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Wir wollen Tabellenführer werden

Dejan Manaskov im Interview

Seit dieser Saison trägt Dejan Manaskov der Trikot der Rhein-Neckar Löwen. Vor dem Duell mit seinem Ex-Club Vardar Skopje am kommenden Donnerstag spricht der mazedonische Nationalspieler über seine Anfangszeit beim Deutschen Meister, erklärt warum er so gut Deutsch spricht und spricht über die Bedeutung des Handballs in seiner Heimat.

Dejan, du stehst seit Juli bei den Löwen unter Vertrag. Wie hast du dich eingelebt?

Dejan Manaskov: Sehr gut, ich fühle mich wohl. Es war zunächst schwer, eine Unterkunft zu finden, denn ich habe eine möblierte Wohnung gesucht. Aber jetzt habe ich etwas Passendes in Sandhausen gefunden und auch die Region ein wenig erkundet. Ich war in Mannheim und Heidelberg, auch Frankfurt ist ja nicht so weit entfernt. Und Borko Ristovski hat mir ein paar Restaurant-Tipps hinterlassen, bevor er nach Barcelona gewechselt ist.

Warst du in Sandhausen schon im Hartwaldstadion zum Fußball?

Manaskov: Ja, gegen Stuttgart. Da waren viele Zuschauer da. Aber die meisten kamen aus Stuttgart (lacht).

Du sprichst sehr gut Deutsch. Was ist der Grund dafür?

Manaskov: Mein Vater Pepi hat in Deutschland für die SG Hameln gespielt, wir waren vier Jahre dort. Ich war damals ein Jahr alt, als wir nach Deutschland gekommen sind. Ich bin hier in den Kindergarten gegangen und spreche die Sprache deswegen ganz gut.

Der Kindergarten ist aber schon ein paar Jahre her…

Manaskov (lacht): Das stimmt, aber ich hatte danach auch Deutsch in der Schule bis zu meinem 18. Lebensjahr. Es bestand also gar keine Gefahr, dass ich aus der Übung gerate.

Dein Papa war ein Heißsporn auf dem Feld. Ähnelst du ihm?

Manaskov (lacht): Ganz so emotional bin ich nicht, würde ich zumindest sagen. Okay, vielleicht ein bisschen.

Was macht dein Vater momentan beruflich, ist er dem Handball verbunden geblieben?

Manaskov: Ja, er liebt diesen Sport und ist Trainer einer Jugendmannschaft von Vardar Skopje.

RK Celje, Vardar Skopje, RK Zagreb – viele Balkan-Klubs sind in der Champions League dabei. Welchen Stellenwert genießt Handball in deiner Heimat?

Manaskov: Einen sehr großen. Wenn es Jugoslawien noch gäbe, dann würde diese Nationalmannschaft wahrscheinlich bei jedem Turnier um Gold mitspielen. Serbien, Kroatien, Slowenien, Mazedonien, Bosnien und Montenegro – überall gibt es sehr gute Handballer. Leider macht sich das aber im Klub-Handball nicht bemerkbar. Den Vereinen fehlen die Sponsoren, wirtschaftlich stabil ist eigentlich nur Vardar Skopje. Deswegen spielen auch so viele Handballer vom Balkan im Ausland.

Du bildest zusammen mit Gudjon Valur Sigurdsson das Linksaußen-Gespann bei den Löwen. Welchen Einruck hast du von ihm?

Manaskov: Er ist ein absoluter Vollblutprofi, von Goggi kann ich wirklich sehr viel lernen. Er hat in vielen guten Mannschaften gespielt, das spürt man – seine Hilfe ist für mich Gold wert.

Du hast für Metalurg Skopje gespielt und bist dann über den Abstecher Wetzlar zum Erz- und Stadtrivalen Vardar gekommen. Hattest du aufgrund deiner Vergangenheit einen besonders schweren Stand bei den Vardar-Fans?

Manaskov: Wenn man so viele Jahre für Metalurg gespielt hat und dann plötzlich das Trikot von Vardar trägt, ist das schon eine spezielle Situation und auch ein bisschen komisch. Und zwar für die Fans – aber auch für mich. Mit offenen Armen bin ich aufgrund meiner Vergangenheit bei Metalurg nicht unbedingt empfangen worden. Die Rivalität zwischen den beiden Vereinen ist einfach riesengroß.

Wie kam es zum Abschied bei Metalurg?

Manaskov: Wir waren damals eine sehr gute Mannschaft, haben zum Großteil auch in der mazedonischen Nationalmannschaft gespielt und haben uns untereinander sehr gut verstanden. Wir waren Kumpels. Aber plötzlich geriet der Klub in finanzielle Schwierigkeiten, Klub-Besitzer Minco Jordanov hat nicht mehr so viel investiert. Das hat sich dann bemerkbar gemacht, denn er hat auch noch die Frauen-Mannschaft, die Fußballer und die Karate-Abteilung finanziert. Unsere Mannschaft fiel auseinander, das war schade. Aber ich glaube, dass Metalurg bald wieder eine bessere Rolle spielen wird. In der jetzigen Mannschaft stehen ein paar sehr talentierte Spieler.

Du kennst die Bundesliga noch aus deiner Zeit bei der HSG Wetzlar, wo du von Januar bis Juni 2015 gespielt hast. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

Manaskov: Es war schön in Wetzlar, die HSG ist ein toller Verein. Ich war glücklich, mitten in der Saison einen neuen Klub gefunden zu haben, nachdem Metalurg Skopje finanzielle Probleme bekommen hatte. Für meine Karriere waren die paar Monate in Wetzlar sehr wichtig, ich bin dort ein besserer Spieler geworden.

Warum bist du dann zurück in deine Heimat zu Vardar Skopje gegangen?

Manaskov: Ganz einfach: Vardar spielt Champions League. Und in diesem Wettbewerb will jeder Handballer dabei sein.

In Skopje ist die Champions League das Nonplusultra, bei den Löwen angesichts der Bedeutung und Belastung auf nationaler Ebene nicht: War das schwer zu verstehen?

Manaskov: Nein, ich habe in Wetzlar gemerkt, welche Bedeutung die Bundesliga hat und welch große Herausforderung dort jedes Spiel ist. Für Vardar Skopje gibt es Partien mit dieser Intensität und auf diesem Niveau auf nationaler Ebene nicht, deshalb ist die Champions League der wichtigste Wettbewerb.

Wenn die Löwen in Skopje spielten, mussten sie immer in einem Hexenkessel antreten. Sie waren stets beeindruckt von der Kulisse. Geht es auf den Rängen immer so hoch her?

Manaskov: In der Champions League schon und in der Seha-League (supranationaler Handball Wettbewerb mit Mannschaften aus Osteuropa und Süd-Osteuropa: Anmerkung der Redaktion) auch, wenn es gegen starke Mannschaften wie Veszprem geht. Ansonsten ist aber nicht allzu viel in der Halle los. Trotzdem muss man sagen, dass Handball in Mazedonien der Sportart Nummer eins ist.

Die Auslosung der Champions League hat ergeben, dass du mit den Löwen in der Gruppenphase auf deinen Ex-Verein Vardar Skopje triffst. Ein besonderes Spiel für dich – gerade wenn es nach Mazedonien geht?

Manaskov: Sagen wir es mal so: Mir ist es egal, wie ich in Skopje empfangen werde. Ich möchte dieses Spiel unbedingt spielen. Ich freue mich darauf. Am Donnerstag spielen wir aber erst einmal in Frankfurt. Da wollen wir natürlich gewinnen. Wir wollen Tabellenführer werden, dann fahren wir auch mit Selbstvertrauen nach Skopje. Nach dem Spiel in Kielce hat man gesehen, wir können jede Mannschaft schlagen.