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Lennart mittendrin im Löwen-Rudel

Zwölfjähriger besucht über Verein „Herzenswünsche“ Training und Spiel gegen Zagreb

Die Begrüßung fällt äußerst herzlich aus. Als Gudjon Valur Sigurdsson Lennart entdeckt, heißt er ihn willkommen, erkundigt sich danach, ob er selbst auch Handball spielt – und natürlich auf welcher Position. Der Weltklasse-Linksaußen streift spontan sein Schweißband ab und überreicht es dem Trainingsgast. Lennart strahlt. Besser hätte der Tag kaum losgehen können für den Zwölfjährigen, der über den gemeinnützigen Verein „Herzenswünsche“ in den Genuss kommt, seinen Stars hautnah zu begegnen.

Lennarts „Herzenswunsch“ war es, ein Training sowie ein Spiel der Rhein-Neckar Löwen zu besuchen. Gesagt, getan: Am Tag vor dem Champions-League-Duell mit HC PPD Zagreb ist Lennart im Sportzentrum in Kronau bei der letzten Trainingseinheit vor dem Spiel dabei, das er sich einen Abend später in der SAP Arena anschaut. „Für uns ist es das erste Mal überhaupt, dass wir selbst in der Arena dabei sind“, sagt Lennarts Vater Matthias. Lennarts Erkrankung hatte einen Besuch bis dahin unmöglich gemacht. Nun, wo es ihm verhältnismäßig bessergeht, freut er sich riesig darauf, live bei einem Löwen-Spiel vor Ort zu sein. Was er sich dabei vor allem wünscht? „Dass sie gewinnen“, sagt Lennart mit Blick auf seine Handball-Helden.

Lieblingsspieler? „Der Pekeler.“

Nach seinem Lieblingsspieler gefragt, fällt dem Kreisläufer die Antwort nicht schwer: „Der Pekeler.“ Wie sich dieser am Kreis zu drehen verstehe, wie beweglich und durchsetzungsstark er sei, gefalle ihm dabei besonders. Als er dann auch noch selbst auf die Platte gerufen wird und mit seinen Idolen gemeinsam ein paar Bälle werfen kann, schlägt Lennarts ganz große Stunde. „Bist Du warm? Du spielst doch am Kreis?“, fragt Sigurdsson den jungen Mann, der da noch nichtsahnend auf der Bank sitzt – und sich, gefragt, getan, blitzschnell aufs Spielfeld begibt. Dort bekommt er nicht nur die harzige Kugel punktgenau serviert, sondern wechselt auch noch ein paar Worte mit den Löwen-Spielern. Zweimal lässt er zudem Mikael Appelgren im Tor alt aussehen – der Jubel bei seinen „Mitspielern“ ist riesengroß.

„Das ist einfach der Hammer“, findet Gerd Häcke von „Herzenswünsche“. Dass die Löwen ihren Trainingsgast derart miteinbeziehen, hatte er so wohl auch nicht erwartet. Und es kommt noch besser: Als Nikolaj Jacobsen zur Schlussansprache mit allen Spielern bittet, nehmen Trainer und Kapitän Andy Schmid den Jungen beiseite, überreichen ihm ein Löwen-Trikot mit Unterschriften – und schließen ihn mit ein in den Mannschaftskreis. „Lennart hat sich gewünscht, hier dabei zu sein, und wünscht sich außerdem einen Sieg von uns gegen Zagreb. Das nehmen wir als Extra-Motivation mit ins Spiel“, sagt Jacobsen. Es ist ein rührender Moment, in dem deutlich zu spüren ist, dass sich jeder diese Worte zu Herzen nimmt.

Abklatschen am Mittelkreis

Zu sehen ist das auch einen Tag später in der SAP Arena, wo der deutsche gegen den kroatischen Meister bis zur Pause 15:11 führt und in Durchgang zwei noch einen Zahn zulegt. Am Ende steht es 31:24 – und Lennart noch einmal im Mittelpunkt. Nach dem Abpfiff ruft ihn die Mannschaft zum Abklatschen an den Mittelkreis, eine besondere Ehre, die dem Jungen sichtlich Freude macht. Genauso wie der exklusive Platz, von dem aus er zuvor das Löwen-Spiel verfolgen durfte. „Dass er mit seiner Familie auf dem gelben Sofa direkt am Spielfeldrand saß, war natürlich herausragend. Dabei haben wir das Lennart erst gar nicht verraten und ihn dann in der Arena damit überrascht“, erklärt Gerd Häcke.

Seit über 20 Jahren engagiert er sich bei „Herzenswünsche“, wurde dafür in diesem Jahr mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Der Verein will schwerkranken Kindern ein paar unbeschwerte Stunden verschaffen. „Bei Mädchen sind das meist Treffen mit ihren Stars aus dem Fernsehen, bei Jungs dreht es sich in der Regel um Sport“, weiß Häcke aus Erfahrung. Dabei werde ihm die Geschichte mit Lennart und den Löwen noch sehr lange im Gedächtnis bleiben: „Ich muss schon sagen, dass ich so etwas wie hier äußerst selten erlebt habe. Mit wie viel Herzblut alle dabei waren, das hat mich sehr beeindruckt.“

Keine Angst vor blauen Flecken

Für Lennart selbst war es ebenfalls ein unvergessliches Erlebnis. Eines, aus dem er Kraft schöpfen kann für die Zukunft. Beispielsweise auch dafür, selbst wieder Kondition aufzubauen. Schließlich spielt der Zwölfjährige seit acht Jahren Handball, aktuell in der D-Jugend der SG Muggensturm/Kuppenheim. Am Handballsport fasziniert ihn vor allem das vielseitige Training und die geringere Verletzungsgefahr im Vergleich zum Fußball. Dass es dabei vor allem am Kreis richtig rau zugeht, stört ihn nicht. Im Gegenteil: „Das finde ich sogar gut“, nimmt Lennart die blauen Flecke gerne in Kauf.

Das Handball-Gen liegt übrigens in der Familie. „Mit Lennart haben wir jetzt die vierte Generation am Start“, erklärt Papa Matthias. Ursprünglich habe ihn die Oma zum Handball gebracht, sie trainiere die „Minis“ bei der heimischen SG. Auch Lennarts Schwester, die ebenfalls mit in die SAP Arena kommen durfte, ist im Verein am Ball. Da war es am Ende wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch der Kontakt zu den Löwen entsteht. „Zumal“, wie Papa Matthias erklärt, „eine unserer Jugendtrainerinnen auch in der Löwen-Nachwuchs-Arbeit aktiv ist“. Abgesehen von Handball ist Löwen-Fan Lennart in seiner Freizeit auch anderweitig sportlich aktiv. „Ich fahre auch gerne Rad, am liebsten im Wald“, sagt er. Musikalisch steht er auf die Rockband Muse, im Fernsehen fiebert er der neuesten Staffel der Actionserie „Flash“ entgegen.

Von seinem erfüllten Herzenswunsch wird Lennart in den nächsten Tagen sicher noch häufig berichten. Und weiter die Spiele der Rhein-Neckar Löwen ganz genau verfolgen.