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„Wir müssen voll da sein“

Rhein-Neckar Löwen am Sonntag um 12.30 Uhr bei TuS N-Lübbecke

Zeit zum Feiern gibt es für die Spieler der Rhein-Neckar Löwen nicht. Nach dem überzeugenden 36:26 (22:11) gegen den VfL Gummersbach am Donnerstagabend in der SAP Arena und dem Ausbau der Tabellenführung in der DKB Handball-Bundesliga auf vier Minuspunkte ging es für den Tross des Deutschen Meisters am Freitagmorgen zum Krafttraining und zur aktiven Regeneration. Schon am Samstagmittag steigen Trainer Nikolaj Jacobsen und seine Männer wieder in den Bus. Das Reiseziel: die rund fünf Autostunden entfernte Merkur Arena in Lübbecke.

Am Sonntag um 12.30 Uhr steht das nächste Liga-Spiel für die Löwen an. TuS N-Lübbecke heißt der Gegner, auf dem Papier der klare Außenseiter. Mit gerade einmal drei Siegen in 24 Spielen steckt die Truppe aus Ostwestfalen-Lippe tief im Abstiegskampf. Nach dem eindrucksvollen Aufstieg, den man Ende April 2017 fünf Spieltage vor Saisonschluss begießen konnte, erwischte die Truppe von Aaron Ziercke in Liga eins mit sieben Niederlagen in Folge einen Horrorstart. Die Nerven verlor man deswegen nicht. Ziercke, der zurecht auf das harte Programm mit gleich fünf Spielen gegen Top-Teams verwies, blieb im Amt – und riss das Ruder dann langsam, aber sicher herum.

Mittendrin im Abstiegskampf

Anfang Oktober in Leipzig krallten sich die Lübbecker ihren ersten Bundesliga-Punkt, zwei Spiele später in Ludwigshafen den zweiten. Ende November dann feierte man mit dem 29:28 zuhause gegen Stuttgart auch den ersten Liga-Sieg seit der Abstiegssaison 2015/16. Zwar gelang es dem Team in der Folgezeit, sich Schritt für Schritt zu stabilisieren. Der große Befreiungsschlag blieb aber aus. Unter anderem gingen die Duelle mit direkten Abstiegskonkurrenten wie Gummersbach und Hüttenberg verloren. Vor dem 26. Spieltag steht der Traditionsklub, der unter anderem 1981 den DHB-Pokal gewann, auf Platz 16. Der erste Abstiegsplatz mit dem TV Hüttenberg ist gerade einmal zwei Punkte entfernt.

Aus Löwen-Sicht heißt es also, sich zum zweiten Mal binnen vier Tagen auf eine Mannschaft einzustellen, die sich zu 100 Prozent reinhauen wird. Dies war auch eines der besten Argumente für ein Festhalten an Aaron Ziercke. Unter dem ehrgeizigen Vollblut-Handballer, der einst für den THW Kiel und die deutsche Nationalmannschaft auf der Königsposition im linken Rückraum spielte, gibt der TuS zumindest kämpferisch fast immer ein gutes Bild ab. So zeigte man sich auch jüngst beim Spitzenteam aus Hannover lange Zeit ebenbürtig, musste am Ende knapp mit 26:28 die Segel streichen. Gleich zum Auftakt ins Spieljahr 2018 Anfang Februar hatte man sich zudem zwei „Big Points“ im Abstiegskampf zuhause gegen den TVB Stuttgart gesichert (24:21). Dass die Westfalen in den vier Spielen danach bis heute nur noch einen weiteren Punkt einheimsen konnten (26:26 gegen Hüttenberg), lässt sie nach wie vor um den Klassenerhalt bangen.

Roggisch erwartet „hitzige Atmosphäre“

Auch wenn die Lübbecker mit ihrer Bilanz weder Angst noch Schrecken verbreiten. Oliver Roggisch, Sportlicher Leiter der Rhein-Neckar Löwen, dachte schon während der Pressekonferenz nach dem Gummersbach-Sieg an die durchaus knifflige Aufgabe. „In Lübbecke erwartet uns ein ganz anderes Spiel mit einer hitzigen Atmosphäre. Da müssen wir voll da sein.“ Während sich die Jungs von Aaron Ziercke seit vergangenem Sonntag auf den Tabellenführer einstellen konnten, müssen die Löwen in Sachen Spielvorbereitung einmal mehr improvisieren. In einer letzten Trainingseinheit am Samstagmorgen will man sich noch einmal eingehender mit dem Gegner befassen und dann den richtigen Rhythmus finden, um zur ungewohnten Spielzeit am Sonntagmittag in der Merkur Arena auf den Punkt fit zu sein.

Dabei hofft Oliver Roggisch auch auf die Rückkehr von Spielmacher Andy Schmid, der gegen Gummersbach mit Wadenproblemen 60 Minuten auf der Bank saß. Das sei nichts Schlimmes, beschwichtigte Trainer Nikolaj Jacobsen am Donnerstagabend in der SAP Arena. „Wenn es hätte sein müssen, hätte er auch spielen können.“ Auch Roggisch hofft, Schmid schon am Sonntag in Lübbecke wieder auf der Platte zu sehen. Bis dahin dürfte sich auch Patrick Groetzki von seiner Erkrankung erholt haben. Definitiv verzichten müssen die Löwen auf das „Reha-Trio“ Guardiola, Rnic und Trost sowie den weiter mit einem Muskelfaserriss in der Wade ausfallenden Kristian Bliznac.

Extralob für Mads Mensah

Was die Herren Jacobsen und Roggisch generell zuversichtlich macht: Egal wen sie derzeit auf die Platte schicken, er bringt seine Leistung. Das Team funktioniert, jeder kann sich auf jeden verlassen – und so können die Löwen derzeit auch personelle Engpässe scheinbar problemlos überstehen. Unter anderem zeigt sich Mads Mensah seit Wochen in bärenstarker Form und holte sich dafür ein verdientes Extralob von Oliver Roggisch nach dem Gummersbach-Spiel ab. Auch Bogdan Radivojevic stellte zuletzt bis auf die unglückliche Partie gegen Nantes seine Extraklasse unter Beweis, genauso wie Filip Taleski und Rafael Baena.

Über die konstant starken Torhüter-Leistungen von Mikael Appelgren und Andreas Palicka muss man fast schon kein Wort mehr verlieren, so lange schon bilden sie den verlässlichen Rückhalt der Löwen-Truppe. Und dass Kim Ekdahl Du Rietz nach seinem Comeback aufdreht, als habe er die letzten Monate auf nichts anderes hingearbeitet, erklärt, warum die Löwen in der DKB Handball-Bundesliga aktuell denselben Platz einnehmen wie am Ende der beiden jüngsten Spielzeiten, als man jeweils Meister wurde.

„Gegen die stärkste deutsche Mannschaft muss es unsere vorrangige Aufgabe sein, uns als möglichst unangenehmer Gegner zu präsentieren“, wird TuS-Trainer Ziercke auf der Vereinshomepage zitiert. Verzichten müssen die Lübbecker dabei auf Tim Remer und Kenji Hövels. Zu den herausragenden Figuren einer insgesamt sehr ausgewogen besetzten Mannschaft gehören Rückraum-Hüne Marko Bagaric, Kreis-Wühler Nils Torbrügge und der spielstarke Rückraum-Rechte Pontus Zetterman. Das Hinspiel Ende September gewannen die Löwen mit 36:27. Zur Halbzeit hatte es noch 19:17 gestanden, erst in den letzten 20 Minuten verloren die mutig auftretenden Westfalen den Anschluss. Zetterman traf damals sechs-, Bagaric sogar achtmal.

Die Partie wird am Sonntag live auf Sky Sport 8 übertragen.