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„In der Liga waren wir nicht konstant genug“

Ólafur Stefánsson vor dem Duell gegen Berlin im Interview / Isländer fällt bis Saisonende aus

Ólafur Stefánsson ist es gewohnt, Titel zu sammeln. Nachdem der Isländer in den zurückliegenden drei Spielzeiten mit BM Ciudad Real insgesamt sieben Mal einen Pokal in die Höhe stemmte, blieb er in seinem Premierenjahr bei den Rhein-Neckar Löwen ohne Titel. Vor dem Spiel gegen die Füchse aus Berlin (Sonntag, 17:45 Uhr, Europahalle Karlsruhe) zieht er ein Fazit seiner ersten Saison bei den Badenern. Gegen den Hauptstadt-Klub kann der Isländer selbst allerdings nicht mitwirken. Stefánsson hat sich im Spiel beim SC Magdeburg einen kleinen Meniskuseinriss im linken Knie zugezogen und fällt für den Rest der Spielzeit 2009/10 aus. Für den Isländer rückt der 19-jährige, ungarische Linkshänder Gábor Ancsin in den Kader der Löwen.

Der nächste Gegner heißt Füchse Berlin. Was denkst Du über den Hauptstadt-Klub?

Wir haben gegen die Berliner im Hinspiel verloren. Das war einer der Unfälle in dieser Saison. Da hätten wir eigentlich gewinnen müssen. Die Füchse haben eine gefährliche Mannschaft und natürlich auch einen guten Trainer.

Weil Dagur Sigurðsson Isländer ist?

Ja, und weil er mein Freund ist. Wir haben lange zusammen in der Nationalmannschaft gespielt. Und auch bei meiner ersten Profistation in Deutschland, in Wuppertal, haben wir zusammen gespielt. Er hat über 200 Länderspiele für Island gemacht und versteht etwas vom Handball.

Dann dürftest Du nach der Niederlage im Hinspiel doppelt geknickt gewesen sein?

Ja, das kann man sagen. Für Dagur war das ein guter Tag, für mich nicht. Aber das ist jetzt Vergangenheit.

Für die Löwen zählen im Saisonendspurt nur noch Siege, damit der vierte Platz nicht mehr verloren geht, oder?

Ja, wir müssen auf jeden Fall Vierter werden, damit wir noch auf die Champions League hoffen können. Ich denke, dass wir das auch schaffen können. Wir spielen noch gegen Berlin, in Düsseldorf und gegen Wetzlar, alle diese Partien müssen wir gewinnen. Göppingen hat noch ein schwieriges Programm, so dass ich unsere Chancen als besser erachte.

Bist Du eigentlich froh, dass die Saison bald beendet ist?

Ja, ich freue mich darauf, Urlaub zu haben. Die Saison war lang und anstrengend. Ich bin aber nicht froh, wenn ich an das denke, was wir erreicht haben. Ich glaube nämlich, dass wir mehr hätten erreichen können.

Woran denkst Du da speziell?

Ich denke dabei zunächst an meine eigene Leistung. Ich hätte ein paar Dinge besser machen können, dann hätten wir vielleicht einen Titel geholt oder stünden im Final Four der Champions League. Im Pokalfinale gegen den HSV Hamburg habe ich zwei Siebenmeter in der Schlussphase nicht rein gemacht und natürlich denkt man dann mal darüber nach, was passiert wäre, wenn die Dinger drin gewesen wären. Und im Viertelfinal-Hinspiel gegen Kiel war ich nicht gut, ich denke, es wäre ein besseres Resultat möglich gewesen, und dann hätten wir es geschafft, Kiel auszuschalten.

Das hört sich sehr selbstkritisch an.

Ich beziehe die Verantwortung immer zuerst auf meine Person. Aber vielleicht sollten diese Dinge so passieren, vielleicht hatte das einen Grund und wir erleben in der kommenden Saison, wozu es gut war.

Was kannst Du daraus lernen oder besser machen?

Man kann nichts tun, außer genauso konzentriert weiterzuarbeiten, damit man beim nächsten Mal eine bessere Leistung bringt.

Wie würdest Du Deine erste Saison bei den Rhein-Neckar Löwen insgesamt bewerten?

In der Liga waren wir nicht konstant genug. Da sind zu viele Dinge passiert, die nicht passieren dürfen. Ich denke da an die Partien gegen Lübbecke oder Berlin. Solche Niederlagen tun besonders weh. Hinzu kommt, dass wir gegen Kiel, Hamburg und Flensburg null Punkte geholt haben. Wenn wir uns mit diesen Teams messen wollen, müssen wir sie schlagen, auf jeden Fall zuhause.

Also stehen die Löwen zu Recht auf dem vierten Tabellenplatz?

Wir müssen uns weiter verbessern, damit wir künftig solche Unfälle vermeiden, dann können wir nach oben schauen. Die Meisterschaft ist deshalb aus meiner Sicht auch der wertvollste Titel, weil man ihn nur dann gewinnen kann, wenn man neun Monate lang konzentriert arbeitet und keine unnötigen Punkte abgibt.

In den Pokalwettbewerben zeigten sich die Löwen konstanter.

Ja, das stimmt. Und mit etwas mehr Glück hätten wir einen Titel holen können. Und auch in der Champions League haben wir gute Leistungen gezeigt, so dass man vielleicht sagen kann, es ist in Ordnung. Aber in der neuen Saison wird das nicht reichen, dann wollen wir weiter kommen, weil sich die Mannschaft entwickeln will.

Du gehst also mit Optimismus in die neue Spielzeit?

Ja, auch wenn ich traurig bin, dass wir Snorri Guðjónsson und Nikola Manojlović verlieren. Sie werden uns beide fehlen. Snorri hat unser Angriffsspiel belebt, besonders gegen aggressive Deckungsreihen war er sehr wichtig. Nikola hat unserer Abwehr viel Stabilität gegeben.

Immerhin haben sich die Löwen personell verstärkt.

Ja, das ist richtig. Wir dachten aber auch, dass wir mehr Zeit haben würden, um das Team neu zu entwickeln. Jetzt bleibt aber wenig Zeit, weil wir in die Qualifikation zur Champions League müssen, wenn wir den vierten Tabellenplatz verteidigen. Das bedeutet, dass wir schon Anfang September in Topform sein müssen, um erneut in die Königsklasse einzuziehen.

Mit Róbert Gunnarsson kommt ein Landsmann von Dir für die Position am Kreis.

Ja, darauf freue ich mich, er ist ein richtiger Kämpfer. Róbert und Bjarte Myrhol sind in der Offensive ähnliche Spielertypen, die jeder Abwehr Probleme bereiten. Wie Róbert in der Abwehr eingesetzt werden kann, müssen die Trainer entscheiden. Er hat bisher nicht im Innenblock agiert, wie das Bjarte bei uns macht.

Außerdem kommen Børge Lund und Andy Schmid für die Spielmacherposition.

Børge ist ein gefährlicher Spieler, der sich in Kiel sicher weiterentwickelt hat. Andy Schmid kenne ich persönlich noch nicht. Ich habe aber gehört, dass er eine Maschine sein soll.

Als Rechtsaußen wurde Ivan Čupić verpflichtet.

Auch er wird unsere Mannschaft verstärken. Ich hoffe nur, dass wir schnell genug zueinander finden, damit wir unsere Ziele erreichen können. Jeder muss seine Rolle suchen und einnehmen.

Wie siehst Du Deine Rolle?

Zuletzt war es so, dass ich der Mannschaft nicht geholfen habe, wenn ich zu sehr an das Team gedacht habe. Das ist dann meist schief gegangen. Ich muss mich mehr auf mich selbst konzentrieren, dann ist das auch für die Mannschaft gut. Das bedeutet nicht, dass ich egoistischer werden soll, aber wenn ich zum Beispiel offensiver agiere, kann ich ja auch mehr Räume für meine Mitspieler schaffen.

Welche Pläne hast Du für den Urlaub?

Ich werde mit der Familie nach Spanien fahren.

Zu alten Freunden nach Ciudad Real?

Nein, irgendwo ans Meer, das ist für die Kinder schöner. Anschließend möchte ich auch noch nach Island. Mal schauen, was der Vulkan dazu sagt.

Ist die Pause im Sommer eigentlich für den Kopf wichtiger oder für den Körper?

Ich denke, der Kopf braucht die Ruhe eher als der Körper.

Wie anstrengend war die aktuelle Spielzeit für Dich persönlich im Vergleich zu den Jahren davor in Ciudad Real? Auch dort habt ihr bis zum Schluss in allen Wettbewerben gespielt.

Das ist richtig, aber ich fand die Saison mit den Löwen stressiger. Deshalb ist es auch gut, dass ich bald in Urlaub fahren kann.

Um dann beim Trainingsauftakt mit den Löwen wieder topmotiviert zu sein?

Ja, ganz genau. Wenn es Mitte Juli wieder los geht, will ich bereit sein.