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Heimspiel-Gegner GWD Minden: Rambo für den Rückraum

Rhein-Neckar Löwen treffen am Donnerstag auf ein Team im Umbruch

Damit hatte nun wirklich niemand gerechnet – und entsprechend groß war der Schock. Für GWD Minden kam das Aus im DHB-Pokal schon in der ersten Runde. Nach einer peinlichen Vorstellung jubelte der TuS Ferndorf, der krasse Außenseiter aus der Dritten Liga – auf den nun die Rhein-Neckar Löwen im Achtelfinale treffen. Selbst eine 12:10-Pausenführung reichte den Ostwestfalen nicht, sie unterlagen den Siegerländern mit 22:23 – und das auch noch in eigener Halle. Was für eine Sensation!

Es blieben Frust und Wut, Enttäuschung und Ernüchterung nach der phasenweise desolaten Leistung. „Wir haben als Profimannschaft gegen Amateure verloren. Was da passiert ist, halte ich für Arbeitsverweigerung. Ich erwarte von jedem Spieler, der das GWD-Trikot trägt, ein ganz anderes Maß an Einsatz“, schimpfte Mindens Sportlicher Leiter Frank von Behren nach dem vollkommen unerwarteten Ausscheiden. Der  uninspirierte, phasenweise blutleere Auftritt ärgerte ihn gewaltig, während Trainer Frank Carstens auch mehr oder weniger ratlos wirkte: „Wir wussten, was uns erwartet, aber man hat das zu keinem Zeitpunkt gesehen. So etwas habe ich noch nicht erlebt. Das darf unter gar keinen Umständen passieren. Wir haben alles, was man für ein Handballspiel braucht, nicht gezeigt.“

Stimmungsdämpfer im Pokal

Keine Frage: Die durch nichts zu beschönigende Blamage im Pokal sorgte so kurz vor dem Saisonstart für einen echten Stimmungsdämpfer bei den Ostwestfalen, bei denen sich zuvor so etwas wie Aufbruchstimmung breitgemacht hatte. Und das aus gutem Grund: In der vergangenen Saison sicherte sich der Traditionsverein als Aufsteiger unerwartet souverän und früh den Klassenerhalt, mit einem Unentschieden beim THW Kiel setzte die Mannschaft von Trainer Carstens ein fettes Ausrufezeichen und auch im Auswärtsspiel beim späteren Meister Rhein-Neckar Löwen agierten die Ostwestfalen eine Halbzeit lang auf Augenhöhe. Vor der neuen Runde vollzog der Verein nun einen
personellen Umbruch – und zwar nicht nur in der Mannschaft.

Club-Ikone Horst Bredemeier, 20 Jahre lang Geschäftsführer und Sportlicher Leiter, zog sich aus dem Bundesligageschäft zurück und agiert nur noch als Vereinsvorsitzender. Ihm folgte eine Doppelspitze mit Ex-Nationalspieler Frank von Behren als Sportlicher Leiter und dem Geschäftsführer Markus Kalusche. Auch im Kader tat sich viel: Den Abgängen Joel Birlehm (TuS N-Lübbecke), Gerrie Eijlers (HV KRAS/Volendam), Helge Freiman (IFK Kristianstad), Florian Freitag (HSG Burgwedel), Magnus Jernemyr (unbekannt), Miladin Kozlina (unbekannt), Joakim Larsson (IK Sävehof), Moritz Schäpsmeier (Trainer zweite Mannschaft) und Tim Roman Wieling (TSV Bayer Dormagen) stehen die Zugänge Andreas Cederholm (Fenix Toulouse), Espen Christensen (GOG Handbold), Anton Månsson (TBV Lemgo), Lukas Kister (eigene Jugend), Miljan Pusica (Wisla Plock) und Max Staar (eigene Jugend) gegenüber. „Wir haben mit Mansson, Pusica und Cederholm Spieler geholt, die sowohl im Angriff als auch in der Abwehr Stärken haben“, freut sich Trainer Carstens, der in Zukunft weniger Angriff-Abwehr-Wechsel vollziehen will: „Damit sollten wir in der Feldüberquerung schneller sein, sowohl nach vorne als auch nach hinten.“

Baustelle Innenblock

Gespannt darf man darauf sein, wie sattelfest sich GWD in der neuen Saison in der Deckung präsentieren wird. Mit Jernemyr und Kozlina verließ der etatmäßige Innenblock den Club. Um diese Aufgabe weiß auch Carstens, wie er der „Handballwoche“ verriet: „Es wird eine riesengroße Herausforderung, wieder einen guten Innenblock zu bilden. Mit Marian Michalczik, Magnus Gullerud, Miljan Pusica und Anton Mansson haben wir vier Spieler, die das können.“ Fraglich ist, inwieweit Nenad Bilbija den Grün-Weißen noch wird helfen können. Mit seinen einfachen Treffern aus der Distanz war der gefürchtete Rückraumschütze einst ein Torgarant, doch seit seinem Kreuzbandriss kommt der wurfgewaltige Slowene nicht mehr so richtig in Schwung. In der vergangenen Runde spielte er keine einzige Minute, da ihn weitere  Verletzungen zurückwarfen.

Dafür machte aber auf der halblinken Position mit Michalczik ein Eigengewächs auf sich aufmerksam, prompt  urden einige andere Erstligisten auf den Junioren-Nationalspieler aufmerksam. Doch das Toptalent verlängerte seinen Vertrag sehr zur Freude des Clubs bis 2019. „Ich fühle mich im Umfeld und in der Mann schaft sehr wohl. Für mich sind die Bedingungen bei GWD einfach sehr passend und ich wünsche mir weiterhin viele Spielanteile für meine persönliche Entwicklung“, sagt Michalczik, der im Rückraum sicherlich nicht die Hauptlast tragen wird.

Routinier und Neuzugänge gefragt

Gefragt sind der schwedische Routinier Dalibor Doder sowie die Neuzugänge Cederholm und Puscia, außerdem wird wieder viel an Christoffer
Rambo hängen. Der wurfgewaltige Linkshänder ist der Torgarant der Mindener, glänzt seit einiger Zeit aber ebenso mit feinen Anspielen. Und
da er nun auch Qualitäten in der Abwehr hat, ist Rambo ein Schlüsselspieler in dieser Saison, vor der der Trainer großen Respekt hat – gerade auch mit Blick auf die jüngere Vergangenheit: „Bedenkt man, dass GWD seit 2010 zwei Mal abgestiegen ist, wäre es hochgradig fahrlässig, nicht zuerst den Klassenerhalt als obererste Priorität auszugeben. Die Wiederholung von 24 Punkten und Platz zwölf aus der Vorsaison wären ein Erfolg. Man darf nicht vergessen, dass wir in der vergangenen Saison als Aufsteiger ziemlich am Limit gespielt haben. Aber mit unserem Kader ist diese Herausforderung meiner Meinung nach auch ein machbares Ziel.“

In die Liga sind die Mindener ausgeglichen gestartet, haben jeweils einen Sieg (gegen N-Lübbecke), eine Niederlage (gegen Leipzig) und ein Unentschieden (in Wetzlar) zu verzeichnen.