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Oli Roggisch setzt bei EM auf Einsatz und Kampfgeist

Vorfreude beim Teammanager der „Bad Boys“

Rund eine Woche bevor die selbst ernannten Bad Boys (Böse Jungs, Anm. d. Red.) in die Europameisterschaft in Kroatien starten sollten, hat der Bundestrainer der deutschen Handball-Nationalmannschaft für ordentlich Gesprächsstoff gesorgt. Für seinen ersten großen Auftritt in sportlich verantwortlicher Position hat der junge Christian Prokop einen Kader nominiert, den so wahrlich nicht jeder erwartet hatte. Und so werden viele kritische Augen auf das erste Turnierspiel am Samstag, 13. Januar, um 17.15 Uhr gegen Montenegro gerichtet sein. Das ZDF überträgt live.

Aus Sicht der Rhein-Neckar Löwen erfreulich: Mit Hendrik Pekeler und Patrick Groetzki haben es jene beiden Vertreter des Deutschen Meisters in den Kader geschafft, die von Beginn an zum Kreis der engeren Kandidaten gehört haben. Die Nominierung wirkt noch einmal bedeutsamer, wenn man sich anschaut, wer es nicht geschafft hat: Finn Lemke, 2016 beim EM-Triumph noch überragender Abwehr-Chef, steht genauso wenig im 16-Mann-Kader wie Rune Dahmke und Fabian Wiede. Zudem wurde quasi auf den letzten Drücker Marian Michalczik gestrichen.

Unkonventionelle Kader-Planung

Die durchaus unkonventionelle Kader-Planung von Christian Prokop ist bereits auf einige Kritik gestoßen, unter anderem beim ehemaligen Weltklasse-Spieler und heutigen Experten Daniel Stephan. Wer auch immer am Ende auf der Platte steht, klar ist: Deutschland geht als einer von vielen Favoriten in das Turnier, das am Freitag, 12. Januar, um 18.15 Uhr mit den Partien Schweden gegen Island (Gruppe A) und Weißrussland gegen Österreich (Gruppe B) eröffnet wird.

Dass es eine Handvoll Anwärter auf den europäischen Handballthron gibt, sieht auch Oliver Roggisch so. Der Sportliche Leiter der Rhein-Neckar Löwen ist bei der EM als Teammanager des DHB dabei, kennt als solcher die Konkurrenz natürlich sehr genau und schaut zunächst auf die durchaus brisante erste Gruppenphase: „Bei der Europameisterschaft ist es ein bisschen wie mit der Bundesliga: Andere Nationen beziehungsweise andere Teams holen unfassbar auf, leichte Spiele gibt es keine mehr. Dazu kommt, dass wir in der „Balkan-Gruppe“ mit Montenegro, Mazedonien und Slowenien spielen und davon ausgehen müssen, dass wir da jedes Mal ein Auswärtsspiel haben werden.“

Bange ist dem einstigen Abwehr-Chef deswegen aber nicht. „Die Mannschaft hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie mit einer solchen Konstellation sehr gut umgehen kann und das eher als Motivation begriffen hat.“ So oder so müsse man sich in Gruppe C auf drei spielstarke Teams einstellen, die versuchen werden, über Emotionen zu kommen. „Deshalb muss uns klar sein, dass wir nicht nur das Spielerische, sondern auch den nötigen Einsatz und Kampfgeist brauchen, um bestehen zu können.“

„Jede Partie gleich ernstnehmen“

Roggisch ist sich in diesem Zusammenhang auch nicht zu schade, die gute alte Floskel vom Von-Spiel-zu-Spiel-Schauen zu bemühen. „Das mag zwar abgedroschen klingen und natürlich haben wir das große Ziel, den Titel zu verteidigen. Aber gerade bei einer EM ist es unheimlich wichtig, jede Partie gleich ernstzunehmen – sonst kann man auch jedes Spiel verlieren.“ Dazu passt, dass der Kreis der Favoriten im Vergleich zu vergangenen Turnieren noch einmal gewachsen ist und neben den üblichen Verdächtigen wie Spanien, Dänemark und Frankreich noch die „Shooting Stars“ aus Norwegen und Balkan-Länder wie Serbien und Slowenien umfasst. „Nicht zu vergessen Kroatien, die als Gastgeber gefeiert werden ohne Ende und daraus sehr viel Energie ziehen werden“, ergänzt „The Rogg“.

Bei all der Belastung rund um die Vereinsmannschaften glaubt der einstige „Muster-Bad-Boy“, dass die Spieler voller Tatendrang in das Turnier starten werden. „Ich jedenfalls freue mich riesig“, sagt Roggisch. Die Gefahr, dass vor allem immer mehr Top-Spieler den Nationalmannschaften den Rücken kehren, weil sie allein mit den Aufgaben im Verein an den Rand der Belastungsgrenze und darüber hinaus getrieben werden, sieht er aber schon. „Es wird von Jahr zu Jahr mehr. Man muss höllisch aufpassen, dass es nicht irgendwann eine Europameisterschaft ohne Superstars gibt.“