Veröffentlichung:

Jannik Kohlbacher: Kraftpaket mit Herz

Neuzugang aus Wetzlar will bei den Rhein-Neckar Löwen den nächsten Karriereschritt machen

Jannik Kohlbacher beim ERIMA Teamevent vor der SAP Arena.Jannik Kohlbacher hatte keine Wahl. Beim ersten Teamevent der Saison-Vorbereitung mit Ausrüster und Teampartner ERIMA hatte der Neuzugang der Rhein-Neckar Löwen mir nichts, dir nichts ein Stirnband um. Aus Stoff. In Pink. Verantwortlich für so viel plakative Farbenfreude war – wen wundert’s – Löwen-Torwart Mikael Appelgren, der auch gleich ein paar warme Worte fand für seinen neuen Mannschaftskameraden: „Jannik ist ein super Typ, er bringt sich direkt ein“, sagte „Apfel“ mit Blick auf das herzensgute Kraftpaket, das seit dem 1. Juli beim amtierenden DHB-Pokalsieger unter Vertrag ist.

Dabei beschränken sich Kohlbachers Integrationsmaßnahmen nicht auf das Erscheinungsbild. Der gebürtige Bensheimer kann mit Orts- und Sprachkenntnissen glänzen, wobei badischer und Odenwälder Dialekt durchaus auch Unterschiede aufweisen. „Kohli“, wie ihn die alten wie die neuen Teamkollegen rufen, ist jedenfalls froh, wieder ein gutes Stück näher herangerückt zu sein an die Heimat. „Ich wohne im Heidelberger Stadtteil Rohrbach. Von dort aus bin ich in jeweils 20 Minuten an der Trainingshalle und in Birkenau“, erklärt der 23-Jährige, der in Bensheim zwar geboren, aber in Birkenau-Reisen aufgewachsen ist. Dass er sich für einen ruhigen Stadtteil am Rande Heidelbergs entschieden hat, ist kein Zufall.

„Ein anderes Niveau“

Jannik Kohlbacher beim ersten Testspiel-Einsatz für die Löwen.„Ich brauche keinen Trubel“, sagt Jannik Kohlbacher mit Blick auf seinen Wohnort im Beschaulichen. Dass er sich wohlfühlt, wo er lebt, ist für ihn essentiell: „Für mich steht der maximale sportliche Erfolg im Vordergrund.“ Und dafür, so Kohlbacher, brauche er einen hohen Wohlfühlfaktor. Sein Wechsel von Wetzlar zu den Rhein-Neckar Löwen hat aber nicht nur geografische Gründe. Ganz im Gegenteil. Der junge Mann, der es binnen einer Saison vom Zweitliga- zum Nationalspieler brachte, hat eine Menge Ehrgeiz mit in den Süden befördert. „Mein Ansporn für den Wechsel hierher war es unter anderem, dass ich mir neue Ziele stecken und diese auch erreichen wollte. In Wetzlar ging es im Prinzip immer darum, nicht abzusteigen, alles Weitere war Bonus. Hier herrscht eine andere Erwartungshaltung, ein anderes Niveau.“

Für den Jungen aus dem Odenwald ist der damit verbundene Druck nicht das Problem, sondern die eigentliche Herausforderung. „Ich will den nächsten Schritt in meiner Karriere gehen“, sagt der 23-Jährige bewusst und selbstbewusst. Dabei blickt er schon jetzt auf einen rasanten Aufstieg zurück. Als der TV Großwallstadt, bei dem Kohlbacher seit 2013 unter Vertrag stand, 2015 Insolvenz anmeldete, wagte er den Sprung in die Bundesliga, zur HSG Wetzlar. Wenig später folgte die erstmalige Berufung ins DHB-Team, 2016 dann gleich der erste große Titel mit den damaligen „Bad Boys“ bei der Europameisterschaft. „Das ging alles ganz schön schnell“, sagte Kohli einmal in einem Zeitungsinterview. Dabei habe er auch immer das nötige Quantum Glück gehabt, sei oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen.

Kreuz eines Grizzly-Bären

Jannik Kohlbacher beim Warmmachen in der Kronauer Mehrzweckhalle.Dies war schon zu Jugendzeiten so, als Teenager Jannik bei den wichtigen Turnieren, bei denen man im Fokus zahlreicher, auch national renommierter und vernetzter Trainer stand, stets ablieferte und aus dem großen Schwarm von Jung-Talenten herausragte. Dies hing allein schon mit seiner Größe zusammen: Mit 15 war Jannik schon 1,90 Meter groß. Die Ironie dabei: Da er bis heute nur noch drei Zentimeter zugelegt hat, gilt er unter den Kreisläufern sogar als Rarität und zählt eher zu den kleineren seines Fachs. Was ihm in der Höhe fehlt, hat Kohli in der Breite zu bieten. Mit dem Kreuz eines ausgewachsenen Grizzly-Bären ausgestattet, ist der kompakte Koffer eine imposante Erscheinung. Auch ohne pinkfarbenes Stirnband.

Dass er immer wieder als „Kreisläufer der Zukunft“ bezeichnet und gefeiert wird, lässt den coolen Kohlbacher kalt. „Solche Aussagen bringen mir ja nichts. Ich muss mich vielmehr jeden Tags aufs Neue beweisen, dazulernen. Hier bei den Löwen kann ich mir viel von den erfahrenen Spielern abschauen, mich weiterentwickeln.“ Insbesondere freut er sich auf das Zusammenspiel mit Andy Schmid. „Er ist nicht umsonst fünfmal zum besten Spieler der Bundesliga gewählt worden“, sagt Jannik Kohlbacher. Sein Motto, das er sich als Jugendlicher gegeben hat, passt jedenfalls wie die Faust aufs Auge zu den Rhein-Neckar Löwen und ihrer bewegten Geschichte: Aufgeben? Niemals!