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Ein Geistesblitz, ein Video und Reichmanns Nerven aus Stahl

Irres EM-Duell zwischen Deutschland und Slowenien endet 25:25

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat in einem wahren Handballkrimi mit spektakulärem Finale am Montagabend 25:25 (15:10) gegen Slowenien gespielt. Am Ende war es ein Videobeweis, der den „Bad Boys“ die Möglichkeit zum Ausgleich schuf – und Tobias Reichmann behielt die Nerven. Der Punktgewinn im zweiten Spiel von Gruppe C ist in Hinblick auf das Zwischenziel Halbfinale wertvoll. Ex-Löwe Uwe Gensheimer war mit sieben Treffern wieder Deutschlands bester Torschütze, Löwen-Rechtsaußen Patrick Groetzki versenkte alle vier Versuche.

Los ging es nicht gerade nach Plan. Nach rund neun Minuten stand es 3:1 für Slowenien, weil die Deutschen vorne Großchancen ausließen, hinten dreimal pennten und Uwe Gensheimer einen Siebenmeter liegenließ. Auf den Rängen sorgten die frenetischen Anhänger des WM-Dritten für echte Hexenkessel-Stimmung, in der Ex-Löwe Gensheimer beim Stand von 4:2 den zweiten von vier Strafwürfen vergab. Nach einer Viertelstunde hatte der Titelverteidiger gerade einmal drei Treffer erzielt, wohingegen die Slowenen in Person des hochagilen Kieler Spielmachers Miha Zarabec bereits zum siebten Mal einnetzten. Auf der anderen Seite vergab nun auch Tobias Reichmann einen Siebenmeter, versenkte immerhin im Nachsetzen. Schon jetzt bereitete Slowenien-Keeper Urban Lesjak dem amtierenden Europameister große Sorgen.

Prokop probiert viel, kaum etwas gelingt

Nach 20 Minuten, beim Stand von 10:6 für Slowenien, wechselte Bundestrainer Christian Prokop den Torwart. Andreas Wolff hatte bis dahin einen Ball gehalten, aber auch Silvio Heinevetter musste gleich in der ersten Aktion hinter sich greifen. Deutschland kam einfach nicht ins Rollen, agierte vorne zu überhastet und unkonzentriert, hinten zu zögerlich. Beim 12:7 aus Sicht der Slowenen sah sich Prokop gezwungen, die zweite Auszeit zu nehmen. Immer wieder wurde an die Körpersprache appelliert, zudem stellte der Coach taktisch und personell zum wiederholten Male um. Das Ergebnis: Steffen Weinhold brachte die Deutschen auf 12:8 heran, Heinevetter hielt spektakulär – doch der Abpraller, so viel zu Konzentration und Konsequenz, ging samt Tor an Slowenien, das damit den Fünf-Tore-Vorsprung wiederherstellte. Schließlich ging es mit einer 15:10-Führung für die Männer vom Balkan in die Pause.

In der Kabine fand Christian Prokop die richtigen Worte: Deutschland legte deutlich zu, arbeitete sich bis zum 17:15 auf zwei Tore an die Slowenen heran. Das Löwen-Duo Patrick Groetzki/Hendrik Pekeler spielte dabei eine wichtige Rolle, Groetzki mit Toren von außen, Pekeler mit Schwerstarbeit am Kreis. Weil sich aber Slowenien nicht beeindrucken ließ und sein schlüssiges Konzept unbeirrt weiterverfolgte, stand es in der 43. Minute schon wieder 19:15. Superschnell auf den Beinen in der Abwehr, vorne knallhart ins Eins-gegen-eins gehend, stellten die Slowenen die Deutschen immer wieder vor allerschwerste Aufgaben.

Erst als sich die Slowenen durch ein blödes Foul sowie eine Undiszipliniertheit auf der Bank doppelt dezimierten, gelang es den Deutschen, mit dem 19:18 durch Tobias Reichmanns Siebenmeter den direkten Anschluss herzustellen (46. Minute). Uwe Gensheimer markierte kurz darauf nach Ballgewinn den Ausgleich – den ersten seit dem 2:2 aus der Anfangsphase. In den letzten zehn Minuten spitzte sich der Handball-Krimi immer weiter zu, die Partie wogte hin und her. Als Slowenien Sekunden vor Schluss das 25:24 machte und die Uhr ablief, schien alles entschieden. Doch Silvio Heinevetter machte die Schiedsrichter auf einen Regelverstoß aufmerksam: Weil slowenische Spieler den deutschen Anwurf behinderten und das auf den Fernsehbildern nachzuweisen war, entschieden die Referees auf Siebenmeter. Tobias Reichmann bewies Nerven aus Stahl und markierte das 25:25.

Slowenien – Deutschland 25:25 (15:10)

Deutschland: Heinevetter, Wolff – Gensheimer 7/2, Drux 1, Kohlbacher, Kühn 1, Weber 2, Weinhold 3, Häfner 1, Wiencek, Fäth, Reichmann 4/3, Groetzki 4, Janke, Pekeler 2, Roscheck

Zeitstrafen: 3 – 7

Siebenmeter: 5/9 – 2/4

Schiedsrichter: Mindaugas Gatelis / Vaidas Mazeika (Litauen)

Spielfilm: 1:0, 3:1, 5:2, 7:4, 9:5, 10:7, 12:8, 15:10 (HZ), 16:13, 17:15, 19:15, 19:19, 21:21, 23:21, 23:23, 25:25 (EN)

Für die Deutschen geht es am Mittwoch weiter mit dem dritten und letzten Spiel der ersten Gruppenphase gegen Mazedonien. Das Erste (ARD) überträgt wie schon am Montagabend live ab 18.10 Uhr. 

Spanien tut sich schwer, Sensation durch Tschechien

Spanien mit Löwen-Abwehrchef Gedeon Guardiola tat sich in seinem zweiten Gruppenspiel ähnlich schwer wie Deutschland und setzte sich gegen Ungarn knapp mit 27:25 durch. „Gede“, der im Verlauf der Partie schmerzhaft umgeknickt war, gab hinterher Entwarnung. Auch Dänemark hatte mit den im ersten Gruppenspiel von Spanien deklassierten Tschechen schwer zu kämpfen. Nach 30 Minuten führte der von Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen gecoachte Olympiasieger gerade einmal mit einem Tor (16:15). Am Ende schaffte Tschechien angeführt von einem großartig parierenden Martin Galia sogar die Sensation und gewann 28:27. Mads Mensah erzielte für Dänemark einen Treffer. Mazedonien buchte derweil das Ticket für die Zwischenrunde. Das Team um Löwen-Talent Filip Taleski (3 Tore) setzte sich gegen Montenegro 29:28 (13:11) durch und steht nach zwei Spielen mit zwei Siegen an der Spitze der „deutschen“ Gruppe.