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Löwen landen hart in Montpellier

26:31 (12:16)-Niederlage der Badener in der VELUX EHF Champions League / Titelverteidiger aus Frankreich zeigt starkes Spiel

Filip Taleski konnte nur wenige Impulse setzen.Nach dem Festival folgt die Ernüchterung: Am Mittwochabend haben die Rhein-Neckar Löwen mit 26:31 (12:16) bei Montpellier HB verloren und in Gruppe A der VELUX EHF Champions League einen herben Dämpfer hinnehmen müssen. Der Titelverteidiger aus Frankreich zeigte sich nach dem Hinspiel vor einer Woche, als man von superstarken Löwen eine 27:37-Klatsche bekam, von der ersten bis zur letzten Minute wie verwandelt – und feierte einen auch in der Höhe gerechten Sieg. Bei den Löwen fand kaum ein Spieler Normalform. Die meisten Tore erzielte Jerry Tollbring (6). Jannik Kohlbacher sah in der 49. Minute die Rote Karte. Für Montpellier war es im achten Spiel der erste Sieg dieser CL-Saison, für die Löwen die erste Niederlage nach sechs wettbewerbsübergreifenden Siegen.  

Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen versuchte alles, um seine Männer wachzurütteln. Er nahm Auszeiten, stellte mehrmals taktisch um, brachte fast sein komplettes Personal. Doch egal ob im Tor oder am Kreis im Angriff: Auf keiner Position erreichten die Löwen an diesem Abend die von ihnen gewohnte Qualität. Jacobsen zeigte sich enttäuscht: „Wir haben es nicht geschafft, das Tempo von Montpellier anzunehmen. Wir sind früh einem deutlichen Rückstand hinterhergelaufen. Natürlich kann man hier verlieren, aber mich enttäuscht unser Spiel sehr. Es war ein hochverdienter Sieg der Franzosen.“ Jesper Nielsen sah es ähnlich: „Wir sind überhaupt nicht ins Spiel gekommen, Montpellier war die klar bessere Mannschaft und es ist enttäuschend, dass wir hier nicht besser gespielt haben.“

Knapp zehn Minuten ohne Tor

Die Löwen tun sich auf dem Feld von Beginn an richtig schwer. Nach dem 1:1 durch Andy Schmid brauchen sie knapp zehn Minuten und eine Auszeit ihres Trainers, um das zweite Tor des Abends zu erzielen. Da haben die wie entfesselt aufspielenden Franzosen schon fünfmal genetzt, darunter zweimal der schon im Hinspiel bärenstarke Richardson. Vid Kavticnik, der statt auf außen überraschend auf der Mitte spielt, macht das 5:1. Die Löwen wirken zu zögerlich in der Abwehr, fahrig im Angriff. Schmid sucht schnell den Abschluss – und scheitert zweimal nacheinander. Zwar treffen Jerry Tollbring (5:2, 11.) und der für Starter Filip Taleski gekommene Steffen Fäth (6:3, 12.). Doch auf der anderen Seite bekommen die Badener den französischen Rückraum nicht gestoppt.

Auch Andy Schmid fand nicht zu seiner Form.Zudem leisten sich die Löwen weiter zu viele Ballverluste, technische Fehler, Fehlpässe. Nach dem 8:5 durch Bogdan Radivojevic legen die Franzosen die zweite Serie hin, treffen dreimal am Stück, ziehen auf 11:5 weg (18.). Wieder greift Jacobsen zur Auszeitkarte, jetzt wird er deutlicher: „So kann man nicht in der Champions League spielen“, redet er seinen Jungs ins Gewissen. Taktisch reagiert er noch deutlicher als zuvor. Er bringt in der Abwehr Jesper Nielsen und beordert ihn auf die Spitze der 5:1-Formation. Auch vorne spielt Nielsen – neben Jannik Kohlbacher am Kreis. Dabei setzt Jacobsen auf den siebten Feldspieler, um das stockende Offensivspiel in Gang zu bringen.

Montpellier findet immer eine Antwort

Jacobsens zweite Ansage fruchtet. Viel konsequenter verteidigen nun die Löwen, packen richtig zu, verschieben schneller. Andreas Palicka ist ebenfalls zur Stelle, bringt Radivojevics 11:7 auf den Weg. Jetzt reagiert Montpellier-Coach Patrice Canayer, richtet seinen Angriff neu aus gegen das 5:1 der Löwen. Auch diese Maßnahmen greifen. Montpellier, das vom Start weg den Ball sehr gut laufen lässt, sich ausgezeichnet bewegt, findet die Lücken in der Löwen-Defensive. Nach einem 3:0-Lauf der Löwen übernimmt Richardson Verantwortung, trifft zum dritten und vierten Mal (15:11, 28.) und degradiert damit Gedeón Guardiolas Sternstunde mit Steal und Dreher zum 14:11 zu einer Randnotiz. In die Halbzeitpause geht es mit 16:12 nur, weil Palicka einen Kempa-Abschluss von Richardson vereitelt.

Alex Petersson blieb ohne Treffer.Auch am Siebenmeter zum Neustart von Richardson ist Palle dran. Die Kugel aber eiert über die Linie – irgendwie passend zum Spielverlauf bis dahin. Dass sich an diesem auch während der kompletten zweiten 30 Minuten nichts mehr ändert, liegt zum einen an den unheimlich konzentriert, zielstrebig und diszipliniert weiterspielenden Franzosen. Zum anderen daran, dass die Löwen sich zwar stabilisieren, aber in keiner Phase an ihr Top-Niveau herankommen. Immer, wenn man eine kleine Positiv-Sequenz startet, wird sie gleich wieder zunichte gemacht. Insbesondere in der Abwehr finden die Badener nie zu der von ihnen gewohnten Konsequenz, zu ihrem Tempo und ihrer Entschlossenheit. Montpellier trifft auch nach der Pause aus dem Rückraum, wie es will.

Und so nimmt das Unheil aus Löwen-Sicht seinen Lauf. Sekunden, nachdem Nielsen das 18:13 erzielt hat, kassiert der Schwede eine Zwei-Minuten-Strafe – und das 19:13. Auf das 21:15 des soliden Tollbring nach Palicka-Parade marschiert Guigou durch die Löwen-Reihen zum 22:15. Jacobsen versucht weiter alles, bringt Mensah als dritte Option auf halblinks. Der Däne startet stark, trifft zum 26:19 und 26:20. Dennoch: Eine Viertelstunde vor Schluss scheint die Partie entschieden. Zumal Kohlbacher in der 49. Minute nach unabsichtlichem Griff ins Gesicht von Villeminot die Rote Karte sieht. Jacobsen stellt noch einmal um, bringt Taleski, nimmt den glücklosen Andy Schmid von der Platte. Der Abstand aber bleibt bis zum Ende gleich. Nachdem die Löwen zwischenzeitlich gar mit acht Toren hinten gelegen hatten (24:16, 40.), wirkt das 31:26 nach 60 Minuten sogar noch wie Ergebniskosmetik. Unter dem Strich war das von den Badenern an diesem Abend aber deutlich zu wenig.    

Montpellier HB – Rhein-Neckar Löwen  31:26 (16:12)

MHB: Gerard (1), Portner – Villeminot (2), Causse, Truchanovicius (1), Grebille, Guigou (7), Pettersson (3), Richardson (7/3), Kavticnik (1), Bonnefond (3), Faustin, Porte (3), Afgour, Soussi, Mamdouh (2), Bingo (1)

Löwen: Palicka, Adanir – Schmid (2), Lipovina (1), Sigurdsson, Radivojevic (3), Tollbring (6/1), Abutovic, Mensah (2), Fäth (3), Groetzki, Taleski (2), Guardiola (1), Petersson, Nielsen (3), Kohlbacher (3)

Trainer: Patrice Canayer / Nikolaj Jacobsen

Schiedsrichter: Ivan Pavicevic / Milos Raznatovic (Montenegro)

Strafminuten: Pettersson (2), Porte (2), Bingo (2) – Abutovic (2), Mensah (2), Nielsen (2), Guardiola (2), Kohlbacher (2)

Rote Karte: Kohlbacher (49.)

Siebenmeter: 3/4 – 1/1

MHB: Richardson wirft Siebenmeter an die Latte (16.)

Spielfilm: 1:0, 1:1, 5:1, 5:2, 6:2, 6:3, 7:4, 8:4, 8:5, 11:5, 11:7, 13:7, 13:10, 14:11, 16:11, 16:12 (HZ), 18:12, 18:13, 20:13, 22:15, 24:16, 25:17, 25:18, 26:19, 26:21, 29:22, 29:24, 31:25, 31:26 (EN)