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Die offenen Worte des Andreas Palicka

Torwart der Rhein-Neckar Löwen entschuldigt sich bei Fans für „Katastrophe“ gegen Vardar – und wünscht sich mehr solcher Spiele wie am Samstag gegen den BHC

Andreas Palicka gegen Schweden-Kollege Max Darj.Andreas Palicka hatte Redebedarf. Nach dem 26:20 (15:9) am Samstagabend gegen den Bergischen HC wollte der Torwart der Rhein-Neckar Löwen aber nicht über den doppelten Punktgewinn im ersten Bundesliga-Spiel des Jahres 2019 sprechen. Und schon gar nicht über seine Glanzleistung, die 17 Paraden und die knapp 46-prozentige Fangquote, mit der er den Grundstein gelegt hatte für den Löwen-Sieg. „Ich muss erst einmal über das Spiel gegen Vardar reden“, sagte Schwedens Nationaltorwart – und richtete dann das Wort an die Anhänger der Löwen.

„Was wir da gespielt haben, dafür kann ich mich nur entschuldigen bei unseren Fans“, sagte „Palle“ mit Blick auf den Mittwoch, als er und seine Mitstreiter teils unterirdischen Handball praktiziert hatten. „Das war eine Katastrophe, was wir da als Mannschaft abgeliefert haben. Das sah wirklich übel aus“, schob der immer ehrliche, immer offene Sportsmann hinterher. Dabei hatte sich Andreas Palicka wohl auch an seine Worte nach dem spektakulären 37:27 über den amtierenden Champions-League-Sieger Montpellier HB Anfang November erinnert. Damals hatte er jene Fans, die noch nicht zu einem Heimspiel der Badener in die SAP Arena gekommen waren, herzlich eingeladen, sich Karten zu besorgen. „Es lohnt sich“, hatte der Schwede gesagt.

„Die haben uns einfach nicht ins Spiel gelassen“

Gudjon Valur Sigurdsson herzt den Sieggaranten.Entsprechend offensichtlich war es „Palle“ nun unangenehm bis peinlich, was die Löwen vor ihren Zuschauern gegen Skopje dargeboten haben. Ein Spiel ohne Leidenschaft, ohne Power. „Wir haben uns richtig geärgert über diese Leistung. Ehrlich gesagt ärgere ich mich noch immer. Als Sportler kann man sich für so etwas nur schämen“, sagte der 32-Jährige. Dabei habe das nichts mit Arroganz oder Ähnlichem zu tun gehabt: „Wir haben uns lange nicht gesehen und waren wohl geschockt, dass Vardar so konzentriert zu Werke geht. Die haben uns einfach nicht ins Spiel hineingelassen.“ Die Reaktion gegen den Bergischen HC drei Tage später – sie war genau das, was sich der ehrgeizige Profi von sich und seinen Kollegen erwartet hatte.

„Heute haben wir wieder so gespielt, wie wir das müssen. Mit einem riesengroßen Löwenherz“, resümierte Andreas Palicka nach den 60 Minuten gegen den BHC, an deren Ende die Löwen die Punktebilanz in der Liga auf 33:7 geschraubt und sich weiter unter den Top 3 behauptet hatten. Noch wichtiger dürfte Palle gewesen sein: Die mehr als 9000 Zuschauer in der SAP Arena hatten eine leidenschaftlich kämpfende Löwen-Mannschaft gesehen. Und damit das andere, das eigentlich wahre Gesicht der Badener. Wohl wird auch deswegen der Schock bei Andreas Palicka so tief gesessen haben nach dem Vardar-K.o.: Er kennt von sich und seinen Kameraden aus den vergangenen Jahren nur 100 Prozent Einstellung, Hingabe, Kampfgeist.

Palicka ist da, als der Rest der Mannschaft wackelt

Auch die Abwehr um Ilija Abutovic stand gut.So geht es übrigens auch seinem Trainer. Nikolaj Jacobsen rätselt immer wieder, warum seine Jungs teilweise komplett den Faden verlieren. Auch gegen den BHC reichte es nur für 45 Minuten Konzentration. Die Viertelstunde nach der Pause hätte die Löwen den Sieg kosten können. Dass dies nicht so kam, lag auch an Andreas Palicka. Hinter einer überragenden Abwehr mit einem Super-Innenblock aus Ilija Abutovic und Gedeón Guardiola hielt der schwedische Vize-Europameister, was er halten konnte. Und ein bisschen mehr. Dass er darüber gar nicht sprach, spricht für ihn als Teamplayer und bescheidenen Sportsmann, der immer alles für die Mannschaft gibt und nie zurücksteckt.

Seine Vorderleute lobte er hingegen in den höchsten Tönen: „Wir haben 60 Minuten mit Herz gespielt, die Abwehr war mega-gut, das hat mir sehr geholfen. Dadurch haben wir in der ersten Halbzeit viele einfache Tore schießen können.“ Mit Blick auf die restliche Bundesliga-Saison und neun Auswärtsspiele bei fünf Heimpartien fand Palle dieselben offenen Worte: „Was soll ich dazu sagen, unser Programm sieht besch… aus.“ Die Löwen müssen in den kommenden Wochen und Monaten unter anderem noch nach Lemgo, Magdeburg, Melsungen, Berlin. Palickas Schluss daraus: „Ab jetzt schauen wir von Spiel von Spiel. Wichtig ist nicht, was andere von uns erwarten, sondern dass wir mit Herz auf der Platte stehen und 60 Minuten kämpfen.“

Klar ist: Geht es nach Andreas Palicka, werden die Rhein-Neckar Löwen in dieser Saison keinen so schwarzen Tag mehr erwischen wie am Mittwoch. Stattdessen wollen sie ihre Fans wieder mitnehmen, begeistern, mit Siegen verwöhnen. Am Donnerstag in Minden besteht die nächste Chance.