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Zauber, Drama und ein Gänsehautmoment

Packendes Champions-League-Duell zwischen Löwen und Nantes

Jannik Kohlbacher lieferte Spektakel pur am Kreis.Es gibt Handballspiele und Handballspiele. Die einen plätschern so vor sich hin. Die anderen schreiben schier unzählige Geschichten. Das Duell zwischen den Rhein-Neckar Löwen und dem HBC Nantes im Achtelfinal-Hinspiel der VELUX EHF Champions League am Mittwochabend in der SAP Arena war definitiv eines, das voller Geschichten steckte. Da war ein früher Rückstand, ein Torwartwechsel zur richtigen Zeit, ein magisches Duo, eine dramatische Schlussphase. Und ein Comeback mit einem ganz besonderen Gänsehautmoment.

Fangen wir beim Comeback an. Es begann die 19. Minute, als Löwen-Coach Nikolaj Jacobsen seinen halblinken Starter Mads Mensah Richtung Bank beorderte. Auf die Platte kam für ihn Steffen Fäth, was die Fans in der Arena mit warmem und ausführlichem Applaus bedachten. Wie Balsam dürfte dieser auf die Sportlerseele gerieselt sein, hatte Steffen zuvor doch wegen einer bei der Heim-WM im Januar erlittenen Hüftverletzung in diesem Jahr noch gar nicht für die Löwen auf dem Feld gestanden. Fast zwei Monate hatte die Leidenszeit angehalten. Nun war sie vorbei. Und wie.

Kohlbacher zu Fäth-Comeback: „Super für uns“

Keine zwei Minuten brauchte der Mann mit dem gewaltigen rechten Wurfarm, um seine erste Löwen-Torbeteiligung im Jahr 2019 zu verbuchen. Sein Pass auf Kumpel Kohlbacher am Kreis: einfach nur Zucker. Nachdem er das 11:11 vorbereitet hatte, traf Fäth noch vor der Pause zum 16:15 und 18:16. Maßgeblich war er dafür verantwortlich, dass die Löwen mit einem guten Gefühl in die Kabine gingen. „Dass er wieder da ist, ist natürlich super für uns. Die Gefahr, die er ausstrahlt, kann vor allem in engen Phasen wichtig für uns werden. Schön zu sehen, dass er trotz der langen Verletzung quasi nahtlos an seine starken Leistungen von der WM anknüpfen konnte“, sagt Jannik Kohlbacher, der übrigens seine eigene Geschichte schrieb an diesem Champions-League-Abend in Mannheim.

Zwei weitere Protagonisten: Apfel und Andy. Elf Tore (!) erzielte der Löwen-Kreisläufer. Persönlicher Rekord in jenem Wettbewerb, der ihn als Neuling auf internationalem Parkett naturgemäß besonders reizt. Zusammen mit Spielmacher Andy Schmid bildete er ein nicht zu stoppendes Gespann, in Summe kamen sie auf 19 Treffer! Und das obwohl Nantes im Vorfeld alles mobilisieren wollte, um die berüchtigte Löwen-Achse nicht ins Spiel kommen zu lassen. „Das ist dann eben die Genialität eines Andy Schmid“, erklärt „Kohli“. „Egal wie sehr du es willst, du kannst ihn über 60 Minuten unmöglich ausschalten. Weil er auch selbst torgefährlich ist, musst du ihn attackieren. Und er bringt seine Anspiele auch unter Bedrängnis.“

„Wir wissen, was wir können“

Zudem habe es die ganze Mannschaft gut gemacht, clever gespielt, den Ball schnell laufen lassen, die Angriffe breit aufgezogen, Zweikämpfe gewonnen, die technischen Fehler minimiert. So gelang nach holprigem Start und 5:8-Rückstand die Aufholjagd, auch Dank eines starken Mikael Appelgren, der den weniger glücklichen Andreas Palicka nach rund 25 Minuten im Tor ablöste. Was es nach dem 34:32 (18:16) jetzt noch braucht, um im Rückspiel am 30. März in Nantes den Viertelfinal-Einzug klarzumachen? „Dort brauchen wir auf jeden Fall eine bessere Abwehrleistung, müssen mehr Zugriff insbesondere auf den Rückraum bekommen“, so Kohlbacher, der zugleich eine Kampfansage Richtung Bretagne schickt: „Verstecken brauchen wir uns da auf keinen Fall. Wir wissen, was wir können.“

Auch Vladan Lipovina hatte starke Szenen. Das gilt auch für den HBC Nantes. Im vierten Duell mit den Löwen kassierten sie die zweite Niederlage. Hinzu kommen zwei Unentschieden. Einen Sieg haben die Franzosen noch nicht eingefahren gegen die Löwen. Das könnte, auch psychologisch, ein Faktor werden im Rückspiel. Dass die Badener dieses „nur“ mit zwei Toren Vorsprung angehen, lag insbesondere an der Schlussphase am Mittwochabend. In der 52. Minute führte man mit 31:26, fünf Minuten später stand es 31:29 (57.). Insbesondere in dieser Phase war es Altstar Olivier Nyokas, der die Löwen-Abwehr vor große Probleme stellte. „Da sieht man die hohe Qualität von Nantes“, sagt Kohlbacher, der sich auf einen heißen Tanz am 30. März einstellt.

Schmerzen? „Das nehme ich gerne in Kauf“

Dass er dabei persönlich mit am meisten abbekommt, 60 Minuten im Clinch liegt mit hünenhaften Gegenspielern wie Dragan Pechmalbec, Romaric Guillo oder Rock Feliho, stört den 23-Jährigen in keiner Weise. „Das nehme ich gerne in Kauf“, sagt Jannik Kohlbacher. Schon am Freitag geht es weiter mit dem Training und der Vorbereitung auf den nächsten Auswärts-Doppelpack mit Gummersbach (Donnerstag) und Nantes (Samstag). Auch dann, das ist ziemlich sicher, wird es wieder einige Geschichten rund um die Rhein-Neckar Löwen zu erzählen geben.