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Die Torhüter der Rhein-Neckar Löwen: Das Talent und der Routinier (RNZ)
Mit Appelgren und Stanic haben die Löwen zwei unterschiedliche Torhüter-Typen
Als bei der Präsentation der Mannschaft am Montagabend im Lichthof der BGV-Versicherungen in Karlsruhe Neuzugang Mikael Appelgren an der Reihe ist, muss der von der MT Melsungen zu den Rhein-Neckar Löwen gekommene Torhüter vor den 600 Fans dann doch mal etwas klarstellen. Von wegen, die Konditionseinheiten der vergangenen Tage seien nicht so schlimm gewesen, wie der drahtige Rechtsaußen Patrick Groetzki zuvor gemeint hatte. „Es war eine harte Woche“, korrigiert der Schwede seinen neuen Kollegen und fügt gut gelaunt mit dem Verweis auf seine 100 Kilo hinzu: „Laufen ist für mich immer schwierig.“
Nun wurde der 25-Jährige ja auch nicht fürs Kilometermachen verpflichtet, sondern dafür, vor dem Tor möglichst ruhig seinen Mann zu stehen. Ebenso wie der elf Jahre ältere Serbe Darko Stanic, der schon bei der Team-Vorstellung an der Seite von Appelgren erkennen lässt, dass die Löwen zwei gänzlich konträre Charaktere als Nachfolger des zum THW Kiel gewechselten Weltklasse-Keepers Niklas Landin und des nach Göppingen zurückgekehrten Bastian Rutschmann geholt haben. Hier Appelgren mit seiner strohblonden Langhaarmähne, der auf der Bühne rhythmisch mitklatscht, mit seinen neuen Kollegen scherzt und mit jeder Faser seines Körpers erkennen lässt, dass für ihn mit dem Wechsel zu den Löwen ein kleiner Traum in Erfüllung ging. Da Stanic mit seinem dunkelbraunen Lockenkopf, der nicht nur wegen seiner Deutsch-Defizite das bunte Treiben mit der stoischen Unaufgeregtheit eines weitgereisten Routiniers und international erfahrenen Profis verfolgt. Ein ungleiches Paar, aber bestimmt eines der besten Torhüter-Tandems der Bundesliga. „Wir sind auf der Torhüter-Position sehr gut gerüstet“, sagt Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen.
„Wir sind zwei verschiedene Typen, auch im Handballtor“, erklärt Appelgren. Stanic vertrete die jugoslawische Schule, die ihre Stärken bei Würfen von der Sechs-Meter-Linie habe, er die skandinavische, die bei Schüssen aus dem Rückraum Vorteile habe. „Das ist eine perfekte Mischung, weil es für den Gegner schwieriger ist, sich auf unser Torhüterspiel einzustellen“, sagt Appelgren, der sich laut Jacobsen in Melsungen „gut entwickelt“ habe und „einer für die Zukunft ist“.
Appelgren freut sich ebenso auf den nächsten Karriereschritt wie auf den Konkurrenzkampf mit Stanic. Wer aber nun zwischen den Pfosten stehe, sei zweitrangig, der Mannschaftserfolg sei wichtig, meint er wie auch Stanic. Der Serbe spricht ebenso wie Appelgren von einer „Herausforderung“, die durch Landins Abgang entstandene Lücke zu füllen. „Er hat einen hohen Standard gesetzt, es wird nicht einfach, ihn zu ersetzen“, sagt Stanic. Daran, dass es ihm gelingen wird, lässt der für seine Eigenwilligkeit und so manche Eskapaden bekannte serbische Zerberus aber keinen Zweifel. Es zeugt von gesundem Selbstbewusstsein, wenn der von Jacobsen als „erfahrener Mann für die Champions League und die großen Spiele“ bezeichnete Stanic erklärt: Bei den Löwen sei die Situation durch Landins Wechsel jetzt so, wie sie war, wenn er, Stanic, einen Club verlassen hat.
Es waren einige Vereine, bei denen Stanic unter Vertrag stand, darunter Roter Stern Belgrad, Amicitia Zürich, RK Koper, Metalurg Skopje und vor seinem Kurzzeitengagement beim Kuwait Sporting Club die SG BBM Bietigheim, wo der Serbe von Dezember 2014 bis März 2015 erstmals in der Bundesliga wirkte.
Von Reinhard Sogl