobsen wäre nicht Jacobsen, würde er allzu lange seine Wunden lecken. Zumal am Sonntag in der DKB Handball-Bundesliga schon die nächste wichtige Aufgabe wartet: Um 15 Uhr beginnt das Duell in der SAP Arena gegen den HC Erlangen. Ein Duell mit wegweisendem Charakter, wie der dänische Meistertrainer weiß.

„Man muss immer nach vorne schauen. Es kommt ein neues Spiel am Sonntag – und das müssen wir gewinnen“, gibt Jacobsen die Richtung vor. Dabei hat er durchaus Respekt vor dem Gegner. „Erlangen kommt mit einer sehr großen, physischen und kompakten Abwehr, außerdem mit zwei guten Torhütern. Die haben eine richtig gute Mannschaft“, sagt Jacobsen. Dass die ambitionierten Franken in der Tabelle mit der bescheidenen Ausbeute von zwei Siegen in 14 Spielen und 7:21-Punkten auf Rang 15 stehen, gerade einmal einen Punkt vor den beiden Abstiegsplätzen, macht der 46-Jährige vor allem am Verletzungspech fest: „Ich erwarte eine Mannschaft, die aufgrund der Tabellensituation kämpft bis zum Gehtnichtmehr.“

Nikolaj Jacobsen: Wir müssen zwei Punkte holen

So oder so gibt es für den Löwen-Trainer am Sonntag nur ein Ziel: „Wir müssen zwei Punkte holen.“ Was ihn zuversichtlich stimmt? „Wir spielen zuhause, vor unseren Fans. Außerdem haben wir auch zuletzt gegen Skopje bewiesen, dass wir über große Qualität verfügen. Das darf man nicht vergessen.“ Genau diese Qualität gelte es wieder abzurufen. Daran appelliert auch der Sportliche Leiter der Löwen Oliver Roggisch: „Wir müssen schauen, dass wir in den Dezember mit frischem Wind reinkommen. Das ist jetzt ein Monat, in dem wir alle auf die Zähne beißen müssen. Jeder muss, wenn er in die Halle kommt, erst einmal mit sich selbst klarwerden, damit er auf ein gewisses Level kommt, um Handball zu spielen. Da geht es um eine Grundaggressivität in der Abwehr, die einfach da sein muss. Das müssen wir jetzt dringend besser machen.“

In dieselbe Kerbe schlägt der Kapitän: „In Zagreb war das nicht die Mannschaft, die wir sonst aufs Feld bringen. Das war blutleer. Jetzt müssen wir die Köpfe hochkriegen. Wir müssen aus diesem Loch wieder rauskrabbeln.“ Genau wie sein Trainer fordert Andy Schmid von sich und seinen Mitspielern eine Reaktion, um sich endlich wieder das dringend benötigte Erfolgserlebnis zu verschaffen. „Sechs Spiele ohne Sieg – das ist natürlich nicht gut. Das ist keine schöne Serie“, sagte der Schweizer Spielmacher nach der Pleite in der kroatischen Hauptstadt, mit der so wirklich niemand gerechnet hatte. „Ich dachte, dass wir nach dem Skopje-Spiel einen neuen Schub bekommen würden – das war aber nicht der Fall“, sagt auch Trainer Jacobsen – und vertraut nun auf einen Befreiungsschlag am Sonntag gegen Erlangen.

Erlangen kommt mit Rückenwind

Der HCE kommt im Gegensatz zu den Löwen mit dem Rückenwind des überraschenden 23:23 gegen Melsungen nach Mannheim. Taktisch leben die Franken vor allem von einem starken Kollektiv, aus dem neben Ex-Nationalspieler Michael Haaß als Spielgestalter unter anderem Christoph Steinert auf Rückraum rechts und Jonas Thümmler am Kreis herausragen. Einen Gala-Auftritt gegen Melsungen hatte Torwart-Unikum Nikolas Katsigiannis. Der 35-Jährige war in seiner aktiven Laufbahn seit 2002 für neun verschiedene Vereine im Einsatz und machte dabei die ganze Bandbreite durch – von der Ahlener SG bis zum THW Kiel.

Hinter dem Projekt HC Erlangen stecken ein professioneller Plan und die finanziellen Möglichkeiten, um die Franken dauerhaft in der Handball-Bundesliga zu etablieren. Doch statt in dieser Saison den nächsten Schritt zu machen, setzte sich eine schleichende Entwicklung fort, die sich schon mit der 4:14-Punktausbeute am Ende der vergangenen Spielzeit angedeutet hatte. Die Euphorie war weg, die Auftaktniederlage gegen den weitaus schwächer eingeschätzten TBV Lemgo wies eindeutig in die falsche Richtung. Nach dem 20:31 gegen den THW Kiel musste Trainer Robert Andersson schon am siebten Spieltag seinen Hut nehmen. Einen Nachfolger fand Erlangen mit Adalsteinn Eyjólfsson ausgerechnet beim direkten Konkurrenten TV Hüttenberg – und das mitten in der Saison.

Adalsteinn Eyjólfsson: Die Seele ist intakt

„Die Seele der Mannschaft ist immer noch intakt“, sagte Eyjólfsson nach dem ersten Kennenlernen. In der Kürze der Zeit gelang es dann aber auch ihm nicht, die Erlanger wieder sichtbar in die Spur zu bringen. Sein Debüt ging mit dem 23:26 bei der HSG Wetzlar daneben, auch im Heimspiel gegen Aufsteiger TuS N-Lübbecke blieben die Franken beim 22:22 klar hinter den eigenen Erwartungen. Nach der ernüchternden Partie brachte der Isländer auf den Punkt, was den HC wohl noch eine Weile begleiten wird: „Es wird keiner einen Zauberstab in die Hand nehmen und alles wird gut.  Es ist ein täglicher Prozess, den die Mannschaft jetzt durchstehen muss.“ Zuletzt gab es dann tatsächlich das erste kleine Erfolgserlebnis: das bereits erwähnte 23:23 gegen Melsungen.

Der direkte Vergleich spricht derweil klar für die Löwen: Von fünf Partien gewannen die Gelben vier. Die einzige Niederlage datiert auf den 9. Dezember 2014. Damals setzte sich der HCE als frisch gebackener Bundesliga-Aufsteiger mit 27:25 durch. Zuhause fuhren die Löwen zwei Siege ein, der letzte davon fiel allerdings äußerst knapp aus. Am 17. Dezember 2016, vor fast genau einem Jahr, zitterten sich die Löwen zu einem 29:27. Personell bleibt aus Sicht des Deutschen Meisters alles beim Alten, bis auf Kristian Bliznac (Vaterfreuden) ist der Kader soweit komplett und zumindest personell spricht nichts dagegen, dass die Löwen am Kindertag in der SAP Arena ihren großen und kleinen Fans eine Freude bereiten – mit zwei Punkten in der Löwen-Höhle.