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Löwen empfangen Erlangen zum letzten Heimspiel des Jahres
Meister gegen Aufsteiger am Samstag in der SAP Arena
Zum letzten Heimspiel im Jahr 2016 erwarten die Rhein-Neckar Löwen am morgigen Samstag Aufsteiger HC Erlangen. In den letzten Jahren ist es schon zur festen Gewohnheit geworden, dass die Löwen das letzte Heimspiel vor Weihnachten auch dazu nutzen, Spenden für soziale Projekte in der Region zu sammeln. In diesem Jahr wird der Ortsverband Mannheim des Kinderschutzbundes bei seiner wichtigen Arbeit für Kinder und Familien in der Region unterstützt. Sponsoren werden gemeinsam beim „Spendenwerfen“ pro geworfenem Tor der Löwen eine festen Betrag spenden. Natürlich können auch die Fans der Löwen sich noch beteiligen und bei der Löwenherz-Tombola ein frühzeitiges Weihnachtsgeschenk gewinnen: Die Lose werden hinter Block 209 und von mobilien Teams für 2,50 Euro verkauft. Mit der richtigen Gewinnnummer gibt es Smartphones, VIP Tickets inkl. einem Meet & Greet mit dem Lieblingsspieler, Geschenkkörbe, Trikots und vieles mehr zu gewinnen. Der komplette Erlös wird an den Kinderschutzbund gespendet.
Über 9000 Karten hat der Deutsche Meister für die Partie um 19 Uhr bereits abgesetzt, es wird so aber auch an der Tageskasse noch ausreichend Karten für das Duell mit den Franken geben, die in dieser Saison bereits im Achtelfinale des DHB Pokals Gegner der Löwen waren. Am 27. Oktober siegten die Löwen in der Arena Nürnberg mit 29:23 gegen den Liganeuling. „Wir haben schon im Pokalspiel gemerkt, dass Erlangen kein normaler Aufsteiger ist. Diese Mannschaft hat eine unheimliche Qualität und wird auch versuchen bei uns zu punkten“, warnt Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen davor das letzte Heimspiel des Jahres vorzeitig als möglichen Pflichtsieg abzuhaken. Sorgen, seine Spieler könnten mit den Gedanken schon beim Spitzenspiel gegen den THW Kiel am kommenden Mittwoch sein, hat Jacobsen nicht. „Wir denken von Spiel zu Spiel, und unsere nächste Aufgabe heißt erst einmal Erlangen“, so der Däne, der aber auch klarstellt: „Wir wollen unbedingt mit nur zwei Minuspunkten nach Kiel fahren, deshalb müssen wir die Partie gegen Erlangen gewinnen“.
Wer mit der Pop-Musik der 80er Jahre groß geworden ist, wird sich bestimmt noch an die Neue-Deutsche-Welle und vielleicht sogar noch an die Band „Foyer des Arts“ erinnern. Die landete mit „Wissenswertes über Erlangen“ einen veritablen Hit, allerdings erfuhr man darin lediglich, dass Erlangen nicht im Sauerland liegt. Heute müsste der Text wohl umgeschrieben werden, was nicht zuletzt am Handball-Bundesligisten HC Erlangen liegt, der die eher unbekannte 100 000-Einwohner Stadt im bayerischen Regierungsbezirk Mittelfranken zuletzt wirkungsvoll auf die deutsche Sport-Landkarte gebracht hat. Und wenn es nach den Verantwortlichen des Fusionsklubs geht, soll das auch so bleiben.
Mit Blick auf die aktuelle Saison wird aber vor allem das primäre Ziel betont. „Wir sind Aufsteiger und wissen, dass wir eine schwere Spielzeit vor uns haben. Aber wir wollen um den Klassenerhalt kämpfen und wenn alles stimmt, kann es klappen“, möchte auch Trainer Robert Andersson nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Die mittelfristige Perspektive, sich in der Beletage des deutschen Handballs zu etablieren, hat der Schwede allerdings im Hinterkopf: „Ich hoffe, dass uns das gelingt. Dafür arbeiten wir und sind auf einem sehr guten Weg. Wir haben sicher die Möglichkeiten dafür.“
Damit meint der 139-fache schwedische Nationalspieler wohl auch die finanziellen Mittel, die es dem Bundesliga-Absteiger von 2015 ermöglichten, die direkte Rückkehr ins Oberhaus zu meistern und darüber hinaus den Kader nochmals so zu verstärken, dass die Franken in dieser Spielzeit wohl nichts mit dem Abstieg zu tun haben werden. Bestes Beispiel ist die Verpflichtung von Ex-Löwe Michael Haaß, der nach zuletzt drei Jahren beim SC Magdeburg eine neue Herausforderung beim Aufsteiger sucht. „Ich musste nicht lange überlegen, weil ich viele positive Sachen gehört habe, das ganze Projekt hier sehr interessant ist und man hier etwas vorhat“, beschrieb der Weltmeister vor der Saison seine Motivation für den Wechsel nach Erlangen. „Wir haben sicher das Potenzial, hier das ein oder andere begeisternde Spiel abzuliefern und das Feld von hinten aufzurollen. Da hab’ ich richtig Bock drauf“, betont der 129-fache Nationalspieler, der bei den Franken als „Blockbuster“-Transfer tituliert wurde, die Fäden im Angriffsspiel ziehen soll und von Trainer Andersson gleich die Kapitänsbinde in die Hand gedrückt bekam.
Doch nicht nur Michael Haaß ist ein wohlklingender Name in der Bundesliga, auch die anderen Neuzugänge haben es in sich: Vom THW Kiel kehrte Nikolas Katsigiannis zurück, der schon im ersten Bundesliga-Jahr der Franken zwischen den Pfosten stand und den Löwen sicher noch von ihrer überraschenden Niederlage in der Saison 2014/2015 in schlechter Erinnerung ist. Dazu sollen der slowenische Kreisläufer Uros Bundalo vom französischen Erstligisten HBC Nantes sowie Linkshänder Isaías Guardiola, Zwillingsbruder des Löwen-Abwehrchefs Gedeón Guardiola, für erstklassiges Niveau beim Aufsteiger sorgen. „Isa“ spielte zuletzt ebenfalls in Frankreich beim Pays d’Aix UC, war aber zuletzt an den ungarischen Spitzenclub Veszprem ausgeliehen. Seinen Saisonetat gibt Erlangen mit für einen Aufsteiger stolzen drei Millionen Euro an, doch in Erlangen ticken die Uhren dank Hauptsponsoren wie Heitec (Industrieautomation) oder Heimund Haus-Gigant Fackelmann sowie zahlreichen kleineren Partnern in der inzwischen handballbegeisterten Metropolregion Nürnberg eben ein bisschen anders. So ist auch zu erklären, dass der HC Erlangen auf Verletzungen reagieren konnte, die andere Teams in arge Nöte gebracht hätten. So wurde etwa für Uros Bundalo, der sich bei einem Test in der Vorbereitung das rechte Kreuzband gerissen hatte, Rückkehrer Stanko Sabljic vom Champions-League-Teilnehmer RK Zagreb nachverpflichtet, als „Aushilfe“ für den an einem Finger verletzten Keeper Katsigiannis eisten die Franken Mitte September kurzerhand den russischen Nationaltorwart Igor Lewschin aus Katar los. Sicher keine alltäglichen Maßnahmen für einen Aufsteiger.
Betrachtet man dann noch die Historie des Klubs, der 2001 aus der (finanziellen) Not der ehemaligen Erzrivalen HG Erlangen und CSG Erlangen gegründet wurde und 2004 sogar für vier Jahre in der Versenkung der Regionalliga verschwand, darf man inzwischen sicher von einem Handball-Märchen sprechen, das 2014 unter der Erlanger Trainer-Legende Frank Bergemann mit dem Bundesliga-Aufstieg seine vorläufige Krönung erfuhr. Auch der folgende Umzug in die Nürnberger Arena, in der sonst die Ice-Tigers dem Eishockey-Puck nachjagen, führte keinesfalls zur Entfremdung von den Langzeit-Fans im nur 20 Kilometer entfernten Erlangen, sondern verschuf dem HC ganz neue Möglichkeiten in Sachen Zuschauer-Basis und Sponsoren-Präsentation. Und falls die 80er-Hymne „Wissenswertes über Erlangen“ vor dem Hintergrund des Handball-Booms im Fränkischen erwartungsgemäß doch nicht mehr umgeschrieben wird, steht für die Erlanger Erfolgsgeschichte bereits der nächste Soundtrack bereit: „Gekommen, um zu bleiben“ von „Wir sind Helden.“