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„Der FC Barcelona will diesen Pokal immer gewinnen“

Löwen empfangen den Champions League Sieger

Mit den Rhein-Neckar Löwen war er schon dort, mit AG Kopenhagen auch, im Trikot des THW Kiel nahm Linksaußen Gudjon Valur Sigurdsson sogar zwei Mal am Final Four der VELUX EHF Champions League teil. Doch mit welchem Klub auch immer der Isländer nach Köln reiste, das Ergebnis blieb das Gleiche: Der Rechtshänder gratulierte, die anderen feierten. Bis zum 31. Mai 2015, dann war plötzlich alles anders. Im fünften Anlauf klappte es mit dem Sprung auf Europas Thron, Sigurdsson holte sich im Endspiel gegen MKB Veszprém mit dem ruhmreichen FC Barcelona die bedeutendste Trophäe im internationalen Klub-Handball.

„Ich habe oft diese Halle sehr enttäuscht verlassen. Daher bin ich sehr, sehr glücklich über diesen Sieg. Es ist unglaublich, diesen Titel zu gewinnen“, sagte Sigurdsson in den Katakomben der Kölnarena nach dem Ende des Final-Four-Fluchs: 2011 scheiterte er mit den Löwen im Halbfinale an Barcelona, 2012 war mit Kopenhagen ebenfalls im Halbfinale gegen Atlético Madrid Schluss. 2013 folgte die Halbfinal-Niederlage mit dem THW gegen den HSV Hamburg, ein Jahr später vermieste die SG Flensburg-Handewitt den Kielern um Sigurdsson den Triumph. Doch diesmal weinten die anderen, diesmal musste dem Ex-Löwen-Kapitän gratuliert werden: 33:28 im Halbfinale gegen Vive Kielce, 28:23 im Endspiel gegen Veszprém – da war das Ding. Endlich!

Mit dem Sieg über den ungarischen Topklub endete aber nicht nur Sigurdssons Negativserie, sondern auch das lange Warten des FC Barcelona auf diesen Titel, den die Katalanen nach eigenem Selbstverständnis eigentlich jedes Jahr gewinnen wollen. Doch nach 2011 hatte erst einmal eine vierjährige Durststrecke eingesetzt. „Der Gewinn der Champions League war mein Hauptziel in dieser Saison. Ich bin sehr stolz, das Final Four ist so etwas wie der Heilige Gral im Handball. Der Druck war extrem groß“, sagte Superstar Nikola Karabatic, der zum dritten Mal die Königsklasse gewann (2003 mit Montpellier, 2007 mit Kiel), aber zum ersten Mal in Köln den Titel holte. Das war dann sogar für den französischen Alles-Gewinner und Serien-Sieger etwas Besonderes.
Natürlich möchte Karabatic auch in dieser Saison wieder die Königsklasse gewinnen – diesmal ist er jedoch ein Rivale der Katalanen. Für die Handball-Rekordablösesumme von zwei Millionen Euro ließ Barcelona den Welt-Handballer der Jahre 2007 und 2014 zum neureichen französischen Hauptstadt-Klub Paris Saint-Germain ziehen, Karabatic fand die Scheich-Moneten aus Katar sowie die Aussicht auf ein Wiedersehen mit seinem Bruder Luka und seinem sportlichen Ziehvater Zvonimir Serdarusic einfach zu verlockend. Was blieb, war ein emotionaler Abschied aus Barcelona. „Ihr dürft nie vergessen, ich werde immer einen Teil meines Herzens rot-blau behalten. Ich bin sehr traurig nun ,Auf Wiedersehen’ zu sagen. Vielen Dank für diese beiden unglaublichen Jahre beim FC Barcelona. Danke an meine Mitspieler, ihr seid die Größten, ihr seid mehr als meine Kollegen. Danke an Xavi Pascual und den Trainerstab für das geschenkte Vertrauen. Danke an die Manager, die mich fühlen ließen, Teil des besten Klubs der Welt zu sein. Ihr habt alles für mich getan.“

Barcelona investierte einen Teil der Ablöse gleich wieder. Marko Kopljar kam im Gegenzug aus Paris ans Mittelmeer, Kamil Syprzak wechselte von Wisla Plock zu den Katalanen, die sich nach langem Hin und Her auch noch die Dienste des Kielers Filip Jicha sicherten und für den Tschechen 750000 Euro an den THW überwiesen. Der Welt-Handballer des Jahres 2010 verabschiedete sich mit ebenso viel Pathos von der Ostsee wie Karabatic aus Barcelona: „Ich bin absolut dankbar für die acht Jahre, die ich bei diesem einzigartigen Verein verbracht habe. Ich konnte meine bisher besten Momente auf dem Platz mit Kiel erleben und ich war stolz, der Kapitän dieser Mannschaft zu sein“, sagte Jicha, der nach eigener Aussage noch an den Folgen eines schief gegangenen Immobiliendeals leidet und das Angebot aus Barcelona vor allem aus finanziellen Gründen annahm. Noch dazu hofft er, in der schwachen spanischen Liga Asobal mehr Pausen zu bekommen als in der Bundesliga: „In Barcelona ist es einfacher, sich zu erholen. Ich werde außerdem mehr Zeit für meine Familie haben.“
Klar ist: Gerade auch auf ihm ruht bei den Katalanen die Hoffnung, in dieser Saison wieder die Champions League zu gewinnen. Etwas anderes zählt für das Starensemble aus der Mittelmeer-Metropole nicht, die spanische Meisterschaft und der nationale Pokal gelten mangels Konkurrenz nur als Beiwerk. Da ist die Gegenwehr in der Königsklasse schon eine ganz andere. „Alle Gegner sind auf einem guten Niveau. Alles kann passieren“, sagt Mannschaftskapitän Victor Tomas: „Durch das neue Format ist es wichtig, als Erster die Gruppe zu beenden. Denn dann sind wir direkt fürs Viertelfinale gesetzt und müssen nicht im Achtelfinale antreten.“

Trainer Xavi Pascual hat vor allem Respekt vor den Auswärtsspielen – nicht zuletzt vor der Aufgabe bei den Löwen, die den FC Barcelona 2014 im Viertelfinal-Hinspiel mit 38:31 entzauberten und nach einer 24:31-Niederlage im berüchtigten Handball-Tempel Palau Blaugrana nur wegen der weniger erzielten Auswärtstreffer das Final Four verpassten. „Jede Mannschaft wird mal ein Auswärtsspiel verlieren, dafür sind die Gegner einfach zu stark“, sagt Pascual – und stellt klar: „Nichtsdestotrotz ist die Champions League der wichtigste Wettbewerb – und der FC Barcelona will diesen Pokal immer gewinnen.“

Anwurf zum Duell mit den Katalanen ist am morgigen Sonntag um 19:30 Uhr in der SAP Arena. Eintrittskarten gibt es noch an der Abendkasse. Für Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen spielen die Zuschauer beim ersten Spiel der Löwen in der Champions League eine besondere Rolle. „Wir sind gegen Barcelona sicher nicht der Favorit, aber das waren die Löwen in den letzten Duellen auch nicht. Gemeinsam mit unseren Zuschauern können wir Barca aber Paroli bieten, mit der Unterstützung unserer Fans wird es unheimlich schwer uns in der SAP Arena zu schlagen, das soll auch Barcelona merken.“