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Handball-Drama mit Happy End für Löwen

Beim 35:34 erleben 6018 Fans in der SAP Arena ein denkwürdiges CL-Duell mit dem FC Barca Lassa

Die Löwen feiern ihren Krimi-Sieg über den FCB.Was für ein Drama! Mit 35:34 (16:13) haben die Rhein-Neckar Löwen am Mittwochabend den FC Barcelona alias Barca Lassa geschlagen und ihren Fans in der SAP Arena einen echten Handball-Krimi geliefert. Dabei führten die Löwen zehn Minuten vor Schluss mit sieben Toren, brachten sich dann aber weitestgehend selbstverschuldet in die Bredouille. Am Ende war es eine Parade des kurz zuvor eingewechselten Andreas Palicka, welche beim Stand von 34:32 den Anschlusstreffer verhinderte und die Mannheimer auf Siegkurs hielt. Durch den Sieg im ersten Spiel der Champions-League-Gruppe A setzen sich die Löwen erst einmal an die Spitze der Tabelle.

Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen atmete nach der Nervenschlacht tief durch. Das Zittern am Ende hätte er sich gerne erspart. „Aber da haben wir nicht mehr so aggressiv in der Abwehr gearbeitet, vor allem auf den Halbpositionen.“ Generell sei man in der zweiten Halbzeit nicht mehr so gut in die Zweikämpfe gekommen, habe mit 21 Toren viel zu viele Gegentreffer kassiert. Insgesamt sei er aber zufrieden: „Ich habe der Mannschaft ein Kompliment gemacht: Wir haben eine der besten Mannschaften der Welt 40 Minuten weitgehend beherrscht. Das war sehr gut.“ Mads Mensah, mit fünf Treffern einer der Top-Torschützen der Löwen, sah das ähnlich. „Insgesamt war das ein Superspiel und ein richtig schöner Anfang in der Champions League für uns. Gegen einen richtig starken Gegner zuhause zu gewinnen, das fühlt sich klasse an – auch wenn wir am Ende große Probleme vor allem mit N’guessan hatten.“ Neben Mensah trafen noch Andy Schmid, Jannik Kohlbacher und Patrick Groetzki fünfmal. Gudjon Valur Sigurdsson war mit noch einem Törchen mehr der Löwen bester Werfer an diesem denkwürdigen Abend.

Barca schneller im Spiel, Löwen beißen zurück

Andy Schmid ackert sich ins Spiel. Zum Spiel: Den besseren Start in die Partie erwischen die in Grellgelb spielenden Gäste. Aron Palmarsson und Timothey N’guessan markieren die beiden ersten Tore der Partie, ehe Alex Petersson N’guessan mit feiner Körpertäuschung vernascht und den ersten Löwen-Treffer der neuen Champions-League-Saison erzielt. Die Initialzündung für die in Orange, Rot und Schwarz auflaufenden Löwen ist dies allerdings noch nicht. Während sie sich im Angriff unheimlich schwertun, nicht wirklich ins Rollen kommen, läuft der Ball durch die Reihen Barcelonas deutlich flüssiger. So darf Victor Tomas von rechts außen unbedrängt einnetzen (1:3), Casper Mortensen nach dem nächsten schlampigen Löwen-Versuch das 2:4 nachlegen. So sieht sich Löwen-Coach Jacobsen bereits nach etwas mehr als fünf Minuten gezwungen, die erste Auszeit zu nehmen.

Jacobsens Ansprache zeigt direkt Wirkung. Offensiv machen seine Jungs nun eine wesentlich bessere Figur, die Abläufe sind strukturierter – und vor allem zielführender. Andy Schmid meldet sich mit einem Zauberpass auf Jannik Kohlbacher in der Partie an, Gudjon Valur Sigurdsson verwandelt den an Kohli verursachten Siebenmeter eiskalt (3:4). Die Löwen agieren jetzt viel variabler, stellen Barca Lassa vor Probleme. Insbesondere die Einläufer von Patrick Groetzki sorgen für Wirbel. In Minute zwölf kippt das Spiel dann endgültig. Nach einem Steal von Alex Petersson und seinem 5:5 im Gegenstoß trifft Jannik Kohlbacher zur ersten Löwen-Führung.

Löwen haben einen Lauf

Andreas Palicka hält den Wurf von Arino. Einen wichtigen Beitrag zur Wende leistet Mikael Appelgren im Tor. Bis zur Pause nimmt er sieben Würfe der Katalanen weg, Mitte der ersten Halbzeit ist er an dem 5:0-Lauf vom 8:7 zum 13:7 maßgeblich beteiligt. In dieser besten Phase des DHB-Pokalsiegers spielen sich unter anderem Steffen Fäth mit zwei krachenden Treffern und Gudjon Valur Sigurdsson mit einem Steal samt Gegenstoßtor in den Vordergrund. Dabei steht die Löwen-Abwehr so gut, dass Barca Lassas Trainer Xavier Pascual Fuertes gleich zwei Auszeiten nimmt und letztlich den siebten Feldspieler bemüht. So gelingt es dem spanischen Meister immerhin, den Löwen-Lauf zu stoppen. Näher als bis auf 16:13 zur Pause kommen die Katalanen aber nicht heran.

Nach dem Seitenwechsel sind die Löwen sofort wieder hellwach. Der für Fäth gekommene Mads Mensah führt sich überragend ein, trifft zum 18:13 und 19:13. Appelgrens achte Parade gegen Dika Mem setzt ein weiteres Zeichen: Die Löwen sind heiß. Daran ändert sich auch nichts nach einem 3:0-Lauf Barcelonas. In der 39. Minute fliegt Sigurdsson nach Kempa-Pass von Schmid zum 22:17, Petersson und wieder Sigurdsson erhöhen gar auf 24:18. Wieder sind die Löwen wacher, schneller, cooler vor dem Tor. Passend dazu haut Appelgren gegen Fabregas die nächste Monster-Parade raus.

Drama in den Schlussminuten

Jannik Kohlbacher machte wieder ein starkes Spiel. Patrick Groetzki, der am Ende fünf von fünf Würfen aus den schwersten Winkeln versenkt haben wird, stellt eine Viertelstunde vor Schluss auf 26:20. Schmid mit seinem vierten Tor trägt den Vorsprung beim 29:23 in die letzten zehn Minuten. Erst jetzt scheinen die Katalanen ihren Kampfgeist zu entdecken. Unterstützt von einigen fragwürdigen Schiedsrichter-Entscheidungen arbeitet sich Barca Lassa mit vier Siebenmetern am Stück (!) bis auf 31:27 heran. Weil die Löwen in dieser Phase außerdem kein Mittel gegen die halblinke Rückraum-Maschine N’guessan finden, steht es zwei Minuten vor Schluss 34:32.

Jacobsen versucht es mit einem Torwartwechsel: Es soll der Geniestreich des Tages werden. Andreas Palicka erwartet in seinem ersten Spielzug den heranstürmenden Arino, der den Anschlusstreffer in der Hand hat. Der Schwede im Löwen-Tor bleibt cool – und sorgt für die am Ende spielentscheidende Parade. Nach 60 Minuten steht ein spektakuläres 35:34 auf der Anzeigetafel der SAP Arena, die Fans feiern ihre Helden. Mehr Tempo, mehr Wahnsinn, mehr Drama geht kaum. So darf es in der VELUX EHF Champions League aus Löwen-Sicht gerne weitergehen.   

Rhein-Neckar Löwen – FC Barca Lassa 35:34 (16:13)

Löwen: Appelgren, Palicka – Schmid (5), Lipovina, Sigurdsson (6/2), Radivojevic, Tollbring, Abutovic, Mensah (5), Fäth (4), Groetzki (5), Taleski, Guardiola (1), Petersson (3), Nielsen (1), Kohlbacher (5)

Barca Lassa: Perez de Vargas, Möller – Mortensen (1), Tomas (1), Entrerrios (2), Sorhaindo (1), Andersson (1), Arino (1), N’guessan (8), Gomez Abello (11/7), Dos Santos, Dolenec, Mem (3), Duarte, Palmarsson (2), Fabregas (3)

Trainer: Nikolaj Jacobsen – Xavier Pascual Fuertes

Schiedsrichter: Slave Nikolov / Gjorgji Nachevski

Zuschauer: 6018

Strafminuten: Abutovic (4), Petersson (2) – Dos Santos (48.)

Siebenmeter: 2/2 – 7/7

Spielfilm: 0:2, 1:2, 1:3, 2:3, 2:4, 4:4, 4:5, 5:5, 7:5, 8:6, 8:7, 13:7, 13:8, 14:8, 15:10, 16:13 (HZ), 18:13, 18:15, 21:16, 26:20, 27:21, 28:23, 30:23, 31:26, 32:28, 33:30, 34:31, 34:32, 35:32, 35:34 (EN)