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Unverhoffte Chance (MM)

Von Marc Stevermüer zu den Aussichten der Löwen in 2015

Niemals werde er den 24. Mai 2014 vergessen, sagte Spielmacher Andy Schmid am 25. Mai – und damit genau einen Tag nach der verpassten deutschen Meisterschaft mit den Rhein-Neckar Löwen. Der Schock saß tief, weil der Titel so nah und die Chance so groß war. Am Ende war der THW Kiel um zwei magere Törchen besser – und alles fühlte sich aus Löwen-Sicht irgendwie ungerecht an. „Man hat uns etwas weggenommen, was eigentlich uns gehört“, brachte Kapitän Uwe Gensheimer am Tag nach dem Drama die Stimmung auf den Punkt. Tränen und Trauer – das war der badische Gemütszustand im Frühsommer 2014.

Es gibt Teams, die zerbrechen an solch einem Trauma. Das hat die Sportgeschichte gezeigt. Es gibt aber auch Mannschaften, die nicht aufgeben, ihr Ziel weiter verfolgen und einen neuen Anlauf wagen. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft etwa, die sich in diesem Sommer endlich belohnte. Oder der FC Bayern, der die Champions League einfach ein Jahr nach dem vergeigten „Finale dahoam“ gewann. Die DFB-Elf und die Münchner Fußballer – sie dienen den Löwen als Vorbild. Schon 2015 können die Badener das nachholen, was ihnen in diesem Jahr verwehrt blieb.

Mit jeweils sechs Minuspunkten gehen die Gelbhemden und der THW Kiel in die Winterpause. Das war nach dem kleinen Umbruch inklusive Trainerwechsel und dem Aufrüsten des finanzstarken Dauerrivalen aus dem Norden nicht unbedingt zu erwarten. Doch plötzlich ist sie wieder da, die große Chance auf den Titel. Es gilt, die Möglichkeit zu nutzen, eiskalt zuzuschlagen, den Killerinstinkt zu zeigen. „Jetzt oder nie“ ist man geneigt zu sagen, verschieben sich die Kräfteverhältnisse mit dem Wechsel von Weltklasse-Torwart Niklas Landin von den Löwen zum THW nach dieser Saison schließlich noch mehr Richtung Norden.

Dass die Aufgabe in den kommenden Monaten dennoch nicht einfach wird, ist klar. Kiel ist in der Breite besser besetzt als die Löwen, im direkten Duell am Osterwochenende genießt der THW zudem Heimrecht. Doch die Badener haben die Klasse, dort zu gewinnen. Das ist ihnen auch im DHB-Pokal in der vergangenen Saison gelungen. Und nicht zuletzt sollten sie sich an die Worte ihres Kapitäns Uwe Gensheimer erinnern: „Das Ziel kann nur Angriff lauten!“ Auch das sagte er am 25. Mai.