Rhein-Neckar Löwen

Sehnsucht nach Klarheit

Köln. Hoch unter dem Halldach hing das Objekt der Begierde: der Champions-League-Pokal. Er war unerreichbar für die Rhein-Neckar Löwen – was nicht nur an der räumlichen Distanz lag. Denn der Handball-Bundesligist stand gestern beim Final Four in der Königsklasse nicht im Endspiel, sondern bestritt gegen den Ligarivalen HSV Hamburg lediglich die Partie um den dritten Platz, den sich die Hanseaten durch einen 33:31 (15:13)-Sieg sicherten.

Verdrängt war im Duell mit dem deutschen Meister die bittere 28:30-Halbfinal-Niederlage vom Vortag gegen den FC Barcelona, vergessen aber noch nicht. Zu sehr schmerzte die Gewissheit, schon wieder so kurz vor dem Ziel gestoppt worden zu sein. „Wir sind enttäuscht, aber ich bin auch zufrieden mit dem, was die Mannschaft in den zwei Spielen gezeigt hat“, sagte Trainer Gudmundur Gudmundsson: „Wir sind allerdings noch nicht da, wo wir hinwollen.“ Auch Oliver Roggisch sah das so: „Hamburg und Barcelona waren einen Tick besser. Das müssen wir anerkennen. Hoffentlich erreichen wir im nächsten Jahr wieder das Final Four – dann wollen wir es besser machen.“

Storms Geduld am Ende

Natürlich waren die Badener auch an diesem Wochenende „nach Köln gefahren, um den Pokal mit nach Hause zu nehmen“, wie Slawomir Szmal meinte. Aber es reichte eben nicht, was auch an der Verletzung des Schlussmannes lag. Der Pole spielte überragend gegen Barcelona, musste nach 45 Minuten mit einem Muskelfasserriss raus und wird das Trikot der Gelbhemden nicht mehr tragen. Der Schlussmann wechselt im Sommer zu Vive Kielce.

„Ihm hätte ich ein schöneres Ende seiner Zeit bei den Löwen gewünscht. Es ist schade, dass er uns in den letzten beiden Partien nicht mehr zur Verfügung steht“, sagte Manager Thorsten Storm, dessen Geduld sich beim Thema Transfers nach Kopenhagen dem Ende entgegen neigt. „Wir erwarten in dieser Woche eine Entscheidung von Jesper Nielsen. Ich kann meinen Job nicht machen, weil ich nicht weiß, mit welchen Spielern wir in der nächsten Saison planen können. Diese Hängepartie dauert schon viel zu lange. Wir lassen uns nicht mehr hinhalten“, sagte der Geschäftsführer. Auch Trainer Gudmundsson hofft auf ein Ende des Theaters: „Es ist schwer, unter diesen Bedingungen zu arbeiten. Die Situation für den Verein ist nicht schön. Meine Mannschaft geht gut damit um, aber es gelingt mir nicht immer, dieses Thema von ihr fernzuhalten.“

Neben Gudjon Valur Sigurdsson und Ólafur Stefánsson wird vermutlich aber kein weiterer Profi zum dänischen Hauptstadt-Klub wechseln. „Ich spiele nächste Saison in Mannheim“, stellte Róbert Gunnarsson klar. Gleiches sagten Karol Bielecki und Krzysztof Lijewski.

Gudmundsson sehnt Klarheit herbei – und wünscht sich in Zukunft weniger Wirbel. „Die Erwartungen an die Mannschaft sind sehr hoch. Da ist der Verein auch ein bisschen selber schuld. Wir werden sehr oft hart kritisiert“, sagte der Isländer: „Es ist ein langer Weg nach oben. Wir sind nicht der erste Klub, bei dem es lange dauert. Man muss Geduld haben, sonst schafft man das nie.“

Torwart Henning Fritz stellte angesichts der turbulenten Wochen, die hinter dem Verein liegen, deshalb auch das Positive in den Vordergrund: „Ich kann vor der Mannschaft nur den Hut ziehen, wenn man sieht, was wir in der Champions League erreicht haben und was im Umfeld los ist.“

Zum großen Wurf reichte es in Köln trotzdem nicht – wieder einmal. „Das ist aber kein Fluch. Es gibt für alles Erklärungen. Und wir müssen uns eben verbessern, unsere Mängel beseitigen. Erfolge sind keine Glücksache, sondern das Resultat harter Arbeit. Uns fehlt die Konstanz von Hamburg und Kiel“, meinte Fritz, der im Halbfinale gegen Barcelona nach dem Aus von Szmal zwischen die Pfosten gerückt war: „Leider konnte ich nicht an Slawomirs Leistung anknüpfen. Mit ihm hätten wir das Spiel gewonnen.“ So waren die Löwen nur dicht dran, was Roggisch ärgerte. „Wir müssen endlich mal den Hebel umlegen und solch ein Spiel dann auch gewinnen.“

Immerhin: Nach den zuletzt eher schwachen Leistungen präsentierten sich die Badener in der Lanxess-Arena, in der sich im Endspiel Barcelona mit einem 27:24-Sieg über den Erzrivalen Ciudad Real den von der Hallendecke einschwebenden Pokal sicherte, stark verbessert. „Das war ein Schritt nach vorn“, sagte Patrick Groetzki. Er schränkte aber ein: „Es geht nur leicht bergauf. Denn wir haben nicht gewonnen.“

Von Marc Stevermüer

 30.05.2011

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