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Löwen verzweifeln an sich und Silvio Heinevetter

23:29 (11:12)-Niederlage bei den Füchsen Berlin

Die Rhein-Neckar Löwen haben am Sonntagnachmittag ihr Auswärtsspiel bei den Füchsen Berlin mit 23:29 (11:12) verloren. Der Meister startete gut, ließ dann aber kräftig nach und fand über 60 Minuten nie zu seinem gewohnten Spiel. Durch die Niederlage verkürzt sich der Vorsprung auf den Tabellenzweiten Flensburg auf zwei Zähler und das deutlich bessere Torverhältnis. Die Löwen haben also nach wie vor alles in der eigenen Hand, was die Titelvergabe in der DKB Handball-Bundesliga 2017/18 anbelangt. Bester Löwen-Werfer in Berlin war Mads Mensah mit sechs Toren. Bei Berlin überragte Hans Lindberg mit zehn Treffern.

„Die einzige Entschuldigung für meine Mannschaft ist, dass dies das vierte Spiel in acht Tagen war. Es war körperlich, aber vor allem auch mental ein extrem schwieriges Spiel für uns“, sagte Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen und fand auch deutliche Worte: „Heute war es auch eine Qualitätsfrage. Fast die gesamte Mannschaft ist in dieser Hinsicht ausgefallen.“ Dabei wollte der Coach mit Blick auf die recht komfortable Führung in der Ligatabelle auf keinen Fall von einem Bonusspiel sprechen, in dem man sich eine Niederlage leisten konnte. „Das gibt es für mich nicht. So haben wir uns jetzt ein bisschen selbst unter Druck gesetzt.“ Patrick Groetzki, noch einer der Besseren an diesem gebrauchten Löwen-Tag, übte Selbstkritik: „Wir waren auf allen Positionen schlechter als Berlin.“ Silvio Heinevetter, der 19 Paraden landete, entnervte die Löwen-Angreifer über die kompletten 60 Minuten, nahm unzählige freie Würfe und drei Siebenmeter weg. Hendrik Pekeler richtete derweil den Blick nach vorne: „Wir haben es immer noch selbst in der Hand“, verwies der Löwen-Mittelmann auf die letzten vier Saisonspiele, in denen die Löwen nun noch mindestens drei Siege brauchen, um den Titel-Hattrick in der Liga und das Double mit Meisterschaft und Pokal perfekt zu machen.

Guter Start – schnell verpufft

Rein ins Spiel: Nach 40 Sekunden können die Löwen erstmals jubeln. Patrick Groetzki schließt den ersten Angriff souverän ab, der Ball läuft flüssig durch die gelben Reihen – und die Abwehr steht. Erst erzwingen die Löwen einen Fehlpass, dann blocken sie den heranfliegenden Fabian Wiede. Allerdings ist auch Silvio Heinevetter im Füchse-Tor von Anfang an richtig heiß, lässt der Löwen-Spielaufbau nach Top-Start ziemlich schnell nach. So entwickelt sich eine äußerst zähe Partie, in der beide Mannschaften im Angriff vor allem mit sich selbst beschäftigt sind. Tore entstehen mit wenigen Ausnahmen aus Einzelaktionen. So auch das 2:2 von Alex Petersson in der 4. Minute oder das 4:3 von Andy Schmid. Weil die Löwen aber jetzt immer mehr liegenlassen, „Heine“ immer stärker machen, fallen sie zwischen der 16. und 19. Minute von 5:5 auf 8:5 aus Berliner Sicht zurück. Beim 11:7 liegen die Löwen sogar mit vier Treffern hinten – da nimmt Coach Jacobsen bereits die zweite Auszeit.

Im Tor darf sich jetzt Mikael Appelgren bewähren, zudem bringt der Löwen-Trainer bei eigenem Ballbesitz den siebten Feldspieler. Die Umstellungen greifen sofort: Tor um Tor arbeiten sich die Gäste heran, Appelgren hält gleich die ersten zwei Würfe auf, der Funke springt über auf den Rest der Truppe. Nach zwei Power-Aktionen von Mads Mensah, der nun für Kim Ekdahl Du Rietz auch im Angriff ran darf, sowie der dritten Appelgren-Parade in Serie bringt ein Gegenstoß mit Gudjon Valur Sigurdsson den Ausgleich zum 11:11. Zachrisson mit dem 12:11 rettet Berlin eine knappe Führung in die Halbzeit – das Spiel aber ist wieder völlig offen. Das Problem aus Löwen-Sicht: In der Phase direkt nach der Halbzeit, wenn sie normalerweise ihren Gegnern den Zahn ziehen, kommen die Gelben überhaupt nicht ins Rollen. Dass Hendrik Pekeler nun auf der Spitze verteidigt, stellt sich nicht als die erhoffte Lösung gegen den starken Berliner Rückraum heraus. Dort schaltet nun Nationalspieler Paul Drux gleich zwei Gänge hoch, verteilt teils traumhafte Anspiele an den Kreis zu Johann Koch und trifft selbst immer wieder im Eins-gegen-eins.

Heinevetter und Lindberg überragen, Drux brilliert

Bis zum 16:14 halten die Löwen dennoch den Kontakt, vor allem auch, weil Mensah noch einmal alle Restkräfte mobilisiert. Pekeler zum 17:15 stellt zum letzten Mal so etwas wie Tuchfühlung her. Danach müssen die entkräfteten Löwen Stück für Stück abreißen lassen. Drux trifft zum 19:15, in der 39. Minute hält Heinevetter seinen dritten Siebenmeter, kurz darauf kann Mensah noch einmal auf drei Tore verkürzen. Eine Viertelstunde vor Schluss macht Johann Koch am Kreis das 22:16 – da sind die Löwen-Hoffnungen schon fast gänzlich dahin. In seiner letzten Auszeit wechselt Jacobsen noch einmal durch, bringt Reinkind, Tollbring und auch Palicka zurück ins Tor. Als der überragende Hans Lindberg mit seinem achten Tor das 26:19 macht, ist das Spiel entschieden. Von da an darf auch Andy Schmid auf der Bank Platz nehmen, bemühen sich die Löwen vorrangig um Schadensbegrenzung. Am Ende ist es mit 29:23 eine mehr als deutliche Niederlage, die fünfte dieser Spielzeit und eine besonders bittere am Ende der Saison.

Füchse Berlin – Rhein-Neckar Löwen 29:23 (12:11)

Füchse Berlin: Heinevetter, Stochl; Elisson, Lindberg (10/6), Zachrisson (4), Gojun, Fäth (2), Drux (4), Wiede (1), Milde, Reißky, Koch (6), Struck (2), Vukovic

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren, Palicka; Schmid (2), Sigurdsson (1), Radivojevic, Baena (3), Tollbring (1/1), Mensah (6), Pekeler (2), Reinkind, Taleski (2), Petersson (1), Groetzki (3/1), Ekdahl Du Rietz (2)

Trainer: Velimir Petkovic – Nikolaj Jacobsen

Schiedsrichter: Lars Geipel / Marcus Helbig

Zeitstrafen: 4 – 5

Strafminuten: Fäth (2), Drux (2), Gojun (2), Vukovic (2) – Ekdahl Du Rietz (4), Pekeler (4), Petersson

Siebenmeter: 2/5 – 6/6

Spielfilm: 0:1, 1:1, 2:2, 4:2, 4:3, 5:3, 5:5, 8:5, 11:7, 11:11, 12:11 (HZ), 13:11, 13:12, 15:12, 19:15, 21:16, 22:17, 25:18, 29:23 (EN)