Rhein-Neckar Löwen

Die Löwen von A bis Z: Andy Schmid

Explosivität und Wurfkraft zeichnen Andy Schmid aus – bei den Löwen nimmt der Schweizer zudem eine Führungsrolle ein. Uns erklärt der Regisseur seine Sicht auf den Handball von A bis Z.

A wie Alpen: Als Kind bin ich sehr viel in den Bergen gewesen. Ich war häufig Skifahren mit meinen Eltern, wir hatten eine Hütte in Davos. In den vergangenen Jahren fehlte mir leider die Zeit, um mal wieder einen richtigen Skiurlaub zu machen. Aber wenn mein Sohn Lio etwas größer ist, möchten meine Freundin Therese und ich unbedingt mit ihm in die Berge.

B wie Busfahrt: Mittlerweile habe ich mich an die langen Reisen und die vielen Stunden auf der Autobahn gewöhnt. Ich würde fast schon sagen, dass ich diese Reisen ein bisschen genieße. Patrick Groetzki und ich sitzen ganz hinten im Bus und haben uns eine kleine Lounge eingerichtet. Dort kann man es ganz gut aushalten, und ich kann an meinem Notebook immer ein paar Sachen erledigen, zu denen ich sonst nicht komme.

C wie Chicago Bulls: Ich bin ein großer Basketball-Fan und die Chicago Bulls waren in meiner Jugend natürlich mein absoluter Lieblingsverein. Michael Jordan, Dennis Rodman, Scotty Pippen – alle Stars spielten bei den Bulls. Ich war damals noch ein kleiner Junge und wollte immer die NBA-Finals nachts live verfolgen. Daran führte für mich einfach kein Weg vorbei. Im Schlafzimmer meiner Eltern stand ein kleiner Fernseher. Mein Vater hat dann Platz für mich gemacht, und ich bin dann immer schön zu meiner Mutter ins Bett gekrochen.

D wie Dänemark: Meine erste Auslandsstation. In der Saison 2009/2010 spielte ich bei Bjerringbro-Silkeborg. Ich wurde zum besten Spieler der Saison gewählt, aber wir verpassten leider die Meisterschaft. Menschlich und sportlich war dieses eine Jahr trotzdem sehr wichtig für mich. Ich habe eine neue Sprache gelernt und gemerkt, dass ich mich auch in einer stärkeren Liga durchsetzen kann. Keine Frage: Dänemark war der richtige Zwischenschritt vor meinem Wechsel zu den Löwen in die Bundesliga.

E wie EHF-Pokal: Erst einmal erlebten wir in diesem Wettbewerb eine riesige Enttäuschung. 2012 schieden wir im Halbfinale gegen Göppingen aus. Das war richtig bitter, das hat richtig weh getan, denn wir hatten uns so viel vorgenommen und waren so kurz vor dem Ziel. Umso schöner war es, dass wir in diesem Jahr diesen Pokal gewonnen haben. Nachdem die Löwen in den vergangenen Jahren schon so oft ganz nah an einem Titel waren, kam dieser Erfolg einer Befreiung für den ganzen Verein gleich.

F wie Fasnacht: Meine Heimatstadt Luzern ist eine echte Fasnachts-Hochburg. Was da abgeht, ist schon legendär. In der ganzen Stadt wird gefeiert und wer nicht verkleidet ist, der fällt auf. Ich habe mich schon einmal als Rosenverkäufer und mit ein paar Freunden als Tischfußballkette unter das Volk gemischt. Leider fällt Fasnacht meistens in den Februar – und deswegen war ich ein paar Jahre schon nicht mehr da.

G wie Goran Perkovac: Ich habe als Kind seinen Schweiß in der Halle aufgewischt (lacht). Goran war ein Vorbild von mir in meinem Heimatverein und er gewann 1993 mit Luzern die Meisterschaft. Ich habe zu ihm aufgeschaut. Als er dann Trainer wurde, war Goran plötzlich mein Rivale im Kampf um die Meisterschaft in der Schweiz. Ich spielte für Zürich, er betreute unseren schärfsten Konkurrenten: die Kadetten Schaffhausen. Von 2008 bis 2013 war er dann mein Trainer in der Nationalmannschaft, zuletzt trafen wir uns beim Auswärtsspiel in Minden, wo er jetzt arbeitet. Der Handball führt uns immer wieder auf irgendeine Art und Weise zusammen. Und ich freue mich jedes Mal, wenn ich ihn wiedersehe.

H wie Heidelberg: Das ist meine zweite Heimat. Die Atmosphäre in der Stadt ist vergleichbar mit Luzern. Und wohl auch deshalb fühlen Therese, Lio und ich uns in Heidelberg so wohl.

I wie Intuition: Die bestimmt mein Spiel. Ich brauche diese Lockerheit, um meine Leistung abzurufen. In meinem ersten Jahr bei den Löwen hatte ich diese Leichtigkeit ein wenig verloren, weil ich zu viel nachgedacht habe und verkrampfte. Ich muss mich bei meinem Spiel auf mein Gefühl und meine Spontanität verlassen, das sind meine Stärken. Dazu gehört eben auch ein gewisses Maß an Risiko. Unser Trainer Gudmundur Gudmundsson weiß das und lässt mir diese Freiheiten, er definiert aber auch klare taktische Grenzen, an die ich mich halten muss. Und das ist gut so. Denn schön spielen und trotzdem verlieren finde ich nicht so toll.

J wie Jugend: Sport und Schule unter einen Hut zu bekommen, war als Kind nicht immer einfach. Schon sehr früh in meiner Jugend war ich extrem auf Handball fokussiert, meine Mama hat allerdings auch viel Wert darauf gelegt, dass ich in der Schule am Ball bleibe und mein Abitur mache. Das habe ich dann auch geschafft. Bei ihr war es früher so wie jetzt bei Gudmundur: Auch sie hat mir meine Freiheiten gelassen und gleichzeitig klare Grenzen festgesetzt (lacht).

K wie Kobe: So heißt unser Hund. Seit drei Jahren gehört er fest zu unserer Familie, er sorgt für reichlich Abwechslung und Ablenkung. Die Spaziergänge mit ihm tun richtig gut und vor allem bringt er mich auf andere Gedanken. Denn ihm ist es egal, ob wir mit den Löwen gewonnen oder verloren haben. Er will nach draußen und was zu essen, dann ist er glücklich. Benannt haben wir ihn übrigens nach Basketballspieler Kobe Bryant, der aufgrund seines nicht alltäglichen Spielstils so etwas wie ein Vorbild für mich ist. Auch er liebt das Ungewöhnliche, das Risiko und das Spektakuläre.

L wie Luzern: Meine Heimatstadt, in der viele meiner Freunde und meine Familie leben. Luzern gehört meiner Meinung nach zu den schönsten Städten Europas. Ich kann jedem nur empfehlen, dort mal hinzufahren – zumal es dort auch ein Löwen-Denkmal gibt (lacht).

M wie Mode: Spielt seit meiner Zeit in Dänemark eine große Rolle in meinem Leben. Die Skandinavier sind den Deutschen, Schweizern und Österreichern in Sachen Mode zwei, drei Jahre voraus. Die haben einen ganz speziellen Kleidungsstil, der mir gefällt. Deswegen ist Mode zu einem Hobby von mir geworden und ich habe zusammen mit Uwe Gensheimer und Marko Vukelic das Modelabel „U AND WOO“ gegründet.

N wie Nationalmannschaft: Ein sehr schwieriges Thema. Ich spiele wirklich gerne für die Schweiz, aber ich bin mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem ich mich frage: Macht es aufgrund der Belastung bei den Löwen, mit denen ich in der Champions League spiele und bei denen ich Stammkraft bin, noch Sinn, bei jedem WM-Vorqualifikationsspiel auf der Platte zu stehen? Ich will mir zwar nicht die Rosinen rauspicken und nur bei den wichtigen Begegnungen dabei sein, aber seit zehn Jahren spiele ich in der Nationalmannschaft – und die Entwicklung stagniert.

O wie Optimismus: Im Grunde bin ich schon ein optimistischer Mensch, aber es mischt sich auch immer eine Portion Realismus dazu. Ich bin nicht immer der gut gelaunte Andy aus der Schweiz. Es gibt auch Tage, an denen es sehr schwer für meine Mitmenschen ist, mich und meine Laune zu ertragen. Ich kämpfe sehr mit Niederlagen.

P wie Papa: Seit 16 Monaten gehört unser Sohn Lio jetzt zu unserer Familie. Er ist unser ganzer Stolz. Auf meine Vaterrolle habe ich mich nicht speziell vorbereitet. Ich bin da einfach so reingewachsen – und es läuft ganz gut. Ich bin auf jeden Fall überglücklich und es macht unheimlich Spaß, jeden Tag Lios kleine Fortschritte zu sehen.

Q wie Qual: Die Saisonvorbereitung kommt jedes Jahr einer Qual gleich. Besonders schlimm wird diese Schinderei durch die Tatsache, dass man meistens kurz vorher aus dem Urlaub kommt und noch ganz entspannt ist. Der Sprung von der totalen Erholung in diese immense Belastung ist schon gewaltig. Aber es hilft nichts. Im Sommer werden die konditionellen Grundlagen für eine ganze Saison gelegt.

R wie Roger Federer: Er ist fraglos der größte Schweizer Sportler aller Zeiten. Eine Ikone, ein Sympathieträger, eine Werbefigur, ein Aushängeschild für unser Land. Momentan läuft es nicht ganz so gut für ihn, deswegen leide ich ein bisschen mit ihm. Ich hoffe, dass er den richtigen Moment für seinen Abschied von der Tennis-Bühne findet. Ein Rücktritt mit einem Grand-Slam-Titel – das wünsche ich ihm.

S wie Schokolade: Neben Uhren und Bergen gehört Schokolade zu den absoluten Schweizer Markenzeichen. Aber ich habe damit überhaupt nichts am Hut. Wenn ich welche essen würde, hätte ich vielleicht dickere Beine (lacht).

T wie Therese: Ich habe sie über Frank Løke, der jetzt beim TuS N-Lübbecke spielt, kennengelernt. Damals spielten wir zusammen in Zürich und ich habe ihn dann einmal in seiner norwegischen Heimat besucht. Dort lernte ich Therese kennen – und plötzlich ging alles ganz schnell. Sie kam zu mir in die Schweiz und besuchte mich, anschließend zogen wir zusammen. Mit ihr habe ich schon ganz früh in meinem Leben einen Jackpot gewonnen. Sie stellt ihr Leben, ihre Karriere momentan hinten an, weil Therese weiß, dass die Zeit für mich als aktiver Handballer zeitlich begrenzt ist. Dafür danke ich ihr sehr, weil das nicht selbstverständlich ist. Wenn ich mal nicht mehr Handball spielen sollte, werde ich alles versuchen, ihr auch die Möglichkeit zu geben, ihre beruflichen Träume zu verwirklichen.

U wie U AND WOO: Unser Modelabel. Es macht richtig Spaß, farbige Socken zu entwerfen. Die Geschäfte laufen ganz gut (lacht) – und wir können uns vorstellen, die Produktpalette in Richtung Unterwäsche zu erweitern.

V wie Vertragsverlängerung: Ich musste nicht lange überlegen, ob ich meinen Vertrag bei den Rhein-Neckar Löwen verlängern werde. Denn es gab keinen Grund, den Klub zu verlassen. Ich identifiziere mich total mit diesem Verein, wir haben eine tolle Mannschaft mit tollen Charakteren. Ich gehöre ganz einfach zu den Löwen und könnte mir nicht vorstellen, in Deutschland für einen anderen Verein zu spielen.

W wie Wunder von Bern: Deutsche Sportgeschichte, damit kenne ich mich ein bisschen aus. Fußball-Weltmeisterschaft 1954, Deutschland schlägt Ungarn im Finale von Bern mit 3:2. Mehr weiß ich aber nicht. Für die Deutschen war dieses Spiel vermutlich auch deutlich wichtiger als für die Schweiz (lacht).

X wie Xavier Naidoo: Seine Musik höre ich sehr gerne. Uwe Gensheimer ist ja in gewisser Art und Weise auch ein Sohn Mannheims. Deshalb wollen wir versuchen, dass Xavier in Zukunft mal unsere Socken trägt. Vielleicht geht da was (lacht).

Y wie Youtube: Dort schaue ich mir manchmal ein paar Handball-Clips an. Spektakuläre Tore, Torwartparaden und skurrile Spielszenen findet man da immer.

Z wie Zürich: Dort habe ich fünf Jahre gespielt. Erst bei Grashopper, dann bei Amicitia. Ich wurde zwei Mal Schweizer Meister. In privater Hinsicht war das auch ein wichtiger Schritt in meiner Karriere. Ich war gerade einmal 19 Jahre alt, als ich nach Zürich kam und war zum ersten Mal von Zuhause weg. Ich musste meinen eigenen Haushalt führen. Das war ein Meilenstein, aber er hat sich gelohnt. Auch wenn ich sagen muss, dass mir die Stadt ein bisschen zu hektisch war.

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