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„Vom Reden allein gibt es noch keine Punkte“

Löwen-Torwart Goran Stojanovic im Interview

Die Rhein-Neckar Löwen erwarten am Sonntag den SC Magdeburg in der Mannheimer SAP Arena. Anwurf ist um 20.15 Uhr, die Halle öffnet um 18.45 Uhr. Es gibt noch Tickets an der Abendkasse. Vor der Partie gegen den SCM sprachen wir Keeper Goran Stojanovic.

Goran, bei der Europameisterschaft konnte sich keiner der Löwen-Profis über den Titel freuen, du bist dagegen mit der Goldmedaille von den Asienmeisterschaften in Bahrain zurückgekommen, bei denen du die Mannschaft Katars im Tor unterstützt hast. Wie würdest Du diesen Erfolg sportlich einschätzen?

Goran Stojanovic: Zunächst einmal muss man die Bedeutung dieses Titels für dieses kleine Land sehen. Katar hat in seiner Geschichte noch nie eine vergleichbare Meisterschaft gewonnen. Das ist also absolut historisch und ich freue mich unheimlich, Teil dieses Teams zu sein. Auch die Zusammenarbeit mit so einem erfolgreichen Trainer wie Valero Rivera war eine tolle Erfahrung.

Und wie würdest du das sportliche Niveau der Veranstaltung einordnen? Sowohl das Halbfinale gegen den Iran wie auch euer 27:26-Endspielerfolg gegen Ausrichter Bahrain waren ganz enge Spiele…

Stojanovic: Das ist ganz schwer zu beschreiben und nach unseren Kategorien mit Blick auf die deutsche Bundesliga oder die 2. Liga bei uns schwer einzuordnen, weil dort so unterschiedlich gespielt wird und kein einheitlicher Stil auszumachen ist.

Kannst du das näher erläutern?

Stojanovic: Die Mannschaften aus Fernost spielen zum Beispiel ganz anders als die übrigen Teams. Die rennen wie die Hasen, führen ihre Täuschungen mit unheimlicher Geschwindigkeit aus und versuchen, körperliche Defizite durch Tempo auszugleichen. Andere Mannschaften versuchen es dagegen mit sehr unkonventionellen Abwehrsystemen und spielen auch schon einmal Manndeckung über das ganze Feld oder über die gesamte Spielzeit in einem 3:3-System. Die Schwierigkeit ist dann, sich auf solche Taktiken schnell einzustellen.

Wie würdest du die Spielweise Katars charakterisieren?

Stojanovic: Trainer Valero Rivera kommt aus dem Land des amtierenden Weltmeisters Spanien. Da ist es klar, dass die spanische Schule ganz klar im Vordergrund steht. Es wird also sehr europäisch mit Blick auf eine stabile Abwehr gespielt, und diese Umstellung hat sich nun ausgezahlt. Rivera hat sehr viele Dinge geändert und der Mannschaft auch Disziplin beigebracht.

Gab es Mannschaften, die ähnlich gespielt haben?

Stojanovic: Der Iran hat uns im Halbfinale alles abverlangt. Die haben auch sehr diszipliniert und eher europäisch gespielt. Im Finale gegen Bahrain mussten wir dann sogar auf unseren Halblinken verzichten, der sich die Achillessehne angerissen hatte. Bei unserem kleinen Kader war das schon ein Handicap. Aber auch da hat unser Trainer die richtigen Lösungen gefunden.

Wie war die Stimmung in Katar nach dem Titelgewinn? Bist du dort jetzt ein Volksheld?

Stojanovic: Die Stimmung in der Halle und unter unseren Fans war angesichts der historischen Dimension des Titelgewinns natürlich sehr ausgelassen. Aber wie es direkt in Katar war, kann ich gar nicht sagen, da ich mich zwei Stunden nach dem Endspiel schon wieder auf die Heimreise gemacht habe, um so schnell wie möglich wieder bei den Löwen zu sein. Durch die Ansetzung des Turniers hatte ich ja schon die Partie in Flensburg verpasst.

Wie ist dein Eindruck von den Golfstaaten? Für deinen Spieler-Ausweis hast du dich ja sogar in einem traditionellen Thawb samt Turban fotografieren lassen. War das Pflicht?

Stojanovic: Nein, keine Pflicht, aber ich bin immer offen für andere Kulturen und respektiere dann auch die dortigen Gepflogenheiten. Als Gast in einem Land sollte das selbstverständlich sein. Ansonsten war ich sehr positiv überrascht. Ich hatte zwar keine konkreten Vorstellungen, was mich dort erwartet, aber ich hatte es mir schon etwas anders vorgestellt. Gerade auch in Bahrain ging alles sehr offen zu.

Was kannst du zu den Sportstätten am Golf sagen? 2015 soll in Katar schließlich die Handball-WM stattfinden.

Stojanovic: Es fällt natürlich auf, dass dort sehr viel Geld vorhanden ist und dort alles gebaut wird, was möglich ist. Auch im Trainingszentrum sind alleine zwei Felder für die Nationalmannschaft reserviert. Die Hallen haben zwar nicht die Dimensionen wie die SAP Arena oder die Arena in Köln, aber das ist alles sehr modern.

Wie geht es jetzt mit Asienmeister Katar weiter? Was kann die Mannschaft als Ausrichter bei der Heim-WM im nächsten Jahr erreichen?

Stojanovic: Ich hoffe, mit dem Titel haben wir die Aufmerksamkeit jetzt noch etwas Richtung Handball gelenkt. Fußball ist in den Golf-Staaten schließlich noch immer die Nummer eins. Und was die WM betrifft: Wir wollen uns in keinem Spiel verstecken – auch wenn es gegen die starken europäischen Mannschaften geht. Für mich ist wichtig, dass wir in jedem Spiel alles geben und uns dann auch die Fans dementsprechend unterstützen.

Wie sieht die weitere Vorbereitung mit Katar aus?

Stojanovic: Nachdem sich zuvor einiges in Spanien abgespielt hat, weil Trainer Valero Rivera da seine Basis hat, konzentriert sich jetzt alles auf Katar. Die Mannschaft wird dort sehr intensiv trainieren. Ich muss dann schauen, wie sich alles mit den Terminen mit den Löwen verträgt.

Die Löwen sind hervorragend aus der EM-Pause gestartet. Was ist für die Mannschaft in der Rückrunde noch möglich?

Stojanovic: Der Sieg in Flensburg war natürlich Gold wert. Schade, dass ich da nicht dabei war, weil ich dort noch nie gewinnen konnte. Vielleicht lag es bisher ja an mir (lacht). Aber im Ernst: Wir haben jetzt jede Menge Heimspiele und diese Chance wollen wir natürlich auch nutzen, um unseren Spitzenplatz zu verteidigen. Aber diese Partien müssen erst einmal gespielt werden. Vom Reden allein gibt es noch keine Punkte.

Am vergangenen Montag wurde bekannt, dass dein Vertrag bei den Löwen nicht verlängert wird und dafür Bastian Rutschmann von Frisch Auf Göppingen das Torhüter-Trio der Löwen komplettiert. Gab es keine Möglichkeit mit dem Verein auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen?

Stojanovic: Wir haben natürlich miteinander gesprochen, aber letztlich lagen wir mit Blick auf die Konditionen für einen neuen Vertrag zu weit auseinander. Ich hatte hier eine schöne Zeit und wäre gerne noch ein Jahr geblieben. Aber im Profisport trennen sich manchmal die Wege. Das muss man dann akzeptieren.