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„Unser aktueller Tabellenstand ist sicher keine Selbstverständlichkeit“

Das vergangene Wochenende hatte sich Nikolaj Jacobsen sicher anders vorgestellt. Bei RK Celje kassierten die Löwen ihre dritte Niederlage der laufenden Champions League Saison. Trotzdem ist der Trainer nicht unzufrieden mit der Entwicklung seiner Mannschaft. Im Interview spricht Jacobsen über die Champions League, das morgige Derby gegen die TSG Ludwigshafen-Friesenheim und erklärt warum er die aktuelle Löwen-Mannschaft noch nicht so stark einschätzt wie das Team der letzten Saison.

Nikolaj, mit etwas Abstand, wie fällt der Rückblick auf das Spiel in Celje aus?

Natürlich sind wir immer noch sehr enttäuscht. Wir haben schwach gespielt und verdient gegen eine sehr gute Mannschaft verloren.

Für die Löwen war es in der Champions League die dritte Niederlage im dritten Auswärtsspiel, das habt ihr euch sicher anders vorgestellt?

Wir wussten direkt nach der Auslosung wie schwer unsere Gruppe werden würde. Wir haben die wohl ausgeglichenste Gruppe erwischt, deshalb sind hier mögliche Auswärtspunkte natürlich besonders wichtig. Umso ärgerlicher ist es, dass wir nach Veszprém und Skopje jetzt auch in Celje verloren haben.

 Die Löwen haben wohl selten so viele technische Fehler gemacht wie in Celje.

Wir haben gegen Celje sicher unser schlechtestes aller drei Auswärtsspiele in der Champions League gemacht. Celje hat aber auch sehr gut gespielt, die haben ja keine schlechte Mannschaft.

Wann platzt der Knoten endlich auch auswärts?

Wir versuchen immer, in jedem Spiel, alles zu geben. Aber wenn zwei gute Mannschaften aufeinander treffen, können eben nicht beide gewinnen. Und ich sehe in unserer Gruppe eigentlich nur gute Mannschaften. Wir fahren sicher nicht in der Champions League irgendwohin und haben die Partie schon vor dem Anwurf gewonnen. Wer so denkt, macht einen großen Fehler.

Kommt es nächstes Wochenende in Montpellier schon zu einem Endspiel?

In unserer Gruppe gibt es ja jetzt fast nur noch Endspiele. Natürlich müssen wir gewinnen, wenn wir Platz 2 noch erreichen wollen. Ich denke, wir sollten aber in der Tabelle auch den Blick nach hinten nicht vergessen. Montpellier ist wieder dran, und auch Celje hat plötzlich wieder Hoffnung noch unter die ersten vier Mannschaften zu kommen.

Das Hinspiel haben die Löwen gegen die Franzosen klar gewonnen…

Das macht es doppelt schwer für uns. Montpellier wird sich beweisen wollen. Zudem sind sie nach dem Erfolg in Moskau eben wieder punktgleich mit uns. Ich denke, das Spiel wird schwerer als das letzte Spiel in Celje.

Die Belastung der Spieler ist hoch, ihr habt in den letzten Wochen fast mehr Zeit im Bus oder Flugzeug als in der Halle verbracht. Spielen die vielen Reisen eine Rolle bei den Niederlagen?

Es wäre einfach die Niederlagen auf die vielen Reisen zu schieben, aber das tun wir nicht. Natürlich machen dich die vielen Reisen müde, aber wir versuchen immer das Beste aus dem jeweiligen Trip zu machen und so angenehm wie möglich zu reisen.

Ist ein Aufarbeiten der vergangenen Spiele wegen des engen Spielplan überhaupt möglich, oder konzentriert ihr euch direkt auf das nächste Spiel?

Ich habe mir noch am Sonntagabend unser Spiel in Celje auf Video angeschaut. Ich muss ja wissen, wo unsere Fehler lagen und was wir verbessern müssen. Aber natürlich liegt der Schwerpunkt im Training auf dem nächsten Gegner, auch wenn ich klar ansprechen werde was wir beim letzten Mal nicht so gut gemacht haben.

Am morgigen Mittwoch kommt es zum Derby in Friesenheim. Wie ist dein Ausblick?

Für mich ist es ja das erste Derby, deshalb kann ich gar nicht so viel dazu sagen. Ich freue mich aber darauf, zu einem Auswärtsspiel mal mit dem eigenen PKW zu fahren. Die Rollen sind klar, wir sind natürlich der Favorit. Friesenheim ist ein Aufsteiger und dieses Spiel ist sicher ein Highlight für sie, deswegen werden sie alles versuchen uns zu ärgern.

Bereitet man sich auf ein Derby anders vor?

Eigentlich nicht, die Aufgabe für meine Mannschaft ist auch recht einfach: Besser spielen als zuletzt. (lacht)

Die Löwen sind Tabellenführer, entsprechend zufrieden sollte der Trainer sein. Du hast aber immer gesagt, du schaust nicht nur auf den Tabellenplatz, sondern auch auf die Entwicklung der Mannschaft. Warum?

Ich habe hier eine Mannschaft übernommen, die ich entwickeln möchte. Ich habe bei meinem Antritt gesagt wir wollen uns in allen Bereichen verbessern, in unserem Abwehrsystem variabler werden, dazu einige Spieler in die Bundesliga integrieren, das braucht alles seine Zeit. Aber ich bin zufrieden und hätte sicher nicht erwartet zum aktuellen Zeitpunkt Tabellenführer zu sein.

Gibt es denn Spiele, die dich überrascht haben?

Das wir in Melsungen und vor allem in Flensburg gewinnen, konnte man sicher nicht unbedingt erwarten. Grade in einer Phase der Saison mit unheimlich vielen Spielen.

Als Vizemeister der letzten Saison ist der Anspruch im Umfeld der Löwen und bei den Fans hoch.

Man sollte aber immer realistisch bleiben, unser aktueller Tabellenstand ist sicher keine Selbstverständlichkeit. Die Löwen haben vor der Saison gestandene Spieler abgegeben, mit Nikola Manojlovic und Oliver Roggisch haben wir praktisch unseren Mittelblock verloren, dabei war die Abwehr in der letzten Saison das Aushängeschild der Löwen.

Oliver Roggisch hat dabei zum Ende gar nicht mehr gespielt.

Auch wenn Oliver am Ende nicht mehr viel gespielt hat, er hatte unser System blind verinnerlicht. Jetzt müssen andere Spieler in diese Rolle wachsen, Gedeon Guardiola und Stefan Kneer haben sich beide sehr gut entwickelt. Im Angriff haben wir mit Mads Mensah und Harald Reinkind Spieler geholt, denen die Zukunft gehört. Beide brauchen aber noch Zeit, spielen das erste Mal im Ausland. Diese Zeit sollten wir ihnen alle geben.

Also kann das Ziel der Löwen nicht der Titelgewinn sein?

Natürlich wollen wir alle immer gewinnen. Aber wir sollten auch realistisch sein. Auch die letztjährige Mannschaft hat sich entwickelt und ist über die Jahre gewachsen. In der Breite sehe ich unseren aktuellen Kader noch nicht so stark wie die Mannschaft in der letzten Saison. Aber wir arbeiten daran und wollen natürlich gerne möglichst lange oben stehen. Die Jungs sind in der letzten Saison auf den Geschmack gekommen, dass es auf Platz 1 natürlich schöner ist als dahinter. (lacht)