Rhein-Neckar Löwen

Die Handball-Nationalmannschaft: 18 deutsche Helden und ein Architekt (RNZ)

Vom „bösen Wolff“ bis hin zum Kraftpaket als Wundertüte – die Handballnationalmannschaft im Kurzporträt

18 deutsche Handball-Helden erreichten bei der EM in Polen den größten Erfolg seit dem Gewinn der Heim-WM vor neun Jahren. Beinahe alle waren vor dem Turnier Nobodys, und verließen die Tauron-Arena in Krakau gestern als Stars. Die Spieler und der Trainer im Kurzporträt.

Andreas Wolff, Torwart: Einer der Gewinner des Turniers. Seit dem Sieg gegen Schweden ist er der ganzen Handball-Welt bekannt. Der Wetzlarer ist zerfressen vor Ehrgeiz und hat athletisch die Voraussetzung, um der Beste der Welt zu werden. In Polen hat der „böse Wolff“ angedeutet, dass er auf dem Weg dahin ist.

Carsten Lichtlein, Torwart: Der Vater der Kompanie, braucht jeden Morgen mindestens sieben Tassen Kaffee, um auf Touren zu kommen. Verlor seinen Status als Nummer eins an Andreas Wolff, zeigte sich aber als Teamplayer und ist immer gut für ein „Lütti-Spiel“.

Tobias Reichmann, Rechtsaußen: Der Mann mit den Sprungfedern hat ein Heimspiel, weil er für den polnischen Meister KS Kielce spielt. Er hat den verletzten Patrick Groetzki komplett vergessen lassen. Von der Siebenmeterlinie ist Reichmann beeindruckend nervenstark.

Johannes Sellin, Rechtsaußen: Ihm blieb nur eine Nebenrolle, weil Reichmann auftrumpfte. Gehört zu einer Gruppe mit Lemke und Pekeler, die am Abend immer „Siedler von Catan“ spielen.

Steffen Weinhold, rechter Rückraum: Der Kapitän füllte seine Rolle auf dem Feld vorbildlich aus, ging in den entscheidenden Phasen mit Leistung voran. Gegen Russland opferte er sich für das Team, musste deshalb mit einer Verletzung ausscheiden.

Kai Häfner, rechter Rückraum: Rückte für Steffen Weinhold kurzfristig in den Kader und wurde sofort zur tragenden Säule. Nervenstark wurde er zum Matchwinner im Halbfinale gegen Norwegen.

Fabian Wiede, rechter Rückraum: Hat in der Jugend und bei den Senioren in Berlin gezeigt, dass er weiß, wie man Titel gewinnt. Hat auch in spielentscheidenden Situationen keine Angst und war heiß darauf, den Posten von Weinhold als Starter einzunehmen.

Simon Ernst, Rückraum Mitte: Hat viel Talent, kam in Polen aber nicht über die Rolle eines Nebendarstellers hinaus. Seine Zeit wird kommen, hoffentlich nicht immer so wie mit seinem verfrühten Jubel gegen Norwegen.

Finn Lemke, Rückraum Mitte, Abwehrchef: Kam als Nobody und wird die EM als Mann verlassen. Der 2,10-Meter-Hüne wächst mit jedem Spiel und ist inzwischen zum aggressiven Anführer der Mannschaft geworden. Privat eher ruhig, kauft immer nur eine bestimme Jeansmarke, sonst passt nichts.

Martin Strobel, Rückraum Mitte: Der Mann aus Balingen ist immer dann gefragt, wenn das Spiel der Deutschen Ruhe und Struktur braucht. Strobel ist hinter Lichtlein der erfahrenste Akteur und gehört deshalb zu den Wortführern.

Niclas Pieczkowski, linker Rückraum: Der Mann aus Lübbecke hat sich zur Allzweckwaffe gemausert. Spielt entweder auf seiner angestammten Position im Rückraum, oder auf Linksaußen, wenn Dahmke eine Pause benötigt. Auffallend unaufgeregt löst er jede Aufgabe, die ihm von Sigurdsson gestellt wird.

Christian Dissinger, linker Rückraum: Gerade als der talentierte Shooter richtig im Turnier angekommen war, verletzte er sich im Duell mit Russland. In Zukunft kann er der Mannschaft auf der Königsposition viel geben.

Julius Kühn, linker Rückraum: Zweiter Nachrücker neben Häfner. Der Mann aus Gummersbach freute sich auf die „Do-or-die-Spiele“ und fügte sich damit nahtlos in das selbstbewusste Team ein. Seine Wurfkraft ist beeindruckend.

Steffen Fäth, linker Rückraum: Der Wetzlarer war eine positive Überraschung. Spielte kontinuierlich auf hohem Niveau und überraschte auf der Mittelposition mit viel Spielwitz. Ist ein kompletter Handballer geworden.

Rune Dahmke, Linksaußen: Der eloquente Kieler ist der Senkrechtstarter der Saison und spulte bei der EM sein Pensum wie selbstverständlich ab. Erstaunlich schnell hat er das Sieger-Gen in sich aufgesogen. Dahmke hat vor nichts Angst, obwohl er erst vor einem Jahr den Sprung in die Bundesliga schaffte.

Erik Schmidt, Kreisläufer: Der Hannoveraner (davor TSG Friesenheim) ist der reflektierteste Spieler der Deutschen, und genauso spielt er auch. Schmidt kann nicht zaubern, aber er kann arbeiten – und tat das mit großer Entschlossenheit.

Hendrik Pekeler, Kreisläufer: Ist in der Defensive variabel einsetzbar und damit eine wichtige Waffe. Kann im Innenblock decken, oder vorgezogen offensiver agieren. Startete meist als Kreisläufer auch in der Offensive und zeigte in Polen, dass er mehr als ein Talent ist.

Jannik Kohlbacher, Kreisläufer: Der Mann aus Wetzlar ist die Wundertüte bei dieser EM. Niemand kannte das Kraftpaket, auch die Gegner nicht. Das änderte sich gerade, denn Kohlbacher wurde zur Geheimwaffe.

Dagur Sigurdsson, Trainer: Der Isländer passt perfekt zu der jungen Mannschaft. Er gab dem Team eine Struktur und die Überzeugung, jeden Gegner schlagen zu können. Sigurdsson ist der Architekt des Wintermärchens.

Von Michael Wilkening

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