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Herzensangelegenheit empfiehlt sich für Wiederholung

Freundschaftsspiel zwischen Rhein-Neckar Löwen III und Gehörlosen-Nationalmannschaft macht allen Spaß

Als die Löwen quasi mit dem Schlusspfiff die Chance zum Ausgleich liegenließen, war das perfekte Ergebnis für ein Freundschaftsspiel verpasst. Statt mit einem freundschaftlichen Unentschieden trennten sich die Rhein-Neckar Löwen III und die Nationalmannschaft der Gehörlosen mit 24:25 (10:10). Die Partie am Freitagabend in der Stadthalle Östringen stand ganz im Zeichen des WM-Traums der Deutschland-Jungs, die derzeit fleißig Spenden dafür sammeln.

Weil deutlich mehr als 100 Zuschauer den Weg in die Halle fanden, war die Veranstaltung sowohl in sportlicher, als auch in finanzieller Hinsicht ein Erfolg für die Nationalmannschaft. Die Einnahmen des Abends, erklärte Joachim Geiss von den Löwen, gingen abzüglich der Kosten komplett an die Gäste. Diese wiederum freuten sich vor allem auch über die Gelegenheit, ihr Anliegen einer breiten Öffentlichkeit vorstellen zu können. „Besonders wichtig für uns ist, dass wir generell unseren Bekanntheitsgrad steigern. Dabei geht es auch darum, neue Spieler auf uns aufmerksam zu machen“, sagte Alexander Zimpelmann.

Zimpelmann trainiert neben der „Natio“ die erste Herren-Mannschaft der TSG Mutterstadt, die aktuell in der A-Klasse spielt. Wohnhaft ist er in Oggersheim. Der Kontakt zu den Löwen ergab sich auf persönlichem Wege. „Das kam über Markus Bender zustande. Wir kennen uns schon länger, haben unter anderem zusammen die B-Lizenz gemacht“, erklärt Zimpelmann. Markus Bender wiederum gehört zum Kader der dritten Löwen-Mannschaft und kümmerte sich zusammen mit Abteilungsleiter Joachim Geiss um die Organisation des Freundschaftsspiels mit Benefiz-Charakter.

Philipp Beyer trumpft auf

Dass man sich für die Partie die Bezirksliga-Truppe der Löwen ausgeguckt hatte, fußt auf einem simplen Grundgedanken. „Wir haben überlegt, was sportlich in etwa zu unserem Niveau passen würde – und da haben wir gleich an die dritte Löwen-Mannschaft gedacht“, sagte Zimpelmann. Nicht nur das Resultat bewies, dass der Coach damit richtig lag. Auch im Spiel selbst zeigte sich schnell, dass sich die beiden Teams in etwa auf demselben Level bewegen.

Dem frühen 2:4-Rückstand ließen die Löwen einen 3:0-Lauf folgen und gingen nach einer nervösen Auftakt-Viertelstunde mit zahlreichen technischen Fehlern erstmals in Führung. Beim 5:5 zeigte Philipp Beyer, warum Coach Zimpelmann große Stücke auf ihn hält. Unwiderstehlich ging der 25-Jährige mit der ersten Welle in den Zweikampf und ließ die Löwen-Defensive alt aussehen. „Philipp kam unter meinem Vorgänger nicht so zum Zug. Nun zeigt er immer mehr, was wirklich in ihm steckt“, stellte Zimpelmann einem seiner Hoffnungsträger ein gutes Zeugnis aus.

Das 5:6 aus Löwen-Sicht markierte mit Lukas Keßler einer von drei Lokalmatadoren, die aktuell im Kader der Gehörlosen-Nationalmannschaft stehen. Keßler spielt für den Gehörlosen Sportverein Heidelberg, die Kameraden Dominik Götz und Felix Werling laufen für den Gehörlosen Sportclub Frankenthal auf. Die mit Abstand größte Fraktion stellen die Jungs vom Hamburger GSV mit einem halben Dutzend Nationalspielern. „Unser größtes Problem ist das Leistungsgefälle. Aktuell spielen Jungs aus der Kreisliga zusammen mit welchen aus der Oberliga. Da ist es natürlich schon eine große Herausforderung, überhaupt Übungen auf einem für alle verträglichen Niveau zu finden“, erklärt Alexander Zimpelmann.

Löwen legen vor, „Natio“ kämpft sich zurück

Mit der Leistung speziell beim Gastspiel in Östringen zeigte sich der Nationaltrainer zufrieden. Nach dem besseren Start für die Löwen in Durchgang zwei, die aus dem 10:10 zur Pause ein 12:10, 13:11 und 15:12 machten, kämpfte sich die Gehörlosen-Nationalmannschaft stark zurück. Nach dem 18:15 für die Löwen ließen die Jungs von Alex Zimpelmann einen 4:0-Lauf folgen und gingen beim 18:19 aus Löwen-Sicht erstmals in der zweiten Halbzeit in Führung. „Ich bin vor allem beeindruckt, wie diszipliniert wir das über weite Strecken gespielt haben. Im Training war das doch deutlich hektischer“, machte der Coach seinen Spielern am Ende ein großes Kompliment.

Großen Gefallen an der Veranstaltung hatte auch André Geiss gefunden. „Das war eine große Sache für uns alle und wird hoffentlich nicht einmalig bleiben. Wir werden die Beziehung weiter pflegen“, sagte der Trainer der Rhein-Neckar Löwen III und geht davon aus, dass man dem gelungenen Abend eine Wiederholung folgen lassen wird. „Wir haben das sehr gerne gemacht, das war eine Herzensangelegenheit für uns“, betonte Geiss, der sich von der „freundschaftlichen Atmosphäre“ äußerst angetan zeigte.

Spendenkonto für den WM-Traum

Genauso begeistern konnte alle Beteiligte die beachtliche Resonanz. Weit mehr als 100 Zuschauer kamen in die Östringer Stadthalle und unterstützten damit das Anliegen von Löwen und Gehörlosen-Nationalmannschaft. Zahlreiche Helfer aus der Löwen-Familie kümmerten sich unter anderem um den Ablauf sowie die Versorgung mit Essen und Trinken. Wer ebenfalls helfen will, dass die Gehörlosen-Nationalmannschaft im Sommer zur Weltmeisterschaft nach Brasilien fahren kann, kann dies über ein eigens eingerichtetes Spendenkonto tun. Überwiesen wird an den Deutschen Gehörlosenverband e.V. bei der Sparkasse Essen unter der IBAN DE96 3605 0105 0006 0153 66. Der Verwendungszweck lautet #deafboys.  

Weil die Nationalmannschaft der gehörlosen Handballer derzeit weder vom Nationalen Olympischen Komitee noch vom Deutschen Handball-Bund in nennenswerter Weise unterstützt wird, muss sich die Mannschaft von Alexander Zimpelmann ihren Spielbetrieb größtenteils selbst finanzieren. Dazu gehören auch die äußerst kostspieligen Reisen zu Großturnieren.