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Handball-Bundesligisten fühlen sich in der Champions League im Nachteil (SWP)

Mit drei Klubs ist die Handball-Bundesliga in der Champions League vertreten. Zu den Titel-Favoriten gehören Kiel, die Rhein-Neckar Löwen und Flensburg aber nicht. Dafür ist die Belastung im Liga-Alltag zu hoch

Neuer Modus, noch mehr Spiele: Die deutschen Klubs ächzen vor dem Start in die Champions League unter der steigenden Belastung und sehen sich gegenüber der internationalen Konkurrenz im Nachteil. Trotzdem wollen die Teams des THW Kiel, der SG Flensburg-Handewitt und der Rhein-Neckar Löwen die begehrteste Trophäe im Vereinshandball zurück nach Deutschland holen.

„Die Spiele werden mehr und mehr und mehr. Wir reden seit ewigen Zeiten darüber, dass es weniger werden muss. Aber die Funktionäre machen immer mehr“, sagte Meistercoach Alfred Gislason vor dem Auftaktspiel des THW Kiel am Donnerstag beim kroatischen Meister RK Zagreb – und spricht damit den anderen deutschen Teilnehmern aus der Seele.

Die Bundesligisten stecken in einem Dilemma: Zum einen werden die Einnahmen aus der finanziell lukrativen Champions League dringend benötigt. Zum anderen müssen die Teams in der Liga Woche für Woche an ihre Schmerzgrenze gehen, während sich andere europäische Topklubs wie Paris, Barcelona und Co. ohne wirkliche Konkurrenz in ihren Ligen voll auf die Königsklasse konzentrieren können.

„Ich kann die Handball-Bundesliga nicht verstehen, warum nicht 16 Spieler pro Partie zugelassen werden, um die Belastung zu verteilen“, sagte Flensburgs Geschäftsführer Dierk Schmäschke und sprach von einem „Wettbewerbsnachteil“ für deutsche Teams: „International ist das Gang und Gäbe.“

Tatsächlich könnte der neue Modus mit größeren Vorrundengruppen der internationalen Konkurrenz in die Karten spielen. Doch Ex-Nationalspieler Martin Schwalb sieht die Belastung in der heimischen Liga nicht nur als Nachteil. „Unsere Teams sind eingespielter und haben mehr Wettkampfhärte“, sagte der Sky-Experte, der den HSV Hamburg 2013 als Trainer zum Titel führte: „Wir sollten den Kopf nicht in den Sand stecken. Es gibt auch in diesem Jahr Chancen, das Ding zu gewinnen.“

Die großen Favoriten sind aber andere. Neben dem Vorjahressieger FC Barcelona, der im Mai die deutsche Dominanz (deutsche Sieger 2012 bis 2014) gebrochen hatte, dem Finalisten MKB Veszprem (Ungarn) und dem Dritten KS Vive Kielce (Polen) gilt in diesem Jahr vor allem der französische Meister Paris St. Germain als heißer Titel-Kandidat. Katarische Investoren pumpen seit Jahren Millionen in den Klub und lockten im Sommer auch noch Welthandballer Nikola Karabatic an die Seine.

„Vom Papier her haben sie die zurzeit weltbeste Mannschaft“, sagte SG-Manager Schmäschke, der sich mit Flensburg früh ein Bild vom französischen Star-Ensemble machen kann. Denn Paris, das mit Dänen-Shooter Mikkel Hansen und den französischen Weltmeistern Daniel Narcisse und Thierry Omeyer drei weitere frühere Welthandballer im Kader hat, gibt seine Visitenkarte gleich zum Auftakt am Samstag (17.30 Uhr/Sky) beim bis dato letzten deutschen Königsklassen-Champion (2014) ab.

Grund für das frühe Aufeinandertreffen der Topklubs ist der umstrittene neue Modus mit dem Zwei-Klassen-System. Die Sieger der Gruppen A und B, in der die besten Mannschaften Europas gegeneinander antreten, ziehen direkt ins Viertelfinale ein. Die Teams auf den Rängen zwei bis sechs erreichen das Achtelfinale. Die erste K.o.-Runde wird zudem mit zwei Mannschaften aus den schwächeren Gruppen C und D, in denen jeweils sechs Teams spielen, komplettiert. Der Champions-League-Sieger muss unter Umständen (kein Gruppensieger) 20 Spiele absolvieren – Vorjahressieger Barcelona kam gerade einmal auf 16.