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Befreit ins badisch-schwäbische Derby

Löwen empfangen am Donnerstag um 19 Uhr den TVB Stuttgart

Ungewohnte Heimatgefühle bei den Rhein-Neckar Löwen: Zum zweiten Mal in einer Woche darf der Deutsche Meister zuhause in der SAP Arena antreten. Da kommt nach den vielen Wochen der Auswärtsfahrten eine Extraportion Vorfreude auf. So auch beim Sportlichen Leiter Oliver Roggisch, der sich im badisch-schwäbischen Derby gegen den TVB Stuttgart auf eine ähnlich tolle Stimmung wie beim Spiel am Sonntag gegen Erlangen freut. Karten für die Partie am Donnerstag, 7. November, um 19 Uhr gibt es im Vorverkauf, unter anderem online sowie an der Abendkasse.

Löwen-Kapitän Andy Schmid schaut dem Duell zwischen dem Tabellenvierten und dem Tabellenvierzehnten, einem Nachholtermin des zweiten Spieltags, gelassen entgegen. „Ich denke, dass wir nach dem Sieg gegen Erlangen befreiter in die nächsten Spiele gehen können, dass uns vor allem die letzten 40 starken Minuten ein gutes Gefühl geben“, sagte der Schweizer nach dem 33:22 -Erfolg. Sein Trainer Nikolaj Jacobsen erwartet von seinen Jungs gegen Stuttgart die nötige Grundaggressivität und die richtige Einstellung: „Ansonsten darf es gerne so laufen wie gegen Erlangen.“

Schwäbische Verletzungssorgen

Die Stuttgarter kommen derweil mit großen Verletzungssorgen nach Mannheim: Ausgerechnet die beiden Haudegen Jogi Bitter (Oberschenkelverletzung) und Mimi Kraus (Wade), ihres Zeichens Weltmeister von 2007, fehlten in den vergangenen Wochen und werden wohl auch für das Duell mit den Löwen nicht fit werden. Im jüngsten Auswärtsspiel bei der HSG Wetzlar knickte dann auch noch Max Häfner, jüngerer Bruder von Europameister Kai, um. Positiv aus Sicht des TVB: Felix Lobedank und Tobias Schimmelbauer feierten ihr Comeback. „Ich will nicht jede Woche über irgendwelche Verletzten reden“, sagte Trainer Markus Baur zur Personalmisere der Schwaben.

Baur selbst könnte man als „Star“ der Mannschaft bezeichnen. Der gebürtige Meersburger (Bodenseekreis) erklomm vor etwas mehr als zehn Jahren gemeinsam mit Bitter und Kraus den höchsten Handball-Thron. Seitdem hat er sich auch als Trainer einen Namen gemacht, in der Bundesliga ist er über Lemgo und N-Lübbecke 2016 nach Stuttgart gekommen. Den ehemaligen Weltklasse-Mittelmann zeichnen hohes taktisches Verständnis und ein gutes Verhältnis zur Mannschaft aus. Dass es in diesem Jahr nicht sonderlich läuft, der TVB mit 9:21-Punkten nur noch drei Zähler vor den Abstiegsrängen liegt, dürfte dem ehrgeizigen Baur gar nicht schmecken.

„Nach dem Klassenerhalt am letzten Spieltag der vergangenen Saison wollen wir in der neuen Runde den Verbleib in der 1. Liga so früh wie möglich klarmachen“, gab TVB-Geschäftsführer Jürgen Schweikardt vor der Saison die Zielsetzung aus. Nun, nach vier Niederlagen am Stück, rückt dieses Ziel in einige Ferne. Dabei hatten sich die Schwaben vor der Saison eigentlich sehr gut aufgestellt, vor allem in die Breite des Kaders investiert. Mit Manuel Späth wurde beispielsweise ein Bundesliga-Dauerbrenner von Göppingen nach Stuttgart gelotst. Der Ex-Nationalspieler soll die Abwehr weiter stabilisieren, am Kreis agieren und wurde auch wegen seiner Persönlichkeit vom schwäbischen Rivalen geholt.

„Wild Boys“ setzen unter anderem auf Kurpfälzer

Ansonsten bauen die „Wild Boys“ vor allem auf den Nachwuchs und wollen hier ihrem Namen alle Ehre machen. Die Neuzugänge Jonas Maier (23), Stefan Salger (21), Max Häfner (21), Samuel Röthlisberger (21), Nick Lehmann (18), Florian Burmeister (20) und Sascha Pfattheicher (20/Zweitspielrecht, SG Leutershausen) senken den Altersdurchschnitt deutlich. Auffällig ist dabei, dass gleich drei „junge Wilde“ auf eine Vergangenheit in der Kurpfalz zurückblicken können. So wurde etwa der Schwetzinger Jonas Maier im Unterbau der Rhein-Neckar Löwen zum Junioren-Nationalspieler, bevor er zu den Kadetten Schaffhausen in die Schweiz wechselte.

Ebenfalls im Löwen-Internat wurde Stuttgarts Rückraumspieler Stefan Salger ausgebildet, der 2014 vom Landesligisten TV Immenstadt nach Kronau/Östringen wechselte. In der Saison 2015/16 machte Salger den nächsten Schritt zum Drittligisten SG Leutershausen, stieg mit den Roten Teufeln auf, und in Liga zwei wurde dann auch der TVB auf den 2,07-Meter-Riesen aufmerksam. Momentan bekommt Salger aufgrund der jüngsten Verletzungen von Felix Lobedank und Djibril M’Bengue jede Menge Einsatzzeit. Der Dritte im Kurpfälzer Bunde ist Rechtsaußen Sascha Pfattheicher, der mit einem Zweitspielrecht ausgestattet aber vor allem für die SG Leutershausen in der Dritten Liga am Ball ist.

So oder so hätte man meinen sollen, dass im Kader genug Qualität steckt, um das Ziel einer relativ sorgenfreien Saison zu verwirklichen. Stattdessen kommen die Stuttgarter mit echten Abstiegssorgen und im Angesicht einer ausgewachsenen Ergebnis-Krise nach Mannheim – inklusive Heimniederlage gegen das ehemalige Schlusslicht N-Lübbecke vor einer Woche. Oli Roggisch will sich von solchen Umständen nicht blenden lassen: „Durch den Ausfall von Bitter und Kraus ist die Favoritenrolle noch klarer verteilt, aber gerade dann hat der Gegner auch nichts zu verlieren, kann ein hohes Risiko fahren“, sagt der Sportliche Leiter der Löwen und denkt dabei insbesondere an das Spiel Sieben gegen Sechs, für das TVB-Coach Baur bekannt ist.

Ausfall Groetzkis droht

Roggischs Schluss aus dieser Konstellation lautet, sich vor allem auf das eigene Spiel zu konzentrieren und an die starken letzten 40 Minuten aus dem Spiel gegen Erlangen anzuknüpfen. „Wenn wir das schaffen, sind wir von jeder Mannschaft in der Bundesliga schwer zu schlagen.“ Die Analyse der ersten 20 schwachen Minuten sei nicht sonderlich schwergefallen: „Da waren wir in der 6:0-Abwehr nicht aggressiv genug. Vorne haben wir zwar genügend Torchancen herausgespielt, diese aber nicht ausreichend genutzt.“

Personell sieht die Lage so aus, dass Kristian Bliznac wahrscheinlich wieder in den Kader zurückkehren wird. Patrick Groetzki laboriert an einer Muskelverhärtung im Oberschenkel, hinter ihm steht laut Oli Roggisch „ein kleines Fragezeichen“. Der Rest ist fit und hofft auf eine ähnlich tolle Stimmung wie beim Heimspiel gegen Erlangen: „Da haben die Fans in der schweren Phase am Anfang Fingerspitzengefühl bewiesen und uns toll unterstützt. Das wünschen wir uns wieder gegen Stuttgart.“