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„So etwas habe ich noch nicht erlebt“

Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen zieht Zwischenbilanz und blickt auf das „Wahnsinnswochenende“ Mitte November

16:2-Punkte in der DKB Handball-Bundesliga, ein Platz an der Spitze zusammen mit den Berliner Füchsen. 8:2-Punkte in der Champions-League, ein Platz vorne in der Gruppe mit den absoluten Top-Klubs FC Barcelona und Vardar Skopje. Im DHB-Pokal im Viertelfinale – ohne die großen Konkurrenten Kiel und Flensburg, die beide in der Runde der letzten 16 scheiterten: Für die Rhein-Neckar Löwen läuft die Saison 2017/18 bisher so gut wie perfekt. Einer Pflichtspiel-Niederlage (22:27 am zweiten Liga-Spieltag in Flensburg) stehen acht Siege in der Liga und je drei in der Champions League (bei zwei Remis) und im Pokal gegenüber. Zahlen, die beeindrucken. Zahlen, die Lust machen auf die Zeit nach der gerade angebrochenen Länderspielpause. Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen blickt auf den erstaunlichen Saisonstart und hat den entscheidenden Erfolgsfaktor in der mannschaftlichen Geschlossenheit ausgemacht.

„Wir machen das als Mannschaft richtig gut“, sagt der dänische Meistertrainer mit Blick auf die Vorstellungen der vergangenen Wochen und Monate. Dabei äußert er sich ausdrücklich zu einem Zitat aus der Presse. „Ich habe nicht gesagt, dass wir den besten Handball spielen, seitdem ich bei den Löwen Trainer bin. Ich habe gesagt: Vielleicht spielen wir den besten Handball.“ So oder so will er weder selbst die Mannschaft unter Druck setzen, noch sich von außen eine Erwartungshaltung aufdrücken lassen. „Ich habe nicht gehört, dass wir jetzt zu den Top-Favoriten gehören. Da muss man die Experten fragen. Meine Meinung ist: Egal wer der Favorit ist – Hauptsache wir gewinnen.“

„Die Jungs wissen genau, dass wir weiter hart arbeiten müssen“

Es ist offensichtlich, dass die Laune bei Nikolaj Jacobsen derzeit dem Leistungsniveau seiner Mannschaft entspricht. Und das ist sogar höher, als der Trainer selbst erwartet hatte. „Vor allem wenn man sieht, welches Programm wir unter anderem in der „Monsterwoche“ mit vier Spielen in sieben Kalendertagen hatten, muss ich schon sagen, dass es mich überrascht, wie gut wir gespielt haben. Wir haben ja auch in dieser Woche jedes Spiel souverän gewonnen.“ Auf die „Euphorie-Bremse“ zu treten, um den Fokus weiter aufrechtzuerhalten, hält Jacobsen nicht für nötig. „Die Jungs sind so gewachsen und so erfahren, die wissen ganz genau, dass wir weiter hart arbeiten müssen, um etwas zu gewinnen. Bisher haben wir nämlich nur den Super Cup gewonnen“, sagt Jacobsen mit Blick auf den bisherigen Saisonverlauf und die Tatsache, dass in allen Wettbewerben die wichtigsten Spiele erst noch kommen.

Geht Jacobsen in die Einzelkritik, lässt sich ein wesentlicher Erfolgsfaktor direkt ausmachen: Fast alle Löwen befinden sich derzeit in herausragender Form. Der Trainer lobt dabei das Torhüter-Duo Palicka/Appelgren genauso wie die Rückraum-Schützen, Spielmacher Andy Schmid und die Männer am Kreis. „Viele Spieler haben aktuell eine sehr gute Form“, sagt Jacobsen. Verstärkter Fokus lag dabei bereits vor der Saison auf Harald Reinkind: Er sollte, auch unter Maßgabe der sportlichen Führung, mehr Verantwortung übernehmen, um zum einen den Faktor Wurfgewalt aus dem Rückraum zu erhöhen. Zum anderen sollte es auch darum gehen, den offensiv wie defensiv geforderten Alexander Petersson gezielt zu entlasten. In der Vorbereitung machte der Norweger mit der linken Schleuder auf Halbrechts einen Super-Eindruck, bestätigte dies auch über weite Strecken der ersten Pflichtspiel-Phase. „Harald hat einen großen Schritt nach vorne gemacht, den größten bisher, wie ich finde. Das gilt vor allem für die Leistung in der Offensive“, sagt sein Trainer. In der Defensive habe „Harald noch immer seine Herausforderungen“, wie es Nikolaj Jacobsen ausdrückt. „Aber vorne“, stellt der Coach klar „vorne hat er sich sehr gut entwickelt.“

Erfolg Schmid/Pekeler als Verdienst der Mannschaft

Ins Schwärmen geraten derzeit alle Handball-Fans beim Blick auf das Zusammenspiel zwischen Andy Schmid und Hendrik Pekeler. Von blindem Verständnis zu reden, mutet fast wie eine Untertreibung an. Die beiden harmonieren exzellent und erreichten in dieser Saison den Höhepunkt ihres Schaffens gegen Kiel, als sie beim 30:28-Triumph in der SAP Arena gemeinsam mehr als die Hälfte aller Löwen-Tore erzielten. Jacobsen sieht in dem Erfolg der beiden vor allem das Ergebnis der Arbeit der gesamten Mannschaft: „Das Team als Ganzes spielt richtig gut. Dazu gehört beispielsweise auch Rafael Baena, der in der Bundesliga noch keinen Fehlwurf gehabt und uns ein paar Mal schon richtiggehend gerettet hat.“ Darüber hinaus müsse man schon anerkennen, dass die beiden gerade richtig gut drauf und absolute Leistungsträger sind.

Neben dem einen Spanier bekommt auch der andere ein Extra-Lob. Gedeon Guardiola macht als Abwehr-Chef bislang einen Klasse-Job, gegen Hüttenberg verbuchte er sagenhafte neun Blocks auf seinem Konto. „Gede vergisst man immer“, sagt Jacobsen mit Blick auf die „spanische Mauer“ und ergänzt: „Er ist unheimlich wichtig für uns und für mich einer der besten Abwehrspieler der Welt. Die neun Blocks überraschen mich nicht. Ich sehe jeden Tag im Training, wie frustriert unsere Angreifer von der Platte gehen, wenn es mal wieder kein Vorbeikommen an Gede gab.“ Zu der Entwicklung Guardiolas und der Perfektionierung seines Defensivverhaltens sagt Jacobsen kurz: „Das kann gerne so weitergehen.“

„Ich nehme den Spielplan so, wie er kommt“

Auch mit den Neuzugängen zeigt sich der 45-Jährige sehr zufrieden, lobt vor allem deren Einstellung und wie schnell sie sich in die Mannschaft integriert haben. Generell sieht er seine Truppe auf einem guten Weg – auch wenn der Spielplan in Zukunft einige Unwägbarkeiten bereithält. So müssen die Löwen im November viermal in Folge in der DKB Handball-Bundesliga auswärts ran. „Danach“, so Jacobsen, „sehen wir dann, ob wir wirklich ganz nach oben schauen können.“ Zudem kommt es Mitte des Monats zu einem „Wahnsinnswochenende“, an dem die Gelben samstags in Leipzig und sonntags in Barcelona antreten müssen. „So etwas habe ich noch nicht erlebt, so etwas hat noch nie eine Mannschaft erlebt“, sagt Jacobsen dazu und ergänzt: „Aber ich will nicht meckern. Ich nehme den Spielplan so, wie er kommt. Wir müssen gegen Leipzig gewinnen und dann schauen, wie wir durch das Spiel am Sonntag kommen. Am besten ohne Verletzungen.“

Weiter geht es für die Löwen am 2. November mit dem ersten von dann noch insgesamt sieben Auswärtsspielen, vier davon in der Bundesliga. Gegner ist der SC Magdeburg. Nach diesem Spiel werden die Löwen wissen, ob sie die Länderspielpause gut überstanden haben. Das nächste Heimspiel in der SAP Arena steht am 26. November an, dann geht es beim „Löwen Fan-Tag“ gegen Champions-League-Sieger Vardar Skopje.