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„Eine der stärksten Mannschaften Europas“

Löwen erwarten Vardar Skopje in der VELUX EHF Champions League

Es ist das Spitzenspiel der VELUX EHF Champions League Gruppe B. Am kommenden Donnerstag empfangen die Rhein-Neckar Löwen als Tabellenzweiter den Tabellenführer Vardar Skopje. Anwurf in der Frankfurter Fraport Arena ist um 19 Uhr, die Halle öffnet bereits um 17:30 Uhr. Eintrittskarten gibt es noch an der Abendkasse. Mit einem Erfolg will sich der Deutsche Meister die Tabellenführung zurückholen, doch der Gegner ist mittlerweile ein absolutes Schwergewicht im europäischen Club-Handball und kommt zudem mit breiter Brust nach Frankfurt. Zuletzt schlug Skopje nämlich den amtierenden Champions League Sieger Kielce mit 40:34.

„Das wird eine richtig schwere Aufgabe, gegen eine der stärksten Mannschaften Europas“, erwartet Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen eine umkämpfte Partie. Die Löwen haben zwar alle ihre bisherigen Heimspiele in der Königsklasse gewonnen, alle jedoch auch nur mit einem Tor Unterschied. „Gegen Skopje dürfen wir uns keine Schwächephase wie in den vergangenen Spielen erlauben, sonst werden wir sofort bestraft“, weiß Jacobsen. Nicht umsonst nannte der Däne die Mazedonier schon vor dem Rundenstart als einen der Topfavoriten auf die Teilnahme am Final Four der Champions League. Im vierten Anlauf soll in Skopje nun endlich der Sprung unter die vier besten Teams Europas gelingen. 

2014 scheiterte Vardar Skopje auf dem Weg ins Final Four der Champions League ganz knapp an der SG Flensburg-Handewitt. Zwölf Monate später war gegen Vive Kielce Schluss, wieder ging es eng zu. Und 2016 verhinderte MVM Veszprém die Reise zum Final Four nach Köln. Nun soll es 2017 also klappen und der Viertelfinal-Fluch ein Ende haben. „In den vergangenen Jahren wurde hier ein großartiger Job gemacht. Aber nun ist hoffentlich die Zeit gekommen, einen Schritt weiterzugehen. Es ist unser Ziel, die Endrunde in der Champions League zu erreichen. Ich bin nach Skopje gekommen, um das zu schaffen“, sagt Joan Canellas, der neue Rückraumstar der Mazedonier.

Der spanische Nationalspieler war vor dieser Saison vom THW Kiel auf den Balkan gewechselt, zuvor war er in der Bundesliga für den HSV Hamburg am Ball. Nun also Skopje, wo Sergej Samsonenko für eine Einkaufstour im Sommer mal wieder seine Schatulle geöffnet hat. Der russische Oligarch und Investor von Vardar will es seit Jahren wissen, ihm ist die Vorherrschaft in der nationalen Liga längst nicht genug. Sein Klub soll auch in Europa für Furore sorgen, und Geld spielt dabei keine Rolle. Weltklasse-Torwart Arpad Sterbik kam vor zweieinhalb Jahren vom FC Barcelona nach Skopje, zwölf Monate später folgte ihm sein spanischer Weltmeister-Kollege Jorge Maqueda.

Mit Alex Duschebajew und eben Canellas spielen noch zwei weitere Iberer in Skopje, der spanische Trainer Raúl González Gutiérrez hat für eine Ansammlung seiner Landsleute gesorgt. Hinzu kommen eine starke russische Fraktion mit Daniil Shiskarew, Timur Dibirow und Alexander Derewen sowie eine Auswahl an Ausnahmespielern vom Balkan. So trägt unter anderem der Ex-Löwe Ivan Cupic auf der Rechtsaußenposition das Vardar-Trikot. Die Hoffnungen ruhen aber vor allem auf dem erfahrenen Canellas, der sich in Skopje dank seiner Landsleute bereits bestens eingelebt hat. „Es ist zwar alles neu, aber alles fühlt sich auch ein bisschen spanisch an“, sagt Canellas, der begeistert von der Infrastruktur des Klubs ist. Mäzen Samsonenko scheute keine Kosten und Mühen, um eine moderne Halle mit besten Trainingsbedingungen zu bauen.

„Die Arbeitsbedingungen sind exzellent. Es ist einfach, sich hier als Spieler wohlzufühlen“, schwärmt Canellas, der nicht nur in sportlicher Hinsicht ehrgeizige Ziele verfolgt: „Am Ende der Saison möchte ich die mazedonische Sprache beherrschen und Interviews geben können. Um sich wohlzufühlen, ist es meiner Meinung nach eine Grundvoraussetzung, sich auch entsprechend verständigen zu können.“ Mangels Konkurrenz im eigenen Land ist Vardar auch in der internationalen Seha-Liga, in der Mannschaften aus Osteuropa und vom Balkan gegeneinander antreten, am Ball. Mit neun Siegen in zehn Spielen stehen die Mazedonier momentan souverän an der Tabellenspitze, allerdings hat Vorjahressieger Telekom Veszprem auch erst sieben Spiele ausgetragen. Am Ende dürfte der ungarische Spitzenverein der Hauptrivale um den Titel sein, das Endspiel beim Final Four in der vergangenen Saison gewann Veszprem mit 28:26 gegen Skopje, das sein Hauptaugenmerk aber ganz eindeutig auf die Champions League legt. Nach Möglichkeit soll in der Vorrunde der Gruppensieg her, auch wenn Trainer Gutierrez Gonzalez sein Team nicht in der Favoritenrolle sieht.

„Wir haben Respekt vor jedem Gegner. Viele Mannschaften haben die Möglichkeit, die Champions League zu gewinnen. Auch Teams aus unserer Gruppe. Zum Beispiel Kielce. Sie sind der Titelverteidiger und deshalb auch der Favorit in unserer Gruppe“, meint der Trainer, der den Grundstein für Platz eins natürlich in den Heimspielen legen möchte. Die fanatischen Fans sind das große Plus, die heißblütige und emotionale Atmosphäre hat Skopje schon so manchen Punkt gebracht. Die 6000 Zuschauer im nagelneuen, hochmodernen und von Samsonenko finanzierten Sport-Center Jane Sandanski veranstalteten einen Höllenlärm und lassen Skopje von weiteren magischen Nächten in der Königsklasse träumen. Die ersten vier Begegnungen gewannen die Mazedonier in dieser Champions-League-Saison, ausgerechnet beim punktlosen Schlusslicht Zagreb stolperte das Starensemble dann aber. „Genau das ist uns auch in der vergangenen Saison passiert. Kolding-Kopenhagen hatte keinen Punkt – und dann kamen wir. Ich dachte eigentlich, wir hätten aus dem Erlebnis der vergangenen Saison gelernt“, ärgerte sich der Trainer.

Klar ist: Mit einem Sieg bei den Löwen würde Skopje einen großen Schritt Richtung Platz eins machen – und der Deutsche Meister gehört durchaus zu den Lieblingsgegnern der Mazedonier, die drei von vier Duellen für sich entschieden. Beim vorerst letzten Aufeinandertreffen gewannen allerdings die Löwen, in Frankfurt gelang im Februar ein 28:27-Erfolg. Ein gutes Omen? Vielleicht! Nichtsdestotrotz wartet auf den Bundesligisten eine harte Aufgabe gegen einen Gegner, für den die Champions League das Nonplusultra ist und der sich nur auf diesen Wettbewerb konzentriert – der aber auch genau deshalb unter Druck steht. „Natürlich gibt es eine gewisse Erwartungshaltung, aber meiner Meinung nach ist jetzt auch die Zeit gekommen, den entscheidenden Schritt vorwärts zu machen“, sagt Rückraumspieler Ilija Abutovic. Er weiß: Irgendwann soll nicht nur die Qualifikation fürs Final Four gelingen, sondern auch der Sprung auf den europäischen Thron.