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Rhein-Neckar Löwen spielen Magdeburg phasenweise an die Wand

Badener gewinnen das Verfolgerduell der DKB Handball-Bundesliga

Ein überragender Andreas Palicka im Tor, ein nicht zu stoppender Gudjon Valur Sigurdsson auf dem Feld und die in der ersten Halbzeit wohl beste Saisonleistung vor einer tollen Kulisse in der SAP Arena. Die Rhein-Neckar Löwen haben das Verfolgerduell in der DKB Handball-Bundesliga gegen den SC Magdeburg gewonnen und boten dabei besonders in der ersten Halbzeit absoluten Spitzenhandball. Während bei den Gästen, die neben Kapitän Christian O`Sullivan in Mannheim auch auf Robert Weber verzichten mussten, in der ersten Hälfte überhaupt nichts zusammenlief, spielten sich die Löwen phasenweise in einen Rausch. Eine in dieser Höhe nie erwartete 18:8 Halbzeitführung war ein deutliches Ausrufezeichen der Badener, die mit weiterhin fünf Minuspunkten fünf Punkte Rückstand auf den Tabellenführer aus Flensburg haben. Den zum Saisonstart überragenden Magdeburgern droht nun mit bereits acht Minuspunkten vorzeitig das Ende aller Meisterschaftsträume. Zu allem Überfluss verloren die Gäste, bei denen ein überragender Michael Damgaard mit neun Toren nicht ausreichte, in Mannheim auch noch Spielmacher Marko Bezjak mit einer Fußfraktur.

„Mir fehlen zur ersten Hälfte die Worte. Wir haben viel verworfen, da war ich nicht der Einzige. Die Unsicherheit der letzten Tage nach den Niederlagen gegen Porto und Göppingen, war vielleicht zu groß. Ich hatte das Gefühl, dass die Einstellung und der Wille da waren. Aber vor allem hier in dieser Halle wurden die Löwen nach vorne gepeitscht. Wir müssen jetzt alle gemeinsam zusammenstehen. Wenn wir jetzt jedes Spiel gewinnen, werden wir vielleicht noch Meister“, sprach Magdeburgs neunfacher Torschütze Michael Damgaard. Andreas Palicka dagegen zeigte sich mit dem Erfolg seiner Mannschaft und auch seiner eigenen Leistung zufrieden: „Natürlich wollten wir nach der ersten Hälfte auch die zweite Halbzeit gewinnen. Das haben wir allerdings nicht hinbekommen. Ich bin nicht enttäuscht, weil wir heute in der ersten Hälfte die beste Leistung in der Saison gespielt haben. Man hat eine Ruhe im Körper, wenn man viele Tore verhindert. Es kommt nicht so oft vor, aber heute habe ich viel Selbstvertrauen getankt. Die Saison ist noch lang, deswegen ist in der Meisterschaft noch alles möglich. Wir denken aber von Spiel zu Spiel und werden sehen, was dabei herum kommen wird.“

Die Stimmung in der SAP Arena erreichte schon vor dem Anwurf ihren ersten Höhepunkt, als Mikael Appelgren per Videobotschaft an die Fans seine Vertragsverlängerung bei den Löwen verkündete. Die über 8000 Zuschauer mussten dann aber über drei Minuten auf das erste Tor in der Partie warten, dann traf Gudjon Valur Sigurdsson in Unterzahl (Zeitstrafe Abutovic) nach einem eigenen Ballgewinn in der Abwehr zum 1:0 für die Gastgeber. Löwen-Torhüter Andreas Palicka hatte von Beginn an Betriebstemperatur erreicht, parierte direkt in der Anfangsphase zwei völlig freie Bälle und ermöglichte seinen Vorderleuten so die Möglichkeit zu einer 3:1 Führung durch zwei weitere Tore von Jannik Kohlbacher. Auch in der elften Minute war Palicka Endstation für einen Angriff des SCM, einen Gegenstoß von seinem Landsmann Albin Lagergren parierte der Schwede großartig. Was folgte war ein wahrer Sturmlauf der Löwen, die sich in der Anfangsphase bis auf 8:2 absetzen konnten.

Nach nicht einmal einer Viertelstunde nahm Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert seine erste Auszeit. Die Löwen waren dem SCM zu diesem Zeitpunkt schon bis auf 7:2 enteilt, alleine fünf Treffer gingen bis dahin auf das Konto von Gudjon Valur Sigurdsson. Der Isländer sprühte nur so vor Spiellaune und war von der Gästeabwehr überhaupt nicht zu halten. Zu allem Überfluss leistete sich der SCM dann nach der Auszeit auch noch einen Wechselfehler, die Löwen bedankten sich mit dem achten Tor. Erst Matthias Musche beendete die Magdeburger Torflaute vom Siebenmeterpunkt zum 8:3 Zwischenstand.

Der SCM präsentierte sich im eigenen Angriffsspiel überraschend ideenlos und scheiterte immer wieder an der sicher stehenden Abwehr der Löwen um Gedeon Guardiola und Ilija Abutovic im Mittelblock, hinter denen Andreas Palicka zur Höchstform auflief.  Die Gastgeber dagegen wirkten gedankenschneller, Gedeon Guardiola traf so zweimal ins leere Tore der Magdeburger, die jeweils ihren Torhüter für einen zusätzlichen Feldspieler vom Platz genommen hatten. Nach dem 11:4 Zwischenstand nahm SCM-Coach Bennet Wiegert so bereits seine zweite Auszeit, seiner Mannschaft drohte ein Debakel. Der SCM, in der Tabelle nach Pluspunkten mit zwei Spielen mehr noch vor den Löwen platziert, präsentierte sich in der ersten Halbzeit in Mannheim völlig von der Rolle. Der wieder im Kader stehende Patrick Groetzki traf so aus dem Rückraum zum 12:4. Entnervt verließ Magdeburgs Torhüter Jannik Green das Feld, Dario Quenstedt kam in die Partie. Der zukünftige Kieler konnte zwar einen Strafwurf von Sigurdsson zunächst parieren, der Isländer versenkte aber den Nachwurf im Kasten. Beim 15:5 traf Gedeon Guardiola fünf Minuten vor der Pause zur ersten 10-Tore-Führung der Löwen, die in der ersten Hälfte ihre bisher beste Saisonleistung boten. Mit 18:8 ging es in die Pause. Der am heutigen Tag im Abschluss glücklose Andy Schmid fand mit einem sensationellen Anspiel Jannik Kohlbacher am Kreis, der Nationalspieler konnte von der SCM-Defensive nur mit einem Foul gestoppt werden, Jerry Tollbring verwandelte daraufhin den Siebenmeter.

Auch nach der Pause ging die einseitige Partie zunächst weiter. Der erste Querpass der Magdeburger landete auf der Tribüne der SAP Arena, Gudjon Valur Sigurdsson erzielte wie schon in der ersten Hälfte das erste Tor der Halbzeit und schraubte die Führung der Löwen beim 19:8 auf unglaubliche elf Treffer. Nachdem der SCM bis auf 15:22 verkürzen konnte, nahm Nikolaj Jacobsen seine Auszeit. Mit Erfolg, nach der kurzen Schwächephase erzielten die Löwen die nächsten drei Tore in Folge und hatten zehn Minuten vor dem Ende den Vorsprung beim 25:15 wieder auf zehn Tore gestellt. Wirklich gefährlich wurden die Gäste den Löwen jedoch nicht mehr, auch wenn der SCM sich nach dem deutlichen Rückstand nie aufgab und in der Schlussphase so die Tordifferenz auf am Ende noch erträgliche sechs Tore zum 28:22 Endstand reduzierte. „Am Ende war das nur noch Ergebniskosmetik für uns. Wir sind zu keinem Zeitpunkt ins Spiel gekommen. Wir sind hier her gekommen, um zu gewinnen. Das war heute  zu keinem Zeitpunkt drin, weil wir über die gesamte Spielzeit nicht zu unserem Tempo gefunden haben“, sprach ein enttäuschter Magdeburger Trainer Bennet Wiegert nach dem Spiel. „Der SC Magdeburg ist keine Mannschaft, die man mal so eben aus der Halle schießt. Natürlich hätten wir auch gerne die zweite Hälfte gewonnen, das ist uns leider nicht gelungen“, sah auch Oliver Roggisch, Sportlicher Leiter der Löwen noch Steigerungspotenzial seiner Mannschaft. Besonders im Rückraum ließen die Löwen noch viele Chancen ungenutzt. So gelang weder Andy Schmid, Mads Mensah oder Steffen Fäth im gesamten Spiel ein einziger Treffer, der von den Löwen-Fans lautstark geforderte Filip Taleski blieb ebenfalls ohne Torerfolg, kam allerdings nur in den letzten Minuten aufs Feld. Für die Löwen geht es in der Bundesliga bereits am Samstag weiter, dann steht das Derby bei Frisch Auf! Göppingen an. Anwurf in der EWS Arena ist um 20:30 Uhr. „Das wird ein richtig schweres Spiel. Uns erwartet ein Hexenkessel, eben ein Derby. Wir haben uns heute Selbstvertrauen geholt und wollen dort nachlegen“, ging der Blick von Jannik Kohlbacher nur Minuten nach dem Schlusspfiff schon wieder in die Zukunft auf die nun kommende Partie. 

Rhein-Neckar Löwen – SC Magdeburg 28:22 (18:8)

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren, Palicka; Schmid, Lipovina (1), Sigurdsson (9/2), Radivojevic, Tollbring (1/1), Abutovic, Mensah, Fäth, Groetzki (4), Taleski, Guardiola (3), Petersson (4), Nielsen, Kohlbacher (6),

SC Magdeburg: Green, Quenstedt; Musa (1), Chrapkowski, Baumgart, Musche (7/3), Kluge, Petersson (1), de la Pena, Jimenez (1), Molina, Christiansen (1), Lagergren (1), Bezjak (1), Damgaard (9)

Trainer: Nikolaj Jacobsen – Bennet Wiegert

Schiedsrichter: Fabian Baumgart – Sascha Wild

Zuschauer: 8210

Zeitstrafen: 2 – 3

Siebenmeter: 3/4 – 3/3

Rhein-Neckar Löwen: Sigurdsson scheitert an Quenstedt und trifft im Nachwurf

Strafminuten: Kohlbacher (2), Abutovic (2) – Damgaard (2), Molina (2), Musa (2)

2:1 (5.), 3:2 (10.), 7:2 (15.), 8:3 (20.), 13:5 (25.), 18:8 (Hz), 21:10 (35.), 22:14 (40.), 22:15 (45.), 24:15 (50.), 26:19 (55.), 28:22 (EN)