Rhein-Neckar Löwen

„Damit macht man es sich viel zu einfach“

Patrick Groetzki spricht über die kommenden Länderspiele, die Vorsätze für die restliche Saison und den Vorwurf der „Überalterung“ des Löwen-Kaders

Am Montag geht es für Patrick Groetzki und seine Nationalmannschaftskollegen zum DHB-Lehrgang. Höhepunkt ist der Länderspiel-Doppelpack gegen Polen, bei dem Deutschlands Elite-Handballer die Qualifikation zur nächsten Europameisterschaft im Januar 2020 klarmachen können. Wie es danach mit den Rhein-Neckar Löwen weitergeht, welche Ziele man sich für die restliche Saison gesteckt hat und wo man die Analyse der bisherigen Spielzeit ansetzt, darüber haben wir uns mit „Johnny“, dem Dienstältesten im aktuellen Löwen-Kader, ausführlich unterhalten.

Patrick Groetzkis Fokus geht aktuell ganz klar auf die Nationalmannschaft. „Wir wollen mit zwei Siegen gegen Polen zunächst einmal die EM-Quali schaffen und darüber hinaus das gute Gefühl von der Heim-WM mitnehmen. Unser Ziel ist ganz klar, weiter zu zeigen, dass wir wieder zur Weltspitze gehören.“ In die beiden Duelle mit Polen am kommenden Mittwoch, 10. April, und am darauffolgenden Samstag, 13. April, gehen die Deutschen als klarer Favorit und wollen diese Rolle laut Groetzki auch unterstreichen: „Die Polen vollziehen gerade einen Generationenwechsel und gehören sicher aktuell nicht mehr zur absoluten Spitze.“

Knüppelhartes Auswärtsprogramm

Am Sonntag, 14. April, endet der Lehrgang mit der Nationalmannschaft. Nach einem freien Tag am Montag, 15. April, startet Patrick Groetzki am Dienstag, 16. April, mit den Löwen-Kollegen in die Vorbereitung auf das Hannover-Gastspiel am 18. April und die Restsaison, die mit weiteren acht Partien noch bis Anfang Juni geht. Vor allem auswärts warten Hammeraufgaben, außer nach Hannover müssen die Löwen noch nach Magdeburg (28. April), nach Melsungen (12. Mai), nach Berlin (26. Mai) und zum Saisonabschluss nach Leipzig (9. Juni). Mit welchen Zielen gehen „Johnny“ und Co. in diese Partien? Ist vielleicht doch zumindest der dritte Platz noch zu erreichen?

Der 29-jährige Pforzheimer, der seit Juli 2007 in Diensten der Rhein-Neckar Löwen steht, hat dazu eine ganz eigene Meinung: „Ich mache mich frei davon, eine gewisse Platzierung anzustreben. Wir wollen uns in jedem Spiel gut präsentieren und versuchen, in jenen Flow hineinzukommen, den wir bisher in dieser Saison noch nicht so gefunden haben.“ In den vergangenen Jahren habe man immer bis zum Ende der Saison um Titel mitgespielt, sei es in der Liga oder im Pokal gewesen, und dabei entsprechend unter Druck gestanden. Nun könne man sich, losgelöst von allen Titelambitionen, ganz dem eigenen Spiel widmen. „Unser Ziel ist es, mit einem guten Gefühl aus dieser Saison zu gehen und dabei auch unserem Trainer etwas Erfreuliches mitzugeben.“

Magdeburg stellt auf Attacke

Nikolaj Jacobsen wird im Sommer nach fünf Löwen-Jahren den Rhein-Neckar-Kreis Richtung dänischer Heimat verlassen. Wenn man ihm schon keinen Titel in der letzten Saison mitgeben könne, so wolle man doch wenigstens einen versöhnlichen Rundenabschluss in der Bundesliga hinlegen. Ob es dann zu Platz drei oder vier reiche, sei dabei eher nebensächlich. „Wir haben noch schwere Aufgaben vor uns, wissen aber auch, dass wir überall bestehen können. Und genau das gilt es jetzt wieder aufs Feld zu bringen“, sagt Patrick Groetzki.

Der Rechtsaußen möchte zum Beispiel auch beim Auswärtskracher in Magdeburg eine gute Figur abgeben. Aktuell streiten sich die Löwen mit den Bördestädtern um Rang drei – dabei geht es vor allem um Status und Prestige. Der SCM will über kurz oder lang in die Top-3-Phalanx aus Kiel, Flensburg und Löwen einbrechen. Und die Löwen wiederum wollen ihren mühsam erarbeiteten Rang als Top-3-Team mit allem, was noch im Tank ist, verteidigen. Dass es für die Badener in der Saison nicht zu mehr gereicht hat, man sich nach dem Ausscheiden im Pokal (Viertelfinale) und in der Champions League (Achtelfinale) ganz auf die Liga konzentrieren und dort auch nicht mehr in den Kampf um den Titel eingreifen kann, hat für Patrick Groetzki viele Gründe.

Erste und zweite Welle als „Problemzonen“

Was der Löwen-Dauerbrenner allem voran anführt, sind die nicht zu übersehenden Formdellen vor allem bei etablierten Spielern. „In den vergangenen Jahren hatten wir ganz viele Jungs, die konstant ihre Form abgerufen haben und in den Spielen immer sehr nahe an ihr Optimum herangekommen sind. Das ist in diesem Jahr anders – und vielleicht auch ganz normal.“ Man dürfe nicht vergessen, dass auch andere Mannschaften, darunter auch der THW Kiel, bessere und schlechtere Phasen durchliefen. Leitungskurven, insbesondere auf ein komplettes Team berechnet, verliefen nun einmal in einem ständigen Auf und Ab, so Groetzki. Ein Argument lässt er dabei überhaupt nicht gelten.

Dass viele Löwen-Spieler zu alt seien, deshalb zu statisch agierten, wie ein gern gebrauchter Vorwurf aus den Medien lautet, das ist für den 143-fachen Nationalspieler keiner Rede wert. „Darüber will ich nicht diskutieren, damit macht man es sich viel zu einfach. Wer das sagt, sollte einmal bei uns im Training vorbeischauen. Da würde er dann sehen, dass die älteren Spieler allesamt zu den fittesten gehören.“ Die sportlichen Probleme liegen für Patrick Groetzki nicht in der Altersstruktur. „Man muss sehen, dass wir im Vergleich zu den Vorjahren nicht so in der ersten und zweiten Welle zum Laufen kommen. Und dass wir, gerade, wenn wir uns das vorgenommen haben, zu viele Fehler in diesen Spielphasen machen. Durch diese Fehler bekommen wir wiederum einfache Gegentore.“ Ein Teufelskreis, der die Löwen in dieser Saison extrem viele Punkte gekostet hat.

Und so wird es in den kommenden Wochen darauf ankommen, sich diese Sicherheit im eigenen Spiel Schritt für Schritt wieder zu erarbeiten. Nur auf diese Weise können die Rhein-Neckar Löwen dann tatsächlich mit einem halbwegs guten Gefühl aus der Saison 2018/19 herausgehen.

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