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Abschalten beim Angeln auf Island

Trotzdem blickt Coach Guðmundsson schon mal auf die nächsten „Handballwochen“ voraus

Löwen-Trainer Guðmundur Guðmundsson verbringt diese Tage in der isländischen Heimat. Eine lange, eine kräftezehrende Saison liegt hinter ihm. Nach dem Tanz auf drei Hochzeiten mit den Rhein-Neckar Löwen führte der 50-Jährige die Nationalmannschaft Islands zur Europameisterschaft nach Serbien, die im nächsten Januar ausgetragen wird. Am 18. Juli startet Guðmundsson mit seinen Löwen wieder in die Vorbereitung. Die Saison 2011/12 beginnt Anfang September. Dann werden die Badener auch um die Wildcard für die europäische Königsklasse kämpfen. Guðmundur blickte für uns schon mal auf die nächsten Wochen aus.

Guðmundur, wenige Tage sind seit der Qualifikation Islands für die Europameisterschaft 2012 in Serbien vergangen. Sie endete triumphal, mit einem 44:29 gegen Österreich hat sich Island den zweiten Platz in der Gruppe hinter Deutschland gesichert. Das bescherte euch bei der Auslosung Kroatien, Slowenien und Norwegen als Vorrundengegner. Wie lautet Dein Fazit?

Zunächst einmal muss ich im Rückblick noch einmal ein Riesenkompliment an meine Mannschaft aussprechen.  Das war wirklich eine bärenstarke Teamleistung, wir haben über 60 Minuten sehr guten Handball gezeigt, Österreich hatte zu keinem Zeitpunkt eine Chance. Nun sehen wir in unserer EM-Gruppe D, in der es wirklich keine Außenseiter auszumachen gibt, großen Aufgaben entgegen. Das wird ein langer und sehr schwieriger Weg Richtung Halbfinale, schließlich steht uns mit den Teams aus der Todesgruppe C – dort sind unter anderem Frankreich und Spanien am Start – eine hammermäßige Hauptrunde bevor.

Vor der EM warten aber ganz andere Aufgaben auf Dich. Am 18. Juli startest Du mit den Rhein-Neckar Löwen in die Vorbereitung auf die Saison 2011/12.  Dabei werdet ihr Großteile dieses Programms in der Region absolvieren.

Das ist richtig. Nach den üblichen Tests zu Beginn geht’s ab dem 21. Juli ins Trainingslager in den Schwarzwald. Auf dem Schliffkopf werden die ersten Grundlagen gelegt. Am 31. Juli wollen wir uns dann unseren Fans präsentieren. An diesem Sonntag treffen wir um 18 Uhr in der Mannheimer MWS-Halle auf den Bundesliga-Konkurrenten HSG Wetzlar. Im August stehen dann drei Turniere auf dem Programm. Zunächst sind wir beim Intersport Masters in Sindelfingen, dann beim Heide-Cup in Schneverdingen und Lüneburg dabei. Zuletzt nehmen wir am Euro Tournoi in Straßburg teil. Dazwischen liegen weitere Vorbereitungsspiele in Dirmstein (4. August), Hermeskeil (10. August) und Großsachsen (17. August).

Sławomir Szmal, Grzegorz Tkaczyk, Guðjon Valur Sigurðsson und Ólafur Stefánsson haben zum Ende der zurückliegenden Spielzeit die Löwen verlassen. Dafür werden Goran Stojanović beziehungsweise Tomas Svensson, Niklas Ruß und Krzysztof Lijewski in den neuen Kader rücken.

Torhüter Goran Stojanović kommt vom VfL Gummersbach, er hat die letzten Jahre sehr gute Leistungen zwischen den Pfosten gezeigt, ist aktuell aber leider noch verletzt. Nach einer Bandscheiben-Operation wird es wohl noch einige Wochen dauern, bis er bei uns auflaufen kann. Deshalb haben wir mit Tomas Svensson einen Routinier verpflichtet, der nicht nur diese Lücke schließen soll, bis Goran wieder fit ist, sondern auch als Torwart-Trainer fungieren wird. Tomas Svensson ist ein hoch dekorierter, sehr erfahrener Keeper, der auf eine sehr erfolgreiche Karriere blickt und uns mit all seiner Routine und seiner Art weiterhelfen wird. Linksaußen Niklas Ruß ist ein junger, talentierter Bursche, der aber noch viel Spielpraxis braucht. Deshalb haben wir ihn bei der SG Leutershausen auch mit einem Zweitspielrecht ausgestattet. Was der Halbrechte Krzysztof Lijewski drauf hat, muss ich hier nicht groß beschreiben. Er wurde Meister mit dem HSV Hamburg und zeigte sich nach seiner Schulteroperation auf einem sehr guten Weg. Ich denke, er wird mit seinem Freund und dem Halblinken Karol Bielecki im Rückraum sehr gut harmonieren.

Damit stehen Dir im Rückraum Karol Bielecki und Žarko Šešum, Børge Lund und Andy Schmid sowie Krzysztof Lijewski und Michael Müller zur Verfügung.

Dabei kann Žarko Šešum natürlich auch auf der Mitte spielen, das hat er in der abgelaufenen Runde mehrfach sehr eindrucksvoll bewiesen. Allerdings habe ich für die  Spielmacherposition vor allem zwei Hoffnungen:  Dass Børge Lund weitestgehend von Verletzungen verschont bleibt und Andy Schmid sich in seinem zweiten Jahr in der Bundesliga vollständig freischwimmt. Auf der rechten Seite baue ich auch auf einen Zweikampf um die Spielanteile zwischen Lijewski und Müller. Beide waren nach Verletzungen zuletzt nicht bei 100 Prozent, wir dürfen uns darauf freuen, wenn es soweit ist.

Nach der Entscheidung der Europäische Handball Föderation (EHF) vom Wochenende dürfen die Löwen erneut um eine Wildcard für die VELUX EHF Champions League kämpfen. Anfang September heißen die Gegner  beim Qualifikationsturnier BM Valladolid, KS Kielce und Dunkerque HB. Von diesem illustren Kreis waren nur die Franzosen in der letztjährigen Gruppenphase nicht dabei…

Sicherlich werden wir alles daran setzen, um erneut in der Champions League zu starten. Aber keine Frage, diese Quali hat es in sich. Es wird eine ganz knifflige Aufgabe, sich erneut für die europäische Königsklasse zu qualifizieren.

Noch bleiben aber einige Wochen Zeit, um sich etwas von einer kräftezehrenden Saison zu erholen, kannst Du überhaupt vom Handball abschalten?

Ehrlich gesagt, gelingt mir das normalerweise kaum. Immer drehen sich meine Gedanken irgendwie um Handball. Obwohl es mir hier in meiner Heimat Island mit meiner Familie ganz gut gelingt, etwas zu entspannen. Wenn ich dann noch zum Angeln gehen kann, werden die Gedanken richtig frei.