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Löwen versöhnen Fans mit der Saison

34:26 über die Eulen Ludwigshafen mit spektakulären Aktionen garniert / Champions-League-Qualifikation dank Berlin-Pleite unter Dach und Fach

Spieltag eins nach der Stunde null: Die Rhein-Neckar Löwen haben sich beim ersten Auftritt nach der Riesen-Enttäuschung gegen Melsungen in neuer Formation und mit deutlich erhöhter Offensiv-Kraft präsentiert. Gegen den mutig agierenden Außenseiter Eulen Ludwigshafen führten die Gelben am Sonntagmittag im Top-Spiel des 33. Spieltages der DKB Handball-Bundesliga zur Pause mit 18:16, nach 60 rasanten Minuten stand es 34:26. Durch die Niederlage Berlins am selben Tag haben die Löwen damit das Ticket für die Champions League in der kommenden Saison sicher – und das Minimalziel der Spielzeit in der Liga erreicht. Zudem feierten die Löwen-Fans in der SAP Arena die Mannschaft lange, laut und ausgiebig und zeigten sich versöhnt mit der Saison. Beste Schützen waren Harald Reinkind (Löwen) und Alexander Feld (Eulen) mit jeweils acht Toren.

„Man sitzt in der Kabine und jeder ist mit sich beschäftigt, versucht, sich auf die 100 Prozent zu bringen“, sagte der Sportliche Leiter der Löwen Oliver Roggisch nach dem Spiel und schilderte die Problematik, sich nach der so gut wie verlorenen Meisterschaft neu zu motivieren. In der ersten Hälfte habe man noch sehr verkrampft agiert, sich schwergetan mit der Situation: „Da sieht man eben, wie sehr Handball auch Kopfsache ist.“ Nach der Pause sei dann irgendwann die Lockerheit wiedergekommen. Hendrik Pekeler wollte vor dem letzten Spieltag am kommenden Sonntag keinen Hoffnungsschimmer mehr erzwingen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass Göppingen in Flensburg einen Punkt holt, tendiert für mich gegen null“, sagte der Kreisläufer der Rhein-Neckar Löwen mit Blick auf das letzte Spiel des aktuellen Tabellenführers. Nach den schwierigen Tagen mit der Niederlage gegen Melsungen im Gepäck habe man in der ersten Hälfte keine gute Abwehr hinstellen können, sagte Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen. „In der zweiten Halbzeit haben wir den Kampf dann angenommen, und da bin ich stolz auf meine Mannschaft, wie sie das geschafft hat. Vorne haben wir es ruhig und diszipliniert gespielt“, zog der Däne ein positives Fazit.

Keine Zeit zum Abtasten

Die Abtast-Phase schenken sich beide Teams. Das Derby startet mit echtem Highspeed-Handball, nach sieben Minuten sind bereits zwölf Tore gefallen. Dabei begeistern insbesondere die Eulen Ludwigshafen mit mutiger Spielweise, gehen voll auf die erste und zweite Welle und überrumpeln damit die etwas träge Löwen-Abwehr immer wieder. Das schönste Tor der rasanten Auftaktminuten erzielen dennoch die Platzherren in der SAP Arena. Mads Mensah spielt auf Rafael Baena am Kreis, der bringt den Ball zurück zu Mensah, der wiederum, an den Kreis durchgestartet, das 3:3 markiert. Dass die Löwen bis zum 6:6 einem Rückstand hinterherlaufen, ist dem furchtlosen Auftreten der Eulen zu verdanken. Beim Deutschen Meister hatte sich Coach Jacobsen entschieden, nach dem kräfteraubenden Spiel am Donnerstag fast komplett auf die zweite Reihe zu setzen. In der Startformation stehen neben Baena noch Jerry Tollbring, Harald Reinkind und Bogdan Radivojevic – und vor allem der in den letzten Wochen wenig überzeugende Reinkind zeigt gleich, dass er richtig heiß auf Handball ist. Beim 4:4 bricht er durch zwei Ludwigshafener hindurch, beim 10:10 zieht er sogar noch zwei Minuten gegen Frederic Stüber mit. Zudem erzielt der Norweger auf feinen Kempa-Pass von Andy Schmid das schönste Tor in Durchgang eins (14:12, 22. Minute).

Absetzen können sich die Löwen trotz der Reinkind-Gala nicht. Das liegt zum einen daran, dass man in der Defensive zu passiv agiert. Zum anderen bekommt auch Torwart Andreas Palicka keinen Zugriff auf das Spiel. Während also vorne die Taktik mit dem siebten Feldspieler recht gut aufgeht, muss Jacobsen hinten etwas ändern. In seiner Auszeit nach rund einer Viertelstunde lässt er seine Abwehr deutlich herausrücken, setzt Hendrik Pekeler vorübergehend auf die Spitze einer beweglichen 5:1-Formation. Das fruchtet, bringt den Gelben mehr Sicherheit. Abschütteln lassen sich die Eulen davon alleine aber nicht. Auch dass der eingewechselte Mikael Appelgren zwei Würfe wegnimmt, ist kein Beinbruch für die Vorderpfälzer, die sich nach wie vor prächtig präsentieren. Das 18:16 zur Pause bedeutet ein ziemlich überragendes Ergebnis für den krassen Außenseiter. Positiv bei den Löwen: Kapitän Andy Schmid zeigt sich deutlich verbessert, bringt Traum-Anspiele an den Kreis zu Pekeler, versenkt vier von vier Siebenmetern und beweist, dass er absolut gewillt ist, sich von den Negativ-Ereignissen der letzten Wochen nicht umwerfen zu lassen.

Schmid in bester Spiellaune

Nach der Pause schalten die Löwen noch einen Gang höher. Mit dem 21:17 stellt Mads Mensah die erste Vier-Tore-Führung her. Nachdem der eingewechselte Kevin Klier durch zwei Paraden die Eulen noch einmal heranbringt (21:19), sehen sich die Gelben anscheinend richtig angestachelt. Tollbring versenkt cool zum 22:19, danach dreht Appelgren im Tor kurz auf. Mit seiner sechsten Parade bereitet er dem 25:19 durch Andy Schmid den Weg: Eine Viertelstunde vor dem Ende ist die Partie aus Löwen-Sicht in festen Bahnen. Als wieder Schmid seine Farben gar auf sechs Tore wegziehen lässt, ist das Spiel entschieden (50.). Danach gibt es Handball für die Galerie: Baena trifft im Rückwärtsfallen (52., 29:22), der wieder gebrachte Palicka hält einen Siebenmeter (53.), Andy Schmid leitet einen doppelten Kempa-Trick über Tollbring und mit Reinkind als Torschütze ein (32:24, 57.). Zum Finale bedient Schmid mit seinem insgesamt vierten Kempa-Pass noch Radivojevic (33:24, 58.). Die letzten drei Minuten stehen die Löwen-Fans in der SAP Arena, feiern ihre Mannschaft und deren spektakulären Offensiv-Handball. Es ist jene Versöhnung mit der Saison, die sich alle gewünscht haben und gibt für die letzte Woche dieser Spielzeit ein deutlich besseres Gefühl als noch vor der Partie.

Rhein-Neckar Löwen – Eulen Ludwigshafen 34:26 (18:16)

Rhein-Neckar Löwen: Palicka, Appelgren; Schmid (7/5), Bliznac, Sigurdsson, Radivojevic (4), Baena (2), Tollbring (4), Mensah (5), Pekeler (2), Reinkind (8), Taleski, Petersson, Ekdahl Du Rietz (2), Groetzki

Eulen Ludwigshafen: Klier, Peribonio, Hanemann; Stüber, Dietrich (2), Scholz, Hruscak (2), Feld (8), Falk (1), Durak, Bührer, Dippe (2), Schmidt (5), Djozic (4/2), Valiullin (2), Weber

Trainer: Nikolaj Jacobsen – Benjamin Matschke

Schiedsrichter: Marijo Zupanovic / Martin Thone

Zeitstrafen: 2 – 3

Strafminuten: Mensah (2), Pekeler (2) – Stüber (2), Dippe (2), Schmidt (2)

Siebenmeter: 5/5 – 2/3

Eulen Ludwigshafen: Djozic scheitert an Palicka (53.)

Zuschauer: 8156

Spielfilm: 0:1, 1:1, 1:2, 2:2, 2:3, 3:3, 4:4, 5:5, 6:6, 8:6, 8:7, 8:9, 9:10, 10:11, 11:12, 14:12, 14:13, 15:13, 15:14, 16:14, 16:15, 18:16 (HZ), 19:16, 20:17, 21:19, 24:19, 25:19, 26:21, 28:22, 30:22, 31:23, 32:24, 34:25, 34:26 (EN)