Rhein-Neckar Löwen

Dramatisches 33:32 gegen Celje

Groetzki erlöst Löwen in den Schlusssekunden / Szmal überragt

Hochspannung in der SAP ARENA: Der frisch gekürte Welthandballer 2009 Sławomir Szmal sicherte den Rhein-Neckar Löwen einen 33:32 (14:16)-Champions-League-Sieg gegen RK Celje, indem er zehn Sekunden vor Schluss einen Wurf von Alem Toskić famos parierte und dadurch den Gegenzug einleitete, den Patrick Groetzki mit dem Siegtreffer abschloss.

Sichtlich mitgenommen und kopfschüttelnd betrat Guðmundur Guðmundsson die Katakomben. Die gerade zu Ende gegangenen 60 Minuten waren nichts für schwache Nerven. Im ersten Abschnitt steckte den Gelbhemden scheinbar noch das Kiel-Spiel in den Knochen. Nach anfänglicher Führung produzierte die Guðmundsson-Sieben eine ungewöhnlich hohe Fehlerquote, leistete sich 13 Fehlwürfe und zahlreiche Abspielfehler. Die Slowenen spielten hingegen ihren Stiefel runter, blieben dabei auch nicht fehlerfrei, aber zeigten richtig die Zähne. Ex-Löwe Carlos Prieto, der nur in der Defensive zum Einsatz kam, stand am Kreis seinen Mann, und der bärbeißige Momir Rnić hielt den Löwen-Abwehrblock ständig auf Trab, obwohl der linke Rückraumspieler streckenweise zu überhastet agierte. Pech, dass Sławomir Szmals Siebenmeter-Parade gegen Eduard Kokšarov dem Russen direkt wieder in die Arme flog und der zum 2:4 einnetzte. Die Löwen glichen zwar immer wieder aus, doch einige zu ungenaue Zuspiele Ólafur Stefánssons verhinderten die Führung. Zwar verstanden sich Celjes Aufbauspieler Uroš Zorman und Rnić auch nicht immer blind, was zu einigen Ballverlusten der Slowenen führte, doch der Ausgleich wollte im ersten Durchgang nicht gelingen. Nach einer Auszeit durch Celjes neuen Trainer Miro Požun (7:8, 18.) zog der slowenische Rekordchampion durch einen Kokšarov-Treffer erstmals auf drei Tore davon (8:11, 21.) Zwar verkürzten Tkaczyk und Šešum die Distanz, doch der Serbe Alem Toskić sorgte mit teilweise sehenswerten Aktionen am Kreis dafür, dass seine Farben mit einem Vorsprung in die Pause gingen. Renato Vugrinec erzielte den letzten Treffer zum 14:16 und stibitzte wenige Sekunden vor der Sirene vom Anwurf weg noch einmal die Kugel. Sein Pass auf Petar Metličić ermöglichte dem Kroaten eine Eins-gegen-Eins-Situation – doch Szmal blieb cool und verhinderte mit einer seiner insgesamt 20 Paraden den Drei-Tore-Rückstand zur Halbzeit.

In Halbzeit zwei spielte der wiedergenesene Kapitän Guðjón Valur Sigurðsson, der am Mittwoch sein Kurz-Comeback gegeben hatte, auf Linksaußen durch, Uwe Gensheimer betrat die Platte nur noch für die Siebenmeter – und verwandelte sie alle. Doch zunächst bauten die Slowenen ihren Vorsprung aus. Der wuselige Zorman traf in Unterzahl zum 15:19 und sorgte für den größten Löwen-Rückstand. Ohne Szmal, der immer wieder noch eine Hand oder einen Fuß an die Harzkugel bekam, wäre es an diesem Samstagnachmittag schwierig geworden. Ärgerlich für den Polen, als er binnen weniger Sekunden erst gegen Metličić, dann gegen Gajić und schließlich noch einmal gegen Metličić parierte, doch beim letzten Wurf das litauische Schiedsrichtergespann ein strafzeitwürdiges Foul gegen Oliver Roggisch ahndete. Aber die Rhein-Neckar Löwen behielten die Nerven. Sigurðsson erzielte sein erstes Tor nach zehnmonatiger Verletzungspause und verkürzte auf 22:23. Der Isländer freute sich umso mehr, weil er zuvor Celjes Rechtsaußen Dragan Gajić zwei Mal vernachlässigt hatte. Andy Schmid, der im ersten Durchgang bei drei Würfen leer ausging, traf nun drei Mal in Folge und nach einem Zuckerpass Karol Bieleckis, der ausnahmsweise weniger durch seine Rückraumgeschosse als eben durch kluge Zuspiele auffiel, glich Bjarte Myrhol erstmals nach langer Zeit wieder aus (25:25, 46.). Nun ging es hoch und runter, die Luft wurde immer dünner. Sigurðsson sorgte für die erste Führung (27:26), die die Löwen sogar auf das „Kiel-Ergebnis“ (29:26) ausbauten und nun plötzlich wie der sichere Sieger aussahen.

Aber Celje steckte einfach nicht auf. „Wir haben uns vielleicht zu sicher gefühlt und die nötige Intensität vermissen lassen“, analysierte Sigurðsson. „Das wurde bestraft, aber zum Glück hat es noch gereicht und wir haben trotz eines schwachen Spiels noch gewonnen.“ Gajić und Metličić brachten die Sieben von Trainer Miro Požun zunächst 32:31 in Führung und zwangen Guðmundsson knapp zwei Minuten vor Schluss dazu, eine Auszeit zu nehmen. Nach einem Fehlwurf Schmids vernagelte Szmal endgültig sein Tor. Schlitzohr Vugrinec scheiterte am Polen, angelte sich den Ball – und warf ihn über das Tor. Als Grzegorz Tkaczyk gewohnt abgebrüht ausgeglichen hatte, waren noch exakt 38 Sekunden zu spielen. „Nur nicht verlieren“, lautete die Devise, an zwei Punkte war zu diesem Zeitpunkt nicht zu denken. Doch dann folgte der große Auftritt „Kasa“ Szmals und Patrick Groetzkis, der bei auslaufender Uhr die Ruhe bewahrte. Riesenjubel im Löwenrudel, Fassungslosigkeit bei Celje.

„Das ist ein super Gefühl, aber es geht hier nicht um mich“, sagte ein glücklicher „Goggi“ Sigurðsson. „Natürlich kriegst Du Gänsehaut, wenn Du Deinen Namen wieder in der SAP ARENA hörst, aber bei einer Niederlage bringt Dir das nichts.“ Požun, der sein Rentner-Dasein nach dem Rücktritt von „Noka“ Serdarušić beendet und das Traineramt in Celje erst vor wenigen Wochen (zum dritten Mal) übernommen hatte, hätte sich wahrscheinlich wieder in Pension gewünscht. „Wir hatten am Ende leider kein Glück und haben alles verloren. Wir hätten diesen Sieg gebraucht, stattdessen fahren wir mit hängenden Köpfen nach Hause.“ Guðmundsson wirkte dagegen äußerst gelöst. „Wir haben in den letzten 18 Tagen ein unglaubliches Programm gehabt und in Flensburg und in Hamburg sehr, sehr unglücklich verloren. Heute hatten wir Glück, keine Frage. Aber das haben wir uns auch verdient. Dass meine Mannschaft nach dem Spiel am Mittwoch gegen Kiel müde sein würde, war mir klar. Aber wie sie sich in der zweiten Hälfte gegen ein sehr starkes Team zurückgekämpft und Siegeswillen gezeigt hat, das hat mir sehr gefallen.“

Rhein-Neckar Löwen: Szmal, Fritz (n.e.) – Stefánsson (3), Schmid (3), Bielecki (1) – Groetzki (4), Gensheimer (5/5) – Myrhol (5) – Roggisch, Šešum (2), Tkaczyk (5), Lund (1), Gunnarsson (1), Sigurðsson (3).
RK Celje: Alilović, Rezar (bei einem Siebenmeter) – Metličić (4), Zorman (3), Rnić (6) – Gajić (7), Kokšarov (2) – Toskić (5) – Prieto, Marguč, Vugrinec (4/2), Pajovič, Razgor (1), Poklar (n.e.).
Strafminuten:
Šešum (2), Roggisch (2), Groetzki (2) – Prieto (4), Metličić (2), Vugrinec (2).
Trainer:
Guðmundur Guðmundsson – Miro Požun.
Zuschauer:
5.765.
Schiedsrichter:
Mažeika (Litauen) / Gatelis (Litauen).
Spielfilm: 2:3 (5.), 5:5 (10.), 6:7 (15.), 8:10 (20.), 11:12 (25.), 14:16 (Halbzeit) – 15:19 (35.), 19:22 (40.), 24:25 (45.), 28:26 (50.), 30:29 (55.), 33:32 (Endstand).
Zeitstrafen: 3 / 4.
Siebenmeter: 5/5 – 3/2.
RK Celje: Kokšarov scheitert an Szmal.
Beste Spieler: Szmal – Zorman, Gajić.

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