Veröffentlichung:

Abenteuer-Reise in den wilden Osten

Bei Telekom Veszprém erwarten die Rhein-Neckar Löwen am Samstagabend 6000 fanatische Fans und nichts weniger als eine Weltauswahl

Die Löwen schwören sich kurz vor dem Spiel ein. 3 Tage, 2000 Kilometer, 1 Spiel: Das Gastspiel in der VELUX EHF Champions League am Samstagabend um 17.30 Uhr bringt für die Rhein-Neckar Löwen einiges an Aufwand mit sich. Zumal die Truppe von Nikolaj Jacobsen mit der Hypothek anreist, bereits ein schweres Auswärtsspiel beim Bergischen HC in den Beinen zu haben. Gastgeber Telekom Veszprém hingegen hatte seinen vorerst letzten Einsatz am 21. Oktober, konnte sich in aller Seelenruhe auf die Löwen vorbereiten. Wobei das mit Veszprém und der Ruhe so eine Sache ist.

Wirklich ruhig ist es in Ungarns heißester Handballstadt eigentlich nie. Hier hat man den Anspruch, jedes Spiel und jeden Wettbewerb zu gewinnen. Und anscheinend auch, jeden Top-Spieler unter Vertrag zu nehmen. Im Kader des KC Telekom stehen praktisch nur Ausnahmekönner, darunter so klangvolle Namen wie Arpad Sterbik, Laszlo Nagy, Petar Nenadic und Momir Ilic. Mit solchem Luxuspersonal ist der jeweilige Trainer zum Erfolg verdammt. Und wenn es dann wie in der vergangenen Saison weder in der heimischen Liga noch in der Champions League zum Titel reicht, steht man schnell auf der Abschussliste. So widerfuhr es vor einigen Wochen Ljubomir Vranjes, der erst vor etwas mehr als einem Jahr aus Flensburg nach Veszprém gewechselt war. Vranjes steht nun ohne Job da und sein alter Klub, seit Neuestem trainiert vom ehemaligen Klasse-Linksaußen David Davis, nach wie vor unter erhöhtem Erfolgsdruck.

Nur der Sieger bleibt an der Tabellenspitze dran

Szene vom vorerst letzten Aufeinandertreffen. In der heimischen Liga musste man bereits Niederlagen gegen den Erzrivalen Szeged (27:32) sowie gegen Tatabanya (24:26) verkraften. Auch in Gruppe A der VELUX EHF Champions League könnte es besser laufen. Nach dem erfolgreichen Auftakt zuhause gegen Kielce (29:27) setzte es Niederlagen in Barcelona (28:31) sowie zuhause gegen Vardar Skopje (25:27). In Brest (29:28) und Montpellier (30:29) zitterten sich die Ungarn zu zwei immens wichtigen Siegen. So kommt es am Samstag zum Mittelfeld-Duell mit den Rhein-Neckar Löwen, beide Teams weisen eine Bilanz von 6:4-Punkten auf. Wer oben in der Tabelle dranbleiben will, darf sich keine Pleite erlauben. Und so erwartet die Fans in der Veszprém-Arena eine Partie mit absolut wegweisendem Charakter.

Apropos Fans: Vor den fanatischen Anhängern der Gastgeber haben alle im Löwen-Kader Respekt. „Ich habe viel davon gehört. Bei unserem Spiel in Skopje war ich ja schon sehr fasziniert von der besonderen Atmosphäre. In Veszprém soll es mindestens genauso zugehen. Da freue ich mich sehr drauf“, sagt Jannik Kohlbacher. Für den Kreisläufer, der im Sommer aus Wetzlar zu den Löwen kam, ist die Champions League Neuland, jede weitere Auswärtsfahrt ein kleines Abenteuer. Sein Trainer redet erst gar nicht um die Schwere der Aufgabe herum: „Was uns da erwartet? 6000 Fans in roten Trikots und eine Weltklasse-Mannschaft“, sagte Nikolaj Jacobsen bei „Sky“. Dabei wird es für seine Truppe nicht erst in der Halle ungemütlich.

Vertrauen auf „goldene Hände“

Damals bekam es noch Bjarte Myrhol mit Laszlo Nagy zu tun.Die Reise nach Veszprém gleicht einer Klassenfahrt unter erschwerten Bedingungen. So ging es direkt im Anschluss an das Donnerstagabend-Spiel beim Bergischen HC am Spielort Düsseldorf ins Hotel. Am Freitagmorgen wurde früh geweckt, Frühstück stand um 7.30 Uhr auf dem Tisch. Um 8 Uhr Abfahrt zum Flughafen, um 10.10 Uhr Abflug nach Wien. In Wien stieg der Löwen-Tross wieder in den Bus um: Rund drei Stunden später sollte man am nächsten Spielort ankommen. Nach Mittagessen und Ruhepause blieb im Reiseplan nur noch Platz für Abendessen – und so müssen die Badener ohne weitere Trainingseinheit am Samstag bei der Veszprémer Weltauswahl antreten. „Das ist schade, dass wir nicht mehr trainieren können“, sagt Coach Jacobsen bei „Sky“. Nun ist einmal mehr sein Improvisationstalent gefragt – genauso wie die „goldenen Hände“ (O-Ton Jacobsen) der Löwen-Physios.

Nicht nur den stark geprellten Oberschenkel von Steffen Fäth gilt es nach Möglichkeit wieder flott zu machen. Lange Reisen bedeuten immer eine Belastung, zumal für ohnehin schon stark beanspruchte Körper. Und so wird auf die Herren Sven Raab und Sascha Pander einiges an Arbeit zukommen in den Stunden vor dem Spiel am Samstagabend. Gegen das Starensemble werden die Löwen wieder an ihre Grenzen gehen müssen, wollen sie womöglich die ersten beiden Auswärtspunkte dieser Champions-League-Saison holen. Dass dies außergewöhnlich schwer werden wird und dafür alles passen muss, ist jedem klar. Im direkten Vergleich beider Teams steht es 4:2 für die Ungarn, dazu gab es zwei Unentschieden. Das vorerst letzte Aufeinandertreffen im Dezember 2014 entschieden die Löwen für sich und das in überzeugender Manier mit einem 32:25. In Veszprém wiederum war das beste Löwen-Ergebnis eine knappe 29:30-Niederlage. Bisher.

Ob sich daran etwas ändern lässt, wird der Samstagabend zeigen. Sky Sport 2 überträgt ab 17.15 Uhr live. Zudem halten die Löwen ihre Fans in den sozialen Netzwerken per Liveticker auf dem Laufenden.