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Löwen kämpfen, kratzen, beißen – und verlieren

28:31 (15:16)-Niederlage beim THW Kiel in der DKB Handball-Bundesliga tut richtig weh / Mit sieben Minuspunkten in die Winterpause

Mads Mensah gegen Harald Reinkind. Zum Jahresabschluss haben die Rhein-Neckar Löwen mit 28:31 (15:16) beim THW Kiel verloren. Die Partie des 19. Spieltages in der DKB Handball-Bundesliga war lange ausgeglichen, am Ende wurde es gar dramatisch, als die Löwen einen Vier-Tore-Rückstand fast egalisierten und sich dann doch beugen mussten. Durch die Niederlage stehen die Badener mit sieben Minuspunkten auf Rang drei schon ein gutes Stück hinter den Plätzen eins und zwei. Auf Letzterem schicken sich die Kieler mit vier Minuspunkten an, der letzte verbleibende Flensburg-Jäger zu sein.

Löwen-Kapitän Andy Schmid sagte nach dem packenden Fight bei HBL-Medienpartner Sky: „Heute haben Kleinigkeiten entschieden. Das war ein richtig gutes Handballspiel. In der ersten Halbzeit haben wir den Ton angegeben, dann aber einen schlechten Lauf gekriegt. Auch in der zweiten Halbzeit haben die Knackpunkte nicht zu unseren Gunsten gesprochen. Kiel war den Tick besser.“ Mit den sieben Minuspunkten werde es schon richtig hart, in der Meisterschaft noch einmal die verlustpunktfreien Flensburger anzugreifen. Umgekehrt zeigten sich die Kieler angriffslustig nach dem superwichtigen Heimsieg. Harald Reinkind, Ex-Löwe und mit sieben Toren bester THW-Werfer, sagte bei Sky: „Das war heute natürlich eine Extramotivation, gegen die Freunde anzutreten und zu treffen. Jetzt sieht es sehr gut aus für uns in der Liga. Wir glauben an unsere Chance auf die Meisterschaft.“ Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen ergänzte zum Personal: „Glückwunsch an Kiel zu einem verdienten Sieg. Das war ein hochkarätiges Spiel. Wir haben ein paar Fehler zu viel in der zweiten Welle gemacht. Am Ende haben einzelne Situationen entschieden. Steffen Fäth war heute keine Option. Das Zusammenspiel von Mads Mensah, Andy Schmid und Jannik Kohlbacher lebt von der Sicherheit – und die haben die Drei momentan einfach mehr.“

Packendes Handballspiel auf hohem Niveau

Vom Anpfiff weg entwickelt sich ein packendes Handballspiel. Der THW entscheidet sich zunächst für die spielerische Variante im Rückraum, bringt die beiden Spielmacher Domagoj Duvnjak und Miha Zarabec, dazu den Ex-Löwen Harald Reinkind. Bei den Löwen steht Alex Petersson in der Startformation, trotz lädierten Fingers an der Wurfhand. Andreas Palicka, Ex-Kieler, darf im Tor anfangen. Davor setzen beide Teams auf viel Bewegung. Die Kieler arbeiten mit Einläufern von außen und Druck von den Halbpositionen, die Löwen mit Kreuzungen und Stoßbewegungen. Beide Konzepte gehen zunächst gut auf, die Tore fallen auf beiden Seiten relativ flüssig.

Alex Petersson gegen Niclas Ekberg. Nach dem 1:0 durch Duvnjak und dem 2:0 durch Magnus Landin setzt Alex Petersson seinen ersten Treffer für die Löwen (2:1, 4.). Gudjon Valur Sigurdsson per Siebenmeter und Gedeon Guardiola nach feinem Pass von Patrick Groetzki bringt die erste Führung für Gelb (2:3, 6.). Bis zum 5:5 geht es hin und her, dann setzen sich die Badener Stück für Stück ab. Das liegt unter anderem an einigen starken Abwehraktionen von Ilija Abutovic, zum anderen am eiskalten Abschluss. Beim 9:12 durch Petersson sind die Löwen erstmals drei Tore vorne. Jeder Angriff bringt eine Großchance, das ist gegen die Super-Defensive von Kiel schon fast nicht zu glauben. Der THW aber berappelt sich: Drei Tore in Folge von Harald Reinkind und einige starke Paraden von Niklas Landin drehen die Partie, bringen Kiel beim 13:12 wieder in Front. Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen mahnt in der Auszeit zu mehr Ruhe. Tatsächlich werfen die Löwen zu schnell – und nicht mehr gut genug. Auf der anderen Seite kommt Shooter Lukas Nilsson auf, trifft zum 14:12 und 15:13 (27.). Palicka muss für Mikael Appelgren weichen, der hält gleich seinen ersten Ball. Die Löwen gleichen durch Tore der starken Petersson und Kohlbacher aus. Reinkind mit seinem fünften Treffer stellt zum Halbzeitstand auf 16:15.

Drama bis in die letzten zwei Minuten

Nach dem Wechsel bleibt das Spiel ausgeglichen. Andy Schmid mit einem Zauberanspiel hinter dem Rücken auf Jannik Kohlbacher leitet das 16:16 ein. Die Löwen zeigen sich nun auch in der Abwehr kreativ, gehen weiter offensiv raus auf die Kieler Rückraumschützen, spielen überwiegend in 5:1-Formation, zunächst mit Groetzki, später mit Jesper Nielsen auf der 1. Bis zum 18:18 ist es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, dann legen die Kieler mit einem kleinen Lauf das 20:18 vor. Appelgren mit seiner vierten Parade und Andy Schmid mit einem weiteren Schlagwurf sorgen für den Ausgleich zum 21:21. Appelgren legt seine fünfte Glanztat nach, Landin im THW-Tor seine zehnte (43.). Dann müssen die Löwen zwei Zwei-Minuten-Strafen kurz nacheinander schlucken. An der Seitenlinie wird es hitzig, geraten Niko Jacobsen und Patrick Wiencek verbal aneinander. Klasse für die Löwen, dass sie auf dem Feld kühlen Kopf bewahren und die doppelte Unterzahl mit nur einem Gegentreffer überstehen. Sigurdsson mit dem 23:22 stellt erneut den Anschluss her. Dann kommt der Bruch im Spiel der Badener.

Gudjon Valur Sigurdsson ist auf und davon. In der Abwehr fehlen jetzt die entscheidenden Zentimeter, Kiel kommt immer wieder relativ leicht durch. Der wie schon im Hinspiel nicht zu haltende Reinkind macht das 25:23 (46.), Nilsson, auf der anderen Rückraum-Seite genauso stark, das 26:23 (49.). Die Löwen erzielen in dieser Phase in acht Minuten nur zwei Tore. Jacobsen reagiert auf die Flaute, setzt auf den siebten Feldspieler mit Jesper Nielsen am Kreis. Doch als Landin gegen Sigurdsson hält und Mensah dem dänischen Nationalkeeper in die Hände wirft, Ekberg per Einläufer auf 27:23 erhöht, scheint die Partie entschieden (52.). Jacobsen mit seiner letzten Auszeit versucht zu retten, was zu retten ist. Und tatsächlich: Die Löwen machen ihrem Namen alle Ehre, kämpfen, kratzen, beißen. Nielsen, Groetzki und Schmid bringen den Anschluss zum 28:27 (57.). Alles scheint möglich. Dann die Koproduktion der Ex-Löwen Reinkind und Pekeler zum 29:27 (58.). Petersson bringt noch einmal das 29:28, aber Ekberg mit seinem vierten Siebenmetertor und Pekeler mit seinem zweiten Treffer sorgen für die Entscheidung. Kiel feiert das 31:28, die Löwen verabschieden sich mit einer bitteren Niederlage in die Winterpause.

THW Kiel – Rhein-Neckar Löwen 31:28 (16:15)

Kiel: N. Landin (1), Wolff – Duvnjak (2), Reinkind (7), M. Landin (3), Firnhaber, Weinhold, Wiencek (4), Ekberg (6/4), Rahmel, Dahmke, Zarabec (1), Vujin, Bilyk, Pekeler (2), Nilsson (5)

Löwen: Appelgren, Palicka – Schmid (7), Lipovina, Sigurdsson (9/2), Radivojevic, Tollbring, Abutovic, Mensah (2), Fäth, Groetzki (1), Taleski, Guardiola (1), Petersson (4), Nielsen (1), Kohlbacher (3)

Trainer: Alfred Gislason – Nikolaj Jacobsen

Schiedsrichter: Lars Geipel / Marcus Helbig (Leipzig/Landsberg)

Strafminuten: Wiencek (2), Pekeler (2) – Abutovic (4), Kohlbacher (4)

Siebenmeter: 4/4 – 2/3

Löwen: Wolff hält Siebenmeter von Sigurdsson (52.)

Spielfilm: 2:0, 2:3, 3:3, 5:5, 5:7, 7:7, 7:9, 8:9, 8:10, 9:10, 9:12, 14:12, 14:13, 15:13, 15:15, 16:15 (HZ), 16:16, 17:17, 18:18, 20:18, 20:19, 21:19, 21:21, 23:21, 24:22, 24:23, 27:23, 28:24, 28:27, 29:27, 29:28, 31:28 (EN)

Bilder: RNL/Michaela Kösegi