Veröffentlichung:

„Wir haben es geschafft, Kampf, Leidenschaft und Herz zu zeigen“

Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson über den Saisonstart mit fünf Siegen aus fünf Spielen, die neue Rolle seines Teams in der Liga und die Stärken seiner Mannschaft. „Wir sind noch längst nicht am Limit“, ist der Isländer vor dem Heimspiel-Doppelpack gegen den TBV Lemgo (Samstag, 6. Oktober/15 Uhr) und die SG Flensburg-Handewitt (Dienstag, 9. Oktober/20.15 Uhr) überzeugt. Am Samstag öffnet die Halle um 14 Uhr, es sind noch Karten an der Tageskasse erhältlich.

Gudmundur, eine dreiwöchige Pause liegt hinter den Löwen. Wie oft hast Du zuletzt auf die Tabelle geschaut?

GUDMUNDUR GUDMUNDSSON (lacht): Nicht so oft, wir haben ja erst fünf von 34 Spielen bestritten. Die Bundesliga-Saison ist wie ein langer Marathon – und wir haben jetzt die ersten Kilometer geschafft, sind aber noch lange nicht im Ziel. Natürlich habe ich mich gefreut, wenn ich doch mal auf die Tabelle geschaut und uns bei 10:0 Punkten gesehen habe. Aber gleichzeitig habe ich daran gedacht, dass wir uns noch in allen Bereichen verbessern können. Und eines wissen wir doch alle: So früh in der Saison hat die Tabelle keine richtige Aussagekraft. Auf uns warten noch einige harte Prüfungen.

 Warum bist Du so bescheiden?

GUDMUNDSSON: Es war schon immer mein Credo, dass die Mannschaft auf dem Spielfeld zeigen soll, was in ihr steckt. Jetzt haben wir zwar einen guten Start hingelegt, aber nun wollen wir den nächsten Schritt machen und unsere zuvor gezeigten Leistungen über einen längeren Zeitraum bestätigen. Es gibt daher überhaupt keinen Grund, plötzlich öffentlich irgendwelche Ziele zu formulieren. Wir haben vor der Saison nicht angekündigt, wie gut wir sind und was wir erreichen wollen – und werden das auch weiterhin nicht tun. Wir sind bescheiden. Und ich werde darauf achten, dass das auch so bleibt.

 War mit diesem Start zu rechnen?

 GUDMUNDSSON: Nein, absolut nicht. Die Saisonvorbereitung mit dem kompletten Kader war nur sehr kurz, weil Zarko Sesum, Gedeón Guardiola, Alexander Petersson, Niklas Landin-Jacobsen, Kim Ekdahl du Rietz und ich bei den Olympischen Spielen waren. Dazu haben wir einen großen Umbruch vollzogen: Viele neue Spieler müssen eingebaut werden. In der Kürze der Zeit war das praktisch unmöglich, aber wir haben das Beste daraus gemacht und alle fünf Spiele gewonnen. Das durfte von uns nicht erwartet werden, vor allem mit Blick auf das hammerschwere Startprogramm mit zwei Auswärtspartien in Göppingen und Melsungen an den ersten beiden Spieltagen.

Was zeichnet Deine Mannschaft aus?

GUDMUNDSSON: Dass wir so gut aus den Startlöchern gekommen sind, liegt zu einem Großteil an unserem Defensivverhalten. Wir haben Neuzugänge geholt, die sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung agieren können und so unserem Spiel Stabilität verleihen. Entsprechend stark haben wir in den ersten Partien in der Abwehr agiert und hatten zudem mit Goran Stojanovic sowie Niklas Landin-Jacobsen zwei überragende Torhüter zwischen den Pfosten. Insgesamt muss ich aber das ganze Auftreten der Mannschaft loben.

Warum?

GUDMUNDSSON: Wir wollten keine Experimente wagen, sondern einfachen Handball spielen. Das ist uns gelungen. Und wir haben es geschafft, in jedem Spiel Kampf, Wille, Leidenschaft und Herz zu zeigen. Wir sind als Einheit aufgetreten. Gegen Wetzlar haben wir beispielsweise nicht gut gespielt, aber trotzdem gewonnen. Das spricht für unsere Mannschaft, sie nahm in dieser Begegnung den Kampf an. Das wollen wir auch weiterhin tun. Und wenn uns das gelingt, werden wir auch weitere enge Spiele gewinnen.

Die Spieler loben die gute Stimmung im Team. Warum haben die Jungs so viel Spaß?

GUDMUNDSSON: Dafür gibt es mehrere Gründe. Natürlich hilft der Erfolg. Aber wir haben auch bei den Transfers genau hingeschaut und trotz des reduzierten Etats die richtigen Typen geholt. Bei den Neuzugängen haben wir darauf geachtet, dass sie einen guten Charakter haben. Diese Mannschaft ist einfach eine gute Mischung aus aufstrebenden Talenten und etablierten Profis. Die Chemie stimmt. Zudem tut unsere bewusste Zurückhaltung in der Öffentlichkeit dem ganzen Klub gut. Wir können in Ruhe arbeiten, marschieren geschlossen in eine Richtung und formulieren unsere Ziele intern. Diesen Kurs tragen alle mit. Mannschaft, Trainer, Geschäftsführung und Aufsichtsrat ziehen an einem Strang.

Weniger Stars als früher stehen im Kader, dafür mehr Talente. Was ist das Besondere an dieser Aufgabe für Dich als Trainer?

GUDMUNDSSON: Es ist eine wunderbare Herausforderung, mit aufstrebenden Nachwuchskräften wie Kevin Bitz, Marius Steinhauser und Jonas Maier zu arbeiten. Einen jungen Spieler zu entwickeln, ihn Schritt für Schritt an die Bundesliga heranzuführen – das macht mir unheimlich viel Spaß. Ich rede sehr viel mit den jungen Spielern, spreche mit ihnen über unsere Taktik, unsere Philosophie. Ich muss auch mehr erklären als früher, aber die Jungs nehmen das wunderbar an. Sie sind sehr motiviert und das erleichtert mir meine Aufgabe. Ich fahre jeden Tag mit sehr viel Freude ins Training.

Woran machst Du das genau fest?

GUDMUNDSSON: Das, was die Jungs mir in jeder Einheit anbieten, gibt mir ganz einfach ein gutes Gefühl. Diese Mannschaft hat Potenzial, wir sind noch längst nicht am Limit. Aber ein vernünftiger Neuaufbau kann nur gelingen, wenn man Zeit bekommt. Wird uns diese eingeräumt, können wir uns dauerhaft in der Spitzengruppe etablieren.

Die Löwen sind nicht mehr in jedem Spiel zwangsläufig der Favorit. Erleichtert das Deine Arbeit?

GUDMUNDSSON: Auf jeden Fall lastet nicht mehr ein so riesiger Druck auf der Mannschaft. Wir haben eines der jüngsten Teams in der Liga. Das ist eine ganz andere Ausgangssituation als früher, aber gerade das macht die Aufgabe so interessant. Mit unserer neuen Rolle können wir sehr gut leben, sie tut dem ganzen Verein gut.

Wie hast Du die dreiwöchige Spielpause mit der Mannschaft genutzt?

GUDMUNDSSON: Wir haben hart und viel trainiert, dabei an unserer Taktik gefeilt. Ein Hauptaugenmerk lag aber auch darauf, unsere Neuzugänge Matthias Gerlich sowie Gedeón und Isaías Guardiola besser zu integrieren. Wir haben auch zwei Testspiele absolviert, um im Rhythmus zu bleiben. Ich hoffe, wir kommen gut aus der Pause. Ein Trainer ist ja nie ruhig, wenn man wieder anfängt. Wir freuen uns auf jeden Fall alle riesig auf die SAP Arena. Die Mannschaft hat in den ersten beiden Heimspielen die Rückendeckung der Fans gespürt. Die Stimmung ist nicht nur im Verein gut, sondern auch auf den Rängen.

Was erwartet euch gegen den TBV Lemgo? 

GUDMUNDSSON: Das ist ein gefährlicher Gegner, der mit ein wenig Unruhe im Umfeld zu kämpfen hat. Wir wissen, wie schwer die Aufgabe wird. Dazu reicht ein Blick in die vergangene Saison, als wir mit viel Glück einen Punkt in der SAP Arena behalten konnten.

Und dann steht nach dem Duell mit dem TBV auch noch das Kräftemessen mit der SG Flensburg-Handewitt an.

GUDMUNDSSON: Da treffen wir auf eine echte Spitzenmannschaft, die auf allen Positionen hervorragend besetzt ist. In der vergangenen Saison wurde Flensburg verdient Vizemeister. Da kommt ein großes Kaliber auf uns zu.