Rhein-Neckar Löwen

Der Kämpfer am Kreis (MM)

Löwe Bjarte Myrhol ist am Samstag in Barcelona gefordert – am Sonntag drückt er dem FC Liverpool die Daumen

MANNHEIM. Der Erfolg, er hat auch seine Schattenseiten. Das bekam jetzt Bjarte Myrhol zu spüren. Der glühende Fußball-Fan und Anhänger des englischen Traditionsvereins FC Liverpool hätte dabei sein können, wenn am Sonntag in der englischen Premier League vielleicht die Titel-Entscheidung fällt. Denn der legendäre Klub von der Anfield Road trifft im Spitzenspiel auf den FC Chelsea. Myrhol bekam Tickets angeboten, doch der Kreisläufer der Rhein-Neckar Löwen kann nicht. Der Norweger sitzt am Sonntag im Flugzeug, befindet sich auf der Rückreise vom Viertelfinal-Rückspiel des Handball-Bundesligisten in der Königsklasse beim FC Barcelona (Samstag, 20.15 Uhr/Eurosport). „Insofern war unser Weiterkommen in der Champions League gegen Kielce eher ein Nachteil für mich“, scherzt der Modellathlet und lacht.

Schmerzen machen ihm nichts

Keine Frage: Liverpool – Chelsea, das hat was. Doch Barcelona – Löwen, das ist noch besser. Zumindest für Myrhol, diesen nimmermüden Wettkämpfer, der niemals aufgibt. Er wird am Kreis geschlagen und geschubst, ackert um jeden Zentimeter. Der Körper schmerzt nach jeder Begegnung – und trotzdem liebt er das Handballspielen über alles. Zurzeit macht ihm sein Sport sogar noch mehr Spaß als sonst, denn mit dem badischen Bundesligisten steht er nach dem sensationellen 38:31-Hinspielsieg vor einer faustdicken Überraschung. Es winkt der unerwartete Einzug ins Final Four – und das gegen das Starensemble aus der Mittelmeer-Metropole, für das in diesem Jahr nur der Triumph in der Champions League zählt.

Die Klasse und das Potenzial im Kader des FC Barcelona sind es allerdings, die den Löwen weiterhin gehörigen Respekt einflößen. Trotz der guten Ausgangsposition. „Es ist überhaupt noch nichts entschieden“, bleibt Myrhol vorsichtig: „Wir wissen, welch schwere Aufgabe auf uns zukommt. Unser Vorsprung kann schnell aufgebraucht sein. Wir müssen clever agieren.“

Klar ist auf jeden Fall, dass die Gelbhemden mit reichlich Selbstvertrauen in die Begegnung im legendären Palau Blaugrana gehen. Erst die Gala im Bundesliga-Topspiel gegen den THW Kiel, dann vier Tage später Barcelona demontiert. „Es wäre falsch, wenn man dieses tolle Gefühl nicht mit in die nächsten Aufgaben nimmt“, sagt Myrhol. Dennoch sei noch nicht die Zeit gekommen, um irgendetwas zu genießen. „Wir haben großartige Leistungen gezeigt. Mehr aber auch nicht. Diese Saison ist noch nicht vorbei und wir haben auch noch keinen Titel gewonnen.“

Der rasante Stimmungswandel bei den Löwen ist eigentlich unglaublich. Vor knapp zwei Wochen befand sich der EHF-Cup-Sieger im Jammertal. Als Titelfavorit war er zur Pokal-Endrunde nach Hamburg gereist, um dort im Halbfinale an der SG Flensburg-Handewitt zu scheitern. Doch dann zogen sich die Gelbhemden selbst aus dem Schlamassel – mit beeindruckenden Leistungen. „Man darf nie vergessen, dass auch Flensburg eine sehr gute Mannschaft hat. Gegen diesen Gegner zu verlieren, ist kein Ding der Unmöglichkeit“, verweist Myrhol auf die Klasse des Kontrahenten, der in der Liga nur einen Zähler hinter den Badenern liegt und ebenfalls gute Chancen auf die Teilnahme am Final Four der Königsklasse hat.

„Uns belastet das nicht“

Schon unmittelbar nach dem geplatzten Pokal-Traum hakten die Löwen die Niederlage gegen Flensburg ab. „Das Schöne an unserer aktuellen Situation ist ja, dass wir ständig gefordert werden. Da bleibt nicht viel Zeit, um über etwas nachzudenken, enttäuscht zu sein oder um etwas zu genießen. Mit einer bitteren Niederlage darf man sich eine Stunde, maximal einen Tag beschäftigen“, sagt der Norweger, für den immer nur das nächste Spiel von Bedeutung ist. Alles andere interessiert ihn nicht. Auch nicht das Gerede vom Titelfavoriten in der Bundesliga. „Es ist klar, dass uns diese Rolle jetzt zugeschrieben wird. Aber uns belastet das nicht.“

Genauso wenig wie den FC Liverpool, der bislang die Konkurrenz aus Manchester und London in Schach hält. Myrhol freut’s – er fiebert dem Saisonfinale der Premier League am 11. Mai entgegen: „Seit fast 25 Jahren wartet Liverpool auf diesen Meistertitel – und ich bin sehr gespannt, ob es diesmal endlich klappt.“ Übrigens: Am Abend zuvor spielen die Löwen in Eisenach.

Von Marc Stevermüer

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