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„Dritte Saison, dritter Titel – das wäre unglaublich“

Löwen-Kreisläufer Rafael Baena im Interview

Rafael Baena verkörpert Durchschlagskraft und absoluten Einsatzwillen, er ist ein echter Teamplayer und immer zu 100 Prozent fokussiert. Der Kreisläufer der Rhein-Neckar Löwen hat mit seinen 35 Jahren noch einmal einen Sprung nach vorne gemacht, auf ihn ist immer Verlass. Im Interview vor dem Bundesliga-Heimspiel gegen Wetzlar am Samstag, 14. April, um 20.30 Uhr in der SAP Arena spricht der gebürtige Andalusier über die zurückliegende EM, über die Freundschaft zu Gedeon Guardiola und seine persönliche Entwicklung beim Deutschen Meister. Karten für die Partie am Samstag gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen, unter der Hotline 0621/18190333 sowie online.

Rafael, vor zwei Jahren bist du mit der Silbermedaille von der Europameisterschaft in Polen zurückgekommen und durftest dich sogar in das Goldene Buch der Stadt Mannheim eintragen. Nun hat es bei der vergangenen EM in Kroatien für Spanien mit dem Titel geklappt und du konntest nicht dabei sein. Wie sehr hat dich das geschmerzt?

Rafael Baena: Das war natürlich schon ein bisschen schade, aber in erster Linie bin ich als Spanier natürlich stolz auf meine Kollegen und habe mich sehr darüber gefreut, dass die Jungs den Titel geholt haben. Ich habe bei jedem Spiel vor dem Fernseher gesessen und die Daumen gedrückt.

Ist Spanien für dich der verdiente Europameister und was hat deine Landsleute deiner Meinung nach so stark gemacht?

Baena: Spanien hat verdient gewonnen. Besonders in den letzten drei Spielen gegen Deutschland, Frankreich und Schweden hat das Team stark gespielt und unheimlich intensiv in der Abwehr agiert. Dass wir da zwei Systeme einsetzen konnten, hat sich vor allem gegen Frankreich ausgezahlt. Dazu kam noch der Hunger nach einem Titel. Die Final-Niederlage vor zwei Jahren gegen Deutschland und vor allem die verpatzte Olympia-Qualifikation für Rio – das war eine Katastrophe und hat doch sehr wehgetan. Ich denke, jetzt wollten alle unbedingt zeigen, dass sie es besser können.

Die Deutschen, die euch vor zwei Jahren noch geschlagen haben, sind bei der EM etwas hinter den Erwartungen zurückgeblieben und hatten danach eine riesige Trainerdiskussion. Hat dich das überrascht?

Baena: So einen Erfolg zu bestätigen, ist immer sehr schwer, und dass ein neuer Trainer mit neuen Ideen dazukommt, macht das nicht einfacher. Aber die Deutschen haben eine junge Mannschaft, die ich weiter unter den ersten vier Teams sehe, und bei der nächsten WM haben sie ja auch noch den Heimvorteil. Die Trainerdiskussion habe ich natürlich auch in den Medien verfolgt. Aber hier kann ich mir kein Urteil erlauben.

Während der EM hast du zu der kleinen Trainingsgruppe um Andy Schmid, Alexander Petersson und Kristian Bliznac gehört, die sich bei der zweiten Mannschaft fit gehalten hat und einen individuellen Trainingsplan hatte. Konntest du hier ohne Wettbewerbsstress Kraft tanken?

Baena: Ja, wir haben da gut gearbeitet und auch in der zweiten Mannschaft unsere Einheiten absolviert, aber rund sechs Wochen Pause waren mir persönlich fast etwas zu lang. Aber so ist der Kalender, das muss man akzeptieren.

Ihr seid gut aus der Pause gekommen, dann hat sich euer Abwehrchef Gedeon Guardiola verletzt. Wie schwer wiegt dieser Ausfall?

Baena: Das war natürlich ein Schock. Ich war unmittelbar dabei, als es passierte. Wir waren im Kraftraum und haben unsere üblichen Serien beim Bankdrücken gemacht – nicht mehr als sonst, alles wie immer. Plötzlich hat Gedeon „Hilfe, meine Schulter“ gerufen und ich musste schnell die Hantel von ihm ziehen. Wir sind dann unmittelbar nach Heidelberg zum Arzt gefahren, und beim MRT hat sich die Diagnose Sehnenriss dann ja leider bestätigt. Er ist natürlich ein ganz wichtiger Spieler, den wir nicht Eins-zu-Eins ersetzen können.

Ihr beide habt ja ein sehr enges Verhältnis, auch eure Familien unternehmen viel zusammen. Kannst du ihn in dieser schweren Zeit besonders unterstützen?

Baena: Ja, wir helfen ihm natürlich, wo es geht. Ich nehme ihn zum Beispiel zu den Spielen mit, oder seine Kinder können mal länger bei uns bleiben, wenn er einen Arzttermin hat. Wir geben ihm alle Unterstützung.

Angesichts der Verletzung von Gedeon hat sich Kim Ekdahl Du Rietz bereiterklärt, bis zum Saisonende einzuspringen. Freust du dich, dass er wieder dabei ist?

Baena: Kim kann uns sicher viel helfen, damit wir in den anstehenden Monaten unsere Ziele erreichen können. Er ist immer gut drauf und kennt hier alles. Ein toller Typ und ein unglaublicher Spieler.

Hättest du es für möglich gehalten, dass er tatsächlich wieder mit dem Handball anfängt?

Baena: Wir haben immer Spaß mit ihm gemacht und gesagt, nach drei oder sechs Monaten bis du sowieso wieder da. Und er hat dann immer gesagt: Wenn ich wieder spiele, dann nur bei euch – und er hat sein Wort gehalten.

Ihr seid in einer tollen Ausgangsposition, um zum dritten Mal in Folge den Titel zu holen: Wie siehst du die Chancen für die Löwen?

Baena: Wir haben große Chancen und alles selbst in der Hand. Ich denke, Kiel ist aus dem Rennen. Unsere Hauptkonkurrenten sind Flensburg und Berlin. Aber wir sollten nicht auf die anderen schauen, sondern einfach unsere Spiele gewinnen.

Seit du hier bist, werden die Löwen immer Meister. Du scheinst dem Verein auch ein bisschen Glück zu bringen …

Baena: Meine dritte Saison und der dritte Titel mit den Löwen – das wäre echt unglaublich. Ich hoffe, wir schaffen das.

Ansonsten scheinst du dich in deinem dritten Jahr in Deutschland mittlerweile bestens eingelebt zu haben? Was die Sprache betrifft, scheinst du sogar deinen Landsmann Gedeon Guardiola überholt zu haben.

Baena: Das war meiner Frau und mir immer sehr wichtig. Wir besuchen immer noch jede Woche einen Sprachkurs in Heidelberg, als nächstes steht die B2-Prüfung an, das ist die vierte von sechs möglichen Stufen. Und vielleicht kann ich die Sprachkenntnisse ja mal später im Beruf gut gebrauchen.

Wie hast du dich als Spieler weiterentwickelt? Gibt es Unterschiede zwischen deiner ersten Saison bei den Löwen und jetzt?

Baena: Ja, absolut. Wenn man in einer der besten Mannschaften spielt, wird man auch selbst immer besser. Vor allem körperlich habe ich mich nochmals weiterentwickelt. Ich habe Gewicht reduziert, bin beweglicher geworden, kann schneller laufen, höher springen – obwohl ich jetzt schon 35 Jahre alt bin. Und mit Gudjon Valur Sigurdsson und Alexander Petersson habe ich ja  auch die besten Vorbilder in der Mannschaft, wenn es darum geht, auch als älterer Spieler noch Top-Leistungen zu bringen.

Dein Vertrag wird am Saisonende allerdings nicht verlängert. Hast du schon einen neuen Verein gefunden und würdest du am liebsten in Deutschland bleiben?

Baena: Ja, das wäre schon schön – auch, weil es jetzt mit der Sprache so gut klappt. Aber bisher waren die passenden Angebote noch nicht dabei. Ich denke, ich kann noch zwei, drei Jahre spielen, und wenn es in der Bundesliga nicht klappt, können wir uns auch gut vorstellen, wieder nach Spanien zurückzugehen.