Veröffentlichung:

„Das ist der Lohn für die tägliche Arbeit“

Löwen-Rechtsaußen Patrick Groetzki vor dem Bundesliga-Gipfeltreffen gegen den THW Kiel im Interview

Die Rhein-Neckar Löwen erwarten am Mittwoch (20.15 Uhr/live auf Sport1) den THW Kiel in der Mannheimer SAP Arena. Das Spitzenspiel der DKB Handball-Bundesliga  ist seit Wochen ausverkauft. Vor der Partie sprachen wir mit Löwen-Rechtsaußen Patrick Groetzki.

Patrick, du kannst dich derzeit nicht über mangelnde Beschäftigung beklagen. Nach dem packenden Achtelfinal-Rückspiel gegen Kielce und noch vor dem Final Four in Hamburg ging es zwischendurch zur Nationalmannschaft. Dort konntet ihr zweimal gegen Ungarn gewinnen. Wie kann man diese beiden Siege mit Blick auf die WM-Play-offs gegen Polen einordnen?

Patrick Groetzki: Das darf man sicher nicht überbewerten, im Juni müssen wir dann auf den Punkt zweimal Leistung bringen. Das ist nochmal etwas anderes. Aber diese beiden Erfolge geben uns sicher Selbstvertrauen. Das wird dann auch wichtig sein.

Mit Johannes Bitter und Michael Kraus hattet ihr zwei Rückkehrer dabei. Wie wichtig ist es gegen Polen, den bestmöglichen Kader aufs Feld zu schicken?

Groetzki: In diesen beiden Spielen geht es um alles, deshalb ist es selbstverständlich, dass die Besten spielen müssen. Wir waren zuletzt immer wieder eine der wenigen Nationen, bei der aus verschiedenen Gründen nicht immer alle gespielt haben, die dazu die Qualität hätten. Das ist sicherlich schade. Deshalb hat uns auch die Rückkehr von Jogi und Mimi gut getan. Mimi hat sich stabilisiert und kann der Mannschaft mit seiner Schnelligkeit Impulse geben. Jogi ist ebenfalls ein Gewinn. Er hat eine besondere Ausstrahlung, redet viel und wirkt immer positiv auf seine Abwehr ein. Mit beiden lässt sich nicht zuletzt die Qualität im Training steigern.

Das Champions-League-Achtelfinale gegen Kielce hat dir zuletzt ganz persönlich einen Vorgeschmack darauf gegeben, was euch in den Play-offs erwartet. Dort hat ja ein Großteil der Nationalmannschaft gespielt . . .

Groetzki: Ja, das wird eine sehr, sehr schwere Aufgabe. Gerade im Rückraum ist Polen stark besetzt. Das fängt schon links mit Michal Jurecki und Karol Bielecki an, dann kommt noch Bartlomiej Jaszka aus Berlin dazu und so weiter. Echte Vorteile haben wir wohl nur auf den Außenpositionen. Da ist sehr viel Qualität vorhanden, gegen die wir vor allem eine gute Abwehr stellen müssen. Aber das ist uns mit den Löwen schließlich auch gelungen, es ist also nicht unmöglich.

Nach der Länderspielpause und dem Final Four um den DHB-Pokal in Hamburg kommt es heute zum absoluten Spitzenspiel in der Liga. Mit einem Sieg gegen den THW Kiel könntet ihr den Titelverteidiger von der Spitze verdrängen und hättet es damit sogar selbst in der Hand Meister zu werden. Hättest du vor der Saison mit so einer Konstellation gerechnet?

Groetzki: Nein, überhaupt nicht. Wir haben natürlich über unsere Ziele gesprochen, aber an erster Stelle stand da die erneute Qualifikation für die Champions League, die Meisterschaft war so konkret überhaupt kein Thema. Dass sich die Situation nun aber so ergeben hat und wir mitten im Saisonendspurt tatsächlich auf Platz eins springen können, ist natürlich toll und der Lohn für die bisherigen Leistungen in der Liga und die tägliche Arbeit im Training.

Ist euch eigentlich bewusst, welche Möglichkeit sich hier tatsächlich bietet?

Groetzki: Ich glaube, das weiß jeder sehr genau. Das Neue ist allerdings, dass wir jetzt erstmals so ein bedeutendes Spiel in der Meisterschaft haben, an dem wirklich viel hängt. Die Kunst ist es wohl, so wie in jedes andere Spiel hineinzugehen – auch wenn der Stellenwert vielleicht ein anderer ist.

Kiel hat gerade zuletzt bedenklich gewackelt. In den vergangenen fünf Spielen hat der THW drei Punkte abgegeben und musste vor dem Sieg gegen Göppingen sogar beim Abstiegskandidaten HBW Balingen-Weilstetten mächtig kämpfen. War das so zu erwarten?

Groetzki: Na ja, Kiel steht immer noch zwei Punkte vor uns und drei Punkte vor Flensburg und dem HSV Handball. Das große Wackeln sehe ich daher noch nicht. Kiel hat zudem eine starke Vorrunde gespielt und Punktverluste passieren jedem. Natürlich merkt man, dass die Kieler sich schwer tun, wenn Leistungsträger verletzt fehlen oder mal nicht so in Tritt kommen. Aber der THW ist immer noch eine Weltklasse-Mannschaft und steht trotz des Umbruchs auf Platz eins. Das sagt eigentlich alles.

Abgesehen von der immer wieder beschworenen Tagesform. Worauf wird es im direkten Duell mit dem Tabellenführer ankommen?

Groetzki: Ganz viel wird davon abhängen, wer sein Tempospiel aufziehen kann, um über die Gegenstöße zu einfachen Toren zu kommen. Das hängt wiederum ganz eng mit der Abwehrarbeit zusammen. Im Pokalspiel in Kiel haben wir gezeigt, dass wir ihnen mit unserer Defensive den Zahn ziehen können. Da wird Kiel sich bestimmt etwas einfallen lassen, dass das nicht noch einmal mal vorkommt. Und hinter der Abwehr kommt es natürlich auf die Torhüter an. Wer hier den besseren Tag erwischt, ist bei so einer engen Begegnung natürlich ganz klar im Vorteil.

Viele Experten meinen, die Löwen hätten die bessere Bank, bei Kiel sei die Lücke zu den Auswechselspielern zu groß . . .

Groetzki: Nach der Verletzung von Rasmus Lauge Schmidt hat Kiel im linken Rückraum sicher ein Handicap. Wael Jallouz kann zwar auch ein Spiel alleine entscheiden, aber wir können mit Sergei Gorbok sicher eine erfahrenere Alternative aufbieten. Über Filip Jicha und Aron Palmarsson müssen wir nicht groß reden und auf der rechten Seite kommt nach Marko Vujin Christian Zeitz – das ist jetzt auch nicht so schlecht (lacht). Aber vielleicht haben wir mehr Alternativen von der Bank, wenn es um die Defensive geht. Das sind zwar alles nur Nuancen, aber die werden vielleicht den Ausschlag geben.

Zuletzt gegen Kielce war endlich mal wieder große Handball-Stimmung in der SAP Arena, die Partie gegen Kiel ist seit Wochen ausverkauft. Hat auch die Region erkannt, was in dieser Saison möglich ist?

Groetzki: Da bin ich mir noch nicht so sicher. Gegen Kiel ist ja traditionell die Halle voll, weil jeder auch den THW sehen möchte und gegen Kielce hat sicher auch die Vorgeschichte aus dem Hinspiel zu diesem Zuspruch beigetragen. Aber generell finde ich, dass wir auch in anderen Spielen ein paar mehr Zuschauer verdient hätten. Schließlich haben wir noch kein Heimspiel verloren, mehr können wir ja nicht tun. Aber wir haben ja auch nach dem Kiel-Spiel noch zwei Heimspiele – vielleicht tut sich da noch etwas.

Wagst du einen Tipp für das Spitzenspiel?

Groetzki: Also tippen möchte ich nicht unbedingt. Ich bin vor allem froh, dass ich bei dieser Partie dabei sein kann, und will meinen Teil dazu beitragen, um dieses Spiel erfolgreich gestalten zu können.